"Im schlimmsten Fall wäre das wahrscheinlich nahe an der tatsächlichen Zahl", sagte Diess. Der Autoexperte Stefan Bratzel geht von mehreren Milliarden an direkten Belastungen für die Industrie aus, sollten die USA Zölle von bis zu 25 Prozent verhängen. Hinzu kämen Folgeeffekte durch mögliche Reaktionen Europas, die das Wirtschaftsklima insgesamt dämpfen dürften, sagte der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Der Londoner Investmentberater Evercore ISI erwartet in seiner Prognose zu den Auswirkungen höherer US-Zölle Kosten von zwei Milliarden Euro für Daimler und 1,7 Milliarden Euro für BMW. Mit 2,55 Milliarden Euro wären die Belastungen für Volkswagen am höchsten unter den drei deutschen Autokonzernen. BMW und Daimler äußerten sich nicht.

WERTSCHÖPFUNG IN DEN USA WÜRDE STEIGEN

Das Münchner Ifo-Institut rechnet damit, dass sich die deutschen Autoexporte in die USA langfristig fast halbieren könnten, sollten die angedrohten Zölle kommen. Alle Autolieferungen aus Deutschland in den Rest der Welt würden sich um rund acht Prozent verringern, was einem Wert von 18,4 Milliarden Euro entspräche. Die Wertschöpfung der Autoindustrie in Deutschland würde um sieben Milliarden Euro sinken. Dagegen würde die Wertschöpfung in der US-Autoindustrie um rund 25 Milliarden Euro steigen.

Ähnlich besorgt über die Folgen für die Weltwirtschaft äußerte sich die Ratingagentur Moody's. Deren Analysten schätzen, dass US-Zölle von bis zu 25 Prozent und die zu erwartenden Gegenmaßnahmen der wichtigsten Autohandelspartner der USA Handelsströme von rund 500 Milliarden Dollar treffen könnten. Das entspreche 2,8 Prozent der Weltimporte und 0,6 Prozent der globalen Wirtschaftskraft von 2017. Die wirtschaftlichen Auswirkungen wären beträchtlich, da die Autozölle der Weltwirtschaft schadeten, indem sie die Preise verzerrten und Ineffizienzen schüfen. Die Auswirkungen würden sich auf die globalen Lieferketten auswirken. Das ohnehin schon nachlassende Tempo des globalen Wachstums würde dadurch weiter abgeschwächt.

rtr Volkswagen-Chef Diess bezeichnete die Drohung aus den USA in den Interview als größte Sorge der europäischen Hersteller in diesem Jahr. Trumps Ankündigung höherer Zölle habe eine "politische Instabilität" geschaffen, sagte er der Zeitung. Die Autobauer selbst könnten wenig dazu beitragen, den US-Präsidenten von seinen Plänen abzubringen. Dies sei Sache von Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Die deutschen Autokonzerne hatten Trump bei einem Besuch in Washington Anfang Dezember von seinen Plänen abzubringen versucht und ein stärkeres Engagement in den USA versprochen. Auch der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU tragen laut Diess zu politischer Unsicherheit bei, allerdings in geringerem Umfang als die Zolldrohungen aus den USA. Selbst bei einem harten Brexit würden die Autoverkäufe nicht völlig zum Stillstand kommen. Sie würden allerdings stark zurückgehen. Die VW-Tochter Bentley, die ihre Luxuswagen in Großbritannien baut, werde wahrscheinlich Schwierigkeiten haben, in die EU zu exportieren. Volkswagen arbeite an einem Worst-Case-Szenario. Er denke jedoch, dass sich die Risiken in Grenzen halten dürften.