Von den Trikots des FC Bayern sind die drei Streifen nur schwer wegzudenken. Seit annähernd einem halben Jahrhundert tragen die Spieler des deutschen Rekordmeisters das Logo von Adidas werbewirksam auf der Brust. Gemeinsam sind der Fußballclub und sein Ausrüster groß geworden: Der FC Bayern ist heute eine Aktiengesellschaft, an der die Nummer 2 im weltweiten Sportartikelmarkt 8,33 Prozent hält. Mit Herbert Hainer fungiert der langjährige Vorstandsvorsitzende des DAX-Konzerns als Aufsichtsratschef und Vereinspräsident. Adidas lässt sich diese Partnerschaft viel kosten und setzt rund um den Globus auf die Strahlkraft der Bayern.

Dementsprechend wird das Unternehmen mitfiebern, wenn das Team von Trainer Hansi Flick ab dem 8. August um den Sieg in der Champions League kämpft. Zwar sind weder beim Achtelfinalrückspiel gegen den FC Chelsea noch beim Finalturnier in Lissabon Zuschauer in den Stadien. Gleichwohl ist der Showdown um die europäische Königsklasse das wohl wichtigste Überbleibsel eines Sportsommers, der größtenteils Corona zum Opfer fiel. Vor allem die Verschiebung der Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Sommerspiele in Tokio hat Adidas zwei wichtige Bühnen für das Marketing genommen.

Langsames Aufatmen


Noch härter als das verpasste Schaulaufen traf den Konzern der globale Lockdown. Zwischenzeitlich musste Adidas über 70 Prozent der mehr als 2500 Läden im Eigenbetrieb zusperren. Gleichzeitig ging bei den 15 000 Franchise-Nehmern und 150 000 Großhandelspartnern nicht mehr viel. Folgerichtig kassierte Vorstandschef Kasper Rorsted die Wachstumsprognose für 2020 und gab Ende April einen ernüchternden Ausblick auf das zweite Quartal ab. Nachdem der Umsatz in den ersten drei Monaten bereits um knapp ein Fünftel eingebrochen war, rechnete er für das abgelaufene Vierteljahr mit einem Rückgang von 40 Prozent. Gleichzeitig stellte der CEO ein negatives Betriebsergebnis in Aussicht.

Diese Prognose hat Bestand, obwohl die meisten Geschäfte mittlerweile wieder geöffnet sind. Im größten Einzelmarkt China ist Adidas nach eigenen Angaben bereits im Mai in die Wachstumsspur zurückgekehrt. Neben einem vollständig offenen Store-Netzwerk schob ein florierender Internetabsatz die Geschäfte im Reich der Mitte an. Vor diesem Hintergrund schätzen wir das Risiko, dass Adidas - wie vor Kurzem der Branchenprimus Nike - am 6. August einen enttäuschenden Quartalsbericht vorlegt, als eher gering ein.

Von den langfristigen Wachstumsperspektiven der Sportartikelindustrie bleibt Kasper Rorsted ohnehin überzeugt. "Eine gesunde Lebensweise wird für unsere Konsumenten immer wichtiger", sagt der Adidas-Chef. Gerade in den jüngsten Krisenmonaten ließ sich eine Fitness- und Outdoorwelle in Form leer geräumter Fahrradgeschäfte, boomender Online-Yogakurse und fleißiger Jogger beobachten. Insofern könnte das Virus den Gesundheitstrend und damit die Nachfrage nach Sportartikeln sogar forcieren.

Wachstumstreiber E-Commerce


Mit der Digitalisierung hat ein weiterer Megatrend und Wachstumstreiber des Sektors in den vergangenen Monaten noch einmal an Bedeutung gewonnen. Im ersten Quartal nahmen die über die Internetseiten von Adidas erwirtschafteten Umsätze um 35 Prozent zu. Daraufhin hat Rorsted das im Rahmen der langfristigen Strategieplanung für 2020 ausgegebene E-Commerce-Ziel leicht nach oben angepasst. Der Vorstand will jetzt "mehr als" vier Milliarden Euro online erlösen. Annähernd ein Fünftel vom Konzernumsatz könnten so im laufenden Jahr aus dem Internet kommen. Zum Vergleich: 2016 lag diese Quote bei gerade einmal rund fünf Prozent. Die Digitalisierung wird eine zentrale Rolle spielen, wenn Kasper Rorsted im März 2021 die Strategie für die kommenden fünf Jahre präsentiert.

Vorerst ist Adidas damit beschäftigt, das Corona-Formtief abzuschütteln. Commerzbank-Analyst Andreas Riemann erwartet, dass die Umsätze im dritten Quartal noch einmal schrumpfen, ehe der Konzern in den letzten drei Monaten des Jahres in die Wachstumsspur zurückkehrt. Gleichwohl dürfte es bis 2022 dauern, ehe die Franken auf Jahressicht bei Umsatz und Ergebnis das Vorkrisenniveau übertreffen.

Jede Schätzung hängt stark davon ab, wie sich die Pandemie weiterentwickelt. Neue Einschränkungen könnten die Geschäftserholung jäh ausbremsen. Schon jetzt lastet dieses Risiko auf der Adidas-Aktie. Während der DAX stark zulegen konnte, tritt der Sportartikelwert seit Wochen auf der Stelle. Mit der Halbjahresbilanz könnte das Unternehmen den Impuls für einen Ausbruch nach oben liefern. Das gilt vor allem dann, wenn das Management nach China auch für andere Regionen vorsichtig Entwarnung gibt.

Wir halten jedenfalls an unserer Kaufempfehlung für Adidas fest. Das Drei-Streifen-Logo ist gut positioniert, um rasch zur Normalität zurückzukehren und Nike mehr denn je die Stirn zu bieten. Übrigens könnte es in der Champions League noch mehrmals zum direkten Aufeinandertreffen der drei Streifen mit dem "Swoosh"-Emblem des Branchenprimus kommen. Nike stattet neben Chelsea unter anderem den FC Barcelona aus. Bereits im Viertelfinale könnten die Bayern auf die spanische Mannschaft um Superstar und Adidas-Werbekopf Lionel Messi treffen.

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