Im hauseigenen Ausblick auf das neue Jahr stufen die Analysten der Berenberg Bank die Aussichten für den deutschen Aktienmarkt im Jahr 2022 als konstruktiv ein. Zwar sei angesichts der bestehenden Risiken auch mit Rückschlägen zu rechnen, die Prognosespanne für den DAX zum Jahresende bewegt sich aber bei 17.200 bis 17.700 Punkten. Zum Vergleich: Am Freitag ging der deutsche Aktienleitindex mit 15.947,74 Zählern aus dem Handel.

Zur Begründung für diese Prognose heißt es, die Bewertung deutscher Aktien habe sich vom 20-fachen des auf Sicht von zwölf Monaten geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnisses im Mai 2021 auf zuletzt weniger als das 17-fache reduziert. Das gehe mit einem erwarteten durchschnittlichen Gewinnwachstum je Aktie von 2021 bis 2023 von 13 Prozent p.a. einher sowie mit einem immer noch großen Abstand bei den Dividendenrenditen gegenüber den Anleiherenditen.

In der zitierten Publikation erinnern die Autoren auch daran, dass deutsche und europäische Aktien seit der globalen Finanzkrise 2008/09 hinter US-Aktien zurückgeblieben sind. Doch man hält es für denkbar, dass verschiedene Winde des Wandels deutsche/europäische Aktien im Jahr 2022 stärker unterstützen werden.

Was den makroökonomischen Hintergrund angehe, so erwarten die hauseigenen Ökonomen für 2022 ein ähnliches BIP-Wachstum in den USA (4,1 Prozent) und in Deutschland (4,2 Prozent), aber die US-Notenbank schraube die Geldpolitik zurück und gehe viel früher zu Zinserhöhungen über als die Europäische Zentralbank, die wahrscheinlich bis weit in das Jahr 2022 hinein weiterhin Vermögenswerte ankaufen werde. Auch die Inflationsrisiken schienen in den USA höher zu sein, während die finanzpolitische Unterstützung in der Eurozone sicherer und dauerhafter erscheine.

Die Anleiherenditen dürften in diesem Jahr in den USA stärker steigen, während die Renditedifferenz zwischen deutschen und europäischen Aktien im Vergleich zu Anleihen wesentlich größer sei als in den USA. Auch die absolute Bewertung spreche für Europa, denn deutsche Aktien beispielsweise würden mit einem KGV-Abschlag gegenüber US-Aktien gehandelt.

Insgesamt unterstütze ein synchronisiertes globales Wachstum die Performance deutscher/europäischer Aktien, und Deutschland schneidet dabei im globalen Ländermodell der Berenberg Bank deutlich besser ab als die USA und liegt im westeuropäischen Ländermodell an zweiter Stelle hinter Frankreich.

In ihrem Jahresausblick hebt die Berenberg Bank auch zehn deutsche Aktien hervor, die von den Analysten intern am meisten bevorzugt werden. Die Liste besteht aus Aurelius, Brenntag, Jenoptik, SAF-Holland, Takkt, Talanx, Wacker Neuson, Adidas, Freenet und Siemens Healthineers. Die drei letztgenannten Titel, die auch regelmäßig unter den meistgesuchten Aktien der BÖRSE ONLINE-LeserInnen zu finden sind, stellen wir nachfolgend etwas näher vor. Das heißt, wir verraten die Kursziele sowie die Argumente für die jeweiligen Kaufempfehlungen.

Freenet-Aktie



Als ersten Wert aus dem genannten Trio besprechen wir Freenet. Das heißt, wir beschäftigen uns zunächst mit einem Wiederverkäufer von Mobilfunkdiensten und einem Anbieter von Fernsehdiensten auf der Grundlage von IPTV- und DVB-T-Technologien in Deutschland. Am Freitag ging der Kurs mit 23,45 Euro aus dem Xetra-Handel. Die Berenberg Bank nennt als Kursziel 27,00 Euro. Folglich ergibt sich ein Aufwärtspotenzial von 15,1 Prozent.

Bewertung: Neben potenziellen Kursgewinnen winken hier aber auch noch ansehnliche Dividendenrenditen. Zumindest auf Basis der Schätzungen. So rechnet die Berenberg Bank für 2021 mit einer Zahlung von 1,51 Euro je Aktie. Daraus errechnet sich eine Rendite von immerhin 6,44 Prozent. Die erwarteten Ausschüttungssätze für 2022 und 2023 bewegen sich bei 1,61 Euro bzw. bei 1,69 Euro je Anteilsschein, so dass der Titel ein lukrativer Dividendenbringer zu bleiben verspricht.

Beim Gewinn je Aktie kalkulieren die zuständigen Analysten für die Geschäftsjahre 2021 bis 2023 mit 1,51 Euro, 1,95 Euro und mit 2,22 Euro. Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von 10,56. Das heißt, die Bewertung ist auch über diese Schiene als vorteilhaft einzustufen.

Laut Berenberg Bank sind die Freenet-Aktien billiger als der Sektor, obwohl das Unternehmen eine einzigartige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Preissegmentierung für die Deutsche Telekom und Vodafone spielt und eine 30 Prozent höhere Kapitalrendite erzielt. Dies spiegele die Befürchtungen des Marktes wider, dass die Bedeutung des Vertriebskanals Freenet abnimmt und dass ein ständiger Margendruck im Mobilfunk im Widerspruch zum Durchdringungszyklus der Postpaid-Mobilfunkabonnements in Deutschland steht.

Weitere Details zum Anlageurteil der Berenberg Bank: Freenet gehörte 2021 zu den europäischen Telekommunikationswerten mit der besten Performance, und 2022 dürfte sich dies wiederholen, so die zuständigen Analysten. Das Kerngeschäft Mobilfunk sei besser positioniert, als der Markt unterstellt, und dies zusammen mit der J-Kurve der Rentabilität bei waipu.tv, neuen Möglichkeiten der Bündelung von Festnetz-Internet mit Mobilfunk und der Gewinnung eines Anteils am wachsenden Markt für Digitalradio-Werbung, versetze das Unternehmen in die Lage, noch mehrere Jahre lang ein branchenführendes EBITDA-Wachstum und Aktionärsrenditen zu erzielen. Zumal von einer weitgehend stabilen Kostenbasis auszugehen sei.

Der Höhepunkt im Vorjahr sei die Prognose gewesen, die das Unternehmen auf einem Kapitalmarkttag am 4. November aufstellte, als beim EBITDA für 2025 von mindestens 520 Millionen Euro die Rede gewesen sei, was eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von mehr als vier Prozent im Vergleich zum Konsens bedeutet habe, der im Vorfeld der Veranstaltung von einem flachen bis rückläufigen EBITDA ausgegangen sei.

Charttechnik: Während es beim Aktienkurs von Freenet um die Jahrtausendwende noch sehr volatil zuging, gestaltete sich das Kursgeschehen in den vergangenen Jahren verglichen damit sehr viel ruhiger. So bewegten sich die Kurse von August 2015 bis Juni 2020 in einer Spanne von 13,94 Euro bis 33,01 Euro.

Seit Juni 2020 befinden sich die Notierungen im Aufwind und am 05. Januar 2022 reichte es mit 23,52 Euro in diesem Jahr bereits zu einem neuen Zwischenhoch. Folglich ist der erwähnte Aufwärtstrend als intakt einzustufen und das Chartbild derzeit als konstruktiv zu bezeichnen.

Siemens Healthineers-Aktie



Der zweite portraitierte Favorit der Berenberg Bank für 2022 am deutschen Aktienmarkt heißt Siemens Healthineers. Hinter dem Namen steckt das größte europäische Medizintechnikunternehmen und eines der größten Medizintechnikunternehmen weltweit. Die Berenberg Bank hat das Kursziel für den DAX-Vertreter auf 75,00 Euro festgezurrt. Somit ergibt sich gemessen am Schlusskurs vom Freitag von 63,76 Euro theoretisch die Chancen auf einen Anstieg von 17,6 Prozent.

Bewertung: Bei der Dividende kalkuliert die Berenberg Bank hier für die Geschäftsjahre 20217/22 (30.09.), 2022/23 und 2023/24 mit Zahlungen von 0,96 Euro, 1,15 Euro und 2,52 Euro je Aktie. Für das laufende Geschäftsjahr winkt somit eine Rendite von 1,5 Prozent.

Mit Blick auf das Ergebnis je Aktie gehen die zuständigen Analysten für die genannten Jahre von Werten von 1,72 Euro, 2,08 Euro und 2,52 Euro aus. Auf letztgenannter Basis sprechen wir somit von einem geschätzten KGV von 25,3.

Von Seiten der deutschen Privatbank heißt es dazu, die Bewertung auf KGV-Basis sehe rein optisch betrachtet zwar hoch aus. Aber das Unternehmen befinde sich durchweg in starken Produktzyklen und biete eines der dynamischeren defensiven Ertragswachstumsprofile im Bereich der globalen Large-Cap-Medizintechnik.

Weitere Details zum Anlageurteil der Berenberg Bank: Die Experten sind der Meinung, dass der Bereich Medical Imaging ein hervorragendes Geschäft ist, das dank mehrerer hochkarätiger Produkteinführungen weiterhin schneller als der Markt wachsen dürfte. Die Margen dieses Geschäftsbereichs seien branchenführend (über 20 Prozent).

Die jüngste Übernahme von Varian hat Healthineers beschere eine dominante Position auf dem Fünf-Milliarden-Dollar-Markt für Strahlentherapie und dem Konzern ein dynamischeres Umsatzwachstumsprofil mit Aussichten auf ein robustes Gewinnwachstum im unteren bis mittleren Prozentbereich. In diesem Zusammenhang glaubt man, dass diese Akquisition das Verkaufsangebot von Healthineers erheblich stärkt und Raum für Synergien, integrierte Software- und Serviceangebote sowie Therapieinnovationen für die Zukunft bietet.

Die Labordiagnostik sei das Turnaround-Geschäft von Healthineers. Hier schneide man im Vergleich zu den Mitbewerbern bisher deutlich schlechter ab. Doch es bestünden gute Chancen, diese Lücke deutlich zu schließen.

Man ist des Weiteren der Ansicht, dass Healthineers ein Unternehmen von Weltrang ist, mit hohen Eintrittsbarrieren, bedeutenden Produkteinführungen und Innovationspotenzial, um weitere Marktanteile zu gewinnen. Das Unternehmen können jedenfalls auf eine lange Innovationsgeschichte zurückblicken und habe viele historische Neuheiten auf den Markt gebracht. Dieser innovationsorientierte Ansatz dürfte helfen, die marktführende Position in den kommenden Jahren zu halten und auszubauen.

Charttechnik: Nach dem Börsengang Mitte März 2018 schafften es die Aktien von Siemens Healthineers erst eine Zeit lang nicht, sich nachhaltig positiv in Szene zu setzen. Noch im März 2020 bewegte sich die Notiz in etwa lediglich auf Höhe des Schlusskurses am ersten Handelstag am 16. März 2018, der mit 30,20 Euro festgestellt worden war.

Doch anschließend gelang es dem Titel sich mit einem Anstieg bis auf in der Spitze 67,20 Euro mehr als zu verdoppeln. Das letztgenannte Schlussrekordhoch stammt vom 09. Dezember 2021 und in dem Bereich besteht aktuell die Gefahr einer Topbildung, nachdem hier zuletzt eine kleine Schulter-Koipf-Schulter-Formation entstanden ist. Um dem damit theoretisch drohenden Abwärtspotenzial zu entgehen, wäre es wichtig, mit einem Vorstoß auf eine neue Bestmarke ein positives charttechnisches Ausrufezeichen zu setzen.

Adidas-Aktie



Als dritten Wert aus der Favoritenliste der Berenberg Bank für 2022 am deutschen Aktienmarkt gehen wir auf Adidas ein. Die Rede ist folglich vom weltweit zweitgrößten Sportartikelhersteller nach Marktführer Nike mit Sitz in Herzogenaurach. Geht es nach den zuständigen Analysten, dann hat dieses DAX-Mitglied deutlich Luft nach oben. Denn das Kursziel beträgt 360,00 Euro und das ist eine Vorgabe, die um 45,5 Prozent über dem Schlusskurs von 247,45 Euro vom vergangenen Freitag liegt.

Bewertung: Bei Adidas kalkuliert die Berenberg Bank für 2021 mit einer Dividendenzahlung von 3,15 Euro je Aktie. Das unterstellt derzeit eine Dividendenrendite von 1,27 Prozent. Mit Blick auf die Geschäftsjahre 2022 und 2023 geht man von Zahlungen von 3,62 Euro sowie von 4,17 Euro je Anteilsschein aus.

Die Schätzung für den Gewinn je Aktie in 2021 beträgt 7,56 Euro. Daraus sollen im neuen Jahr 10,31 Euro werden und im nächsten Jahr sollen dann 11,98 Euro je Aktie herausspringen. Auf der letztgenannten Basis beträgt das KGV geschätzte 20,7.

Weitere Details zum Anlageurteil der Berenberg Bank: Die verantwortlichen Analysten sind ganz allgemein der Meinung, dass Adidas ein großartiges Unternehmen in einem großartigen Sektor ist. Die Gesellschaft sei Teil eines dominanten Duopols in der globalen Sportbekleidungsbranche mit hohen Eintrittsbarrieren.

Die Experten glauben auch, dass das Unternehmen mit einem starken Fokus auf Innovation und einer sich verbessernden Produktpipeline langfristig weiter Marktanteile gewinnen kann. Marktanteile seien kein Nullsummenspiel, und sowohl Adidas als auch Nike seien in der Lage, weiterhin Marktanteile hinzuzugewinnen, was ein attraktives langfristiges Wachstum unterstütze.

Mit einem starken Online-Angebot könne Adidas auch über seinen Direktvertriebskanal (DTC) Marktanteile gewinnen. Wenn man 50 Prozent des Umsatzes über den DTC-Kanal erziele, führe dies zu einer strukturell höheren Profitabilität und Cash-Generierung. Weiterer Rückenwind für die Ergebnismargen könnten sich über den Vertriebskanalmix, den regionalen Mix und dem operativer Leverage ergeben. Außerdem untermauerten Aktienrückkäufe die positiven Ergebnisaussichten.

Beim jüngste Kapitalmarkttag sei darüber hinaus deutlich geworden, dass Adidas über diverse Gelegenheiten verfüge, die Marken-/Produktpipeline neu zu beleben und die Dynamik zu beschleunigen, wobei gleichzeitig auch historisch wichtige Investorenanliegen wie Markeninvestitionen und Innovation von den Verantwortlichen klar angesprochen worden seien.

Charttechnik: Der Aktienkurs von Adidas hat sich langfristig betrachtet gut geschlagen. In der Spitze kam die Notiz von hat September 2001 bis August 2021 von 11,93 Euro auf 336,25 Euro voran. Beim letztgenannten Schlussrekordhoch sah es so aus, als ob der Titel einem mittelfristigen Seitwärtstrend hinter sich lassen könnte.

Doch der Kurs fiel anschließend wieder zurück und notiert aktuell nicht höher als bereits im Mai 2019. In den vergangenen Monaten hat sich sogar ein Abwärtstrend breit gemacht und wenn die Aktie unter das Vorjahrestief von 245,00 Euro vom Dezember fallen sollte, dann würde sich das bereits angeknackste Chartbild weiter eintrüben.