Der scheinbar unaufhaltsame Verfall der Ölpreise hat auch am Mittwoch die Aktienmärkte rund um den Globus in den Keller geschickt. Dax und EuroStoxx50 verloren bis zum Nachmittag je mehr als 3,5 Prozent auf 9316 und 2869 Punkte. An den Terminmärkten brach der Preis für das US-Öl WTI um bis zu vier Prozent auf 27,32 Dollar je Fass (159 Liter) ein und stand damit so niedrig wie zuletzt im September 2003. Die Internationalen Energie-Agentur (IEA) warnte, die Ölmärkte könnten in diesem Jahr "im Überangebot ertrinken". Damit habe sie im wahrsten Sinne Öl ins Feuer geschüttet, sagte IG-Marktest-Analyst Christian Henke.

Doch auch für die Wall Street signalisierten die US-Futures zur Eröffnung fallende Kurse. Dort dürften zudem enttäuschende Geschäftszahlen von IBM, AMD und Goldman Sachs die Anleger verstimmen.

Europaweit gerieten vor allem die Aktien der Bergbau- und Ölkonzerne ins Wanken. So stürzten die in London und Amsterdam gelisteten Aktien von Shell um rund sechs Prozent ab. Anleger fürchten, dass viele aus dem Rohstoffsektor den Preisverfall nicht mehr lange durchhalten werden. "Auf uns rollt eine riesige Pleitewelle von Ölförderern und Minen-Betreibern zu", sagte Marktanalyst Heino Ruland vom Brokerhaus ICF. Am Markt werde ein Volumen in dreistelliger Milliardenhöhe herumgereicht.

FINANZWERTE IM ABWÄRTSSTRUDEL



Kein Wunder also, dass viele Anleger generell die Finanzwerte aus ihren Depots warfen: Der EuroStoxx-Banken-Index sackte um 4,7 Prozent ab - noch einen Tick stärker als der Energie-Index mit minus 4,2 Prozent. Größter Verlierer waren die Aktien der italienischen Monte dei Paschi, die um 18,3 Prozent auf ein frisches Rekordtief von 0,5355 Euro abstürzten. Italiens Bankentitel sind in dieser Woche durch eine Überprüfung der notleidenden Kredite durch die EZB besonders unter Druck geraten - allen voran die schon seit längerem kriselnde Bank aus Siena. Einige Kunden haben inzwischen offenbar ihre Einlagen abgezogen.

Aber auch Deutschlands Geldhäuser gerieten in den Abwärtsstrudel - allen voran die Deutsche Bank, deren Titel in der Spitze um 5,7 Prozent auf 17,78 Euro einbrachen. Das war der niedrigste Stand seit März 2009, als die Finanzwerte noch unter den Nachwehen der Krise von 2007/2008 litten.

Nur wenige Aktien trotzten dem Trend - im EuroStoxx50 standen ASML alleine mit einem Plus von knapp zwei Prozent im Plus. Der Anbieter von Maschinen zur Chipherstellung hatte die Anleger mit seinem Quartalsergebnis und einem zuversichtlichen Ausblick angelockt.

Ansonsten überwogen die Minus-Zeichen - von Tokio, wo der Nikkei-Index um 3,7 Prozent in die Tiefe gerauscht war, bis nach Moskau und Riad, den Börsen von zwei der wichtigsten Öl-Exporteuren. Die Währungen beider Länder sind durch den Preisverfall ebenfalls in der Bredouille: Der Rubel fiel auf ein Rekordtief, und die saudiarabische Zentralbank warnte laut Insidern die Anleger davor, gegen die an den Dollar gebundene Landeswährung zu spekulieren.

Viele Investoren nahmen somit Kurs auf vermeintlich sichere Häfen und steckten ihr Geld in Gold, das sich um 0,9 Prozent auf 1096,70 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) verteuerte. Auch Bundesanleihen waren gefragt. Der Bund-Future, der auf den zehnjährigen Bundesanleihen basiert, stieg auf ein Rekordhoch von 161,31 Punkten.

Reuters