Für Anleger ist es ein Dauerärgernis: Depotbanken behandeln nach Kapitalmaßnahmen neu eingebuchte Papiere von Tochterfirmen oft als "Sachdividende" und führen auf deren Einstandskurs Abgeltungsteuer ab, obwohl sich am Gesamtvermögen der Kunden nichts geändert hat. So auch im Fall Hewlett-Packard: Der Technologie-Konzern hatte im Jahr 2015 seinen Namen in HewlettPackard Incorporated (HPI) geändert und übertrug sein Unternehmenskundengeschäft im Wege eines sogenannten Spinoffs auf die Tochtergesellschaft HPE.
Die Aktionäre erhielten damals für eine alte Aktie der HPC eine Aktie der umbenannten Gesellschaft HPI und zusätzlich eine Aktie der HPE. Die Aktie der HPI erhielt eine neue internationale Wertpapierkennnummer (ISIN). Die Finanzverwaltung bewertete die Zuteilung dieser Papiere jedoch als steuerpflichtig.
Der Kläger hielt Aktien der Hewlett-Packard Company (HPC), einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Nachdem die HPC in Hewlett-Packard Inc. (HPI) umbenannt und das Unternehmenskundengeschäft der HPI auf ihre Tochtergesellschaft Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE) übertragen worden war, erhielten die Aktionäre im Rahmen eines sog. "Spin-Off" Aktien der HPE. Diese buchte die Bank des Klägers in dessen Depot ein. Der Kläger war nunmehr im selben Verhältnis an beiden Gesellschaften beteiligt. Sein Finanzamt behandelte die Aktienzuteilung beim Kläger als steuerpflichtigen Kapitalertrag. Das niedersächsische Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt (Az. 13 K 223/17).
Zuvor hatten bereits Finanzgerichte in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rhein- land-Pfalz geurteilt, dass diese Kapitalmaßnahme keine steuerpflichtige Sachausschüttung darstellt.
Der BFH bestätigte nun die Entscheidung des FG und wies die Revision der Finanzverwaltung zurück. Eine steuerneutrale Zuteilung von Aktien nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG sei auch bei einem US-amerikanischen "Spin-Off" möglich. Voraussetzung sei, dass die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes erfüllt seien. Die Vorschrift ist damit auch auf ausländische Vorgänge anwendbar, die bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung der Abspaltung nach deutschem Recht entsprechen
Als weitere Begründung führten die obersten Finanzrichter an: Die Kapitalverkehrsfreiheit gebiete eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf ausländische Vorgänge. Rechtsfolge der Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG sei, dass die Einbuchung der aufgrund des "Spin-Off" erhaltenen Aktien im Depot des Klägers nicht zu einem steuerpflichtigen Kapitalertrag führe. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der Aktien der HPE bzw. HPI seien etwaige Veräußerungsgewinne zu versteuern (Az. VIII R 9/19, - Urteil vom 01.07.2021)