Das spiegelte sich überraschend klar in den Abstimmungsergebnissen wider: Deutlich mehr als ein Drittel des vertretenen Kapitals sprach dem Deutsche-Bank-Vorstand das Misstrauen aus. Großinvestoren wie Kleinanleger vermissen Details der kürzlich präsentierten "Strategie 2020", die auf eine Schrumpfkur von Deutschlands größtem Geldhaus hinausläuft.

Auch der am Mittwochabend kurzerhand auf den Weg gebrachte Vorstandsumbau reichte nicht, um die Gemüter zu besänftigen. Am schlechtesten schnitt in der Abstimmung Jain ab, für dessen Entlastung weniger als 61 Prozent der Aktionärsstimmen abgegeben wurden. Fitschen lag nur marginal drüber. Das war ein herber Denkzettel, üblich sind in Deutschland Zustimmungsraten von 95 Prozent und mehr.

Trotzdem hätte es noch schlimmer kommen können für die Manager: Einflussreiche Aktionärsberater wie ISS aus den USA und Hermes aus London, deren Abstimmungsempfehlungen angelsächsische Fonds gewöhnlich folgen, hatten den Investoren im Vorfeld nahegelegt, gegen die Entlastung des Vorstands zu stimmen. Die Fondsgesellschaft Union Investment, einer der 20 größten Aktionäre, bekannte offen, die Bankführung nicht mehr zu unterstützen.

"DEN BOCK ZUM GÄRTNER GEMACHT"

Besonders kritisch sehen viele Aktionäre, dass Jains Rolle im Konzern nun sogar noch gestärkt wird, obwohl er als früherer Chef-Investmentbanker für zahlreiche Rechtsstreitigkeiten mit verantwortlich ist, die immer noch viel Geld kosten und mühsam erzielte Gewinne regelmäßig ausradieren. "Sind Sie das Problem dieser Bank, die Lösung oder beides?", sagte Markus Kienle von der Kleinaktionärsvereinigung SdK vor gut 5000 Aktionären an die Adresse Jains. Klaus Nieding von der DSW schimpfte: "Wer den Bock zum Gärtner macht, darf sich nicht wundern, wenn er den Garten kahlfrisst und die anderen Schafe es ihm gleich tun."

Allein wegen ihrer Verstrickung in den weltweiten Skandal um manipulierte Referenzzinssätze hatte die Bank eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar an die Regulierer in Großbritannien und den USA abdrücken müssen. Nieding forderte eine externe Sonderprüfung der Rechtsstreitigkeiten fand dafür auf der Hauptversammlung aber keine Mehrheit.

"WEITER SO" GEHT NICHT MEHR

Dass die vor drei Jahren angetretene Doppelspitze unter Druck steht, hatte sich schon vor Wochen abgezeichnet. Wesentliche Ziele der "Strategie 2015+" wurden nicht erreicht. Das gilt insbesondere für Rendite und Kosten. Auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner attestierte Jain und Fitschen eine eher "durchwachsene" Bilanz. Er signalisierte, dass ein "Weiter so" für das Top-Management keine Option sein kann. "Niemand kann mit dem äußeren Erscheinungsbild und dem Aktienkurs zufrieden sein", sagte Achleitner.

Jain und Fitschen räumten ein, dass es länger dauere als geplant, die unzähligen Rechtsstreitigkeiten beizulegen. Außerdem greife der Sparkurs noch nicht. Von Scheitern könne aber keine Rede sein, sagte Fitschen. "Wir steuern die Deutsche Bank in die richtige Richtung."

Wichtigste Entscheidung ist die Abspaltung der Deutschen Postbank. Das restliche Privatkundengeschäft mit den "blauen" Filialen wird zusammengestrichen, während die Investmentbanker wieder an Macht gewinnen. Portfoliomanager Ingo Speich von Union Investment kritisierte: "Nach einer langen Durststrecke werden jetzt schon wieder fünf unprofitable Übergangsjahre mit Restrukturierungskosten in Milliardenhöhe in Aussicht gestellt.".

Um die neue Strategie anzuschieben, krempelt Achleitner den Vorstand um: Jain wird sich persönlich um die Umsetzung kümmern. Fitschen dagegen, der seit einigen Wochen vor dem Münchner Landgericht wegen Vorwürfen des Prozessbetrugs im Kirch-Verfahren auf der Anklagebank sitzt, bekommt keine zusätzlichen Aufgaben, er gibt sogar welche ab. Großer Verlierer ist der langjährige Privatkunden-Chef Rainer Neske, der die Bank verlässt. Seine Aufgaben übernimmt Rechts- und Compliance-Vorstand Christian Sewing.