"Aber auch wenn die Aussichten aktuell gedämpft sind, droht keine Konjunkturkrise", sagte Minister Peter Altmaier. Er sieht auch keinen Anlass für Aktionismus. "Konjunkturpakete im traditionellen Sinn, die Strohfeuer auslösen, sind nicht die richtigen Instrumente." Vielmehr wolle die Regierung durch eine Steuerreform und Entlastungen das Umfeld für Investitionen verbessern.
Den Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen wertete Altmaier als eine "gute Nachricht für 500 Millionen Bürger in Europa". Dies ermögliche, die befürchteten negativen Effekte des Brexit zu begrenzen und dass "wir zusätzliche Impulse für die Konjunktur erreichen werden". Nun müsse allerdings noch das britische Parlament grünes Licht für einen geregelten Brexit geben.
Die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland bezeichnete der Minister als gespalten. Die exportorientierte Industrie stehe wegen Handelskonflikten, Brexit und anderer Unsicherheiten unter Druck. "Die Binnenkonjunktur ist jedoch weiterhin intakt. Beschäftigung und Einkommen steigen, und der Bausektor ist weiter in Hochkonjunktur", betonte der CDU-Politiker.
Für das laufende Jahr rechnet die Regierung weiter mit einem mageren Wachstum von 0,5 Prozent. Zum Vergleich: Anfang des Jahres hatte sie hier noch 1,8 Prozent veranschlagt. Doch die Wirtschaft - vor allem die Industrie - leidet unter den internationalen Handelskonflikten. So sei der Welthandel seit 2018 ins Stocken geraten, erklärte das Ministerium. Aber im Welthandel dürfte die Talsohle bald erreicht sein.
"NICHT PLÖTZLICH REICH"
Altmaier betonte: "Wir brauchen jetzt Wachstumspolitik mit Steuerentlastungen und Bürokratieabbau, marktwirtschaftlichen Lösungen bei der Energiewende, Investitionen in Zukunftstechnologien und mehr Anstrengungen im Bereich der Digitalisierung." Er sieht aber nur begrenzte Spielräume für höhere Investitionen für den Fall, dass der Bund das Ziel des ausgeglichenen Haushalts aufgibt und neue Schulden aufnimmt. "Würde man die Schwarze Null drangeben, wären wir nicht alle plötzlich reich", sagte er. Es gehe nicht um die Schwarze Null, sondern um die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die er "für absolut richtig und notwendig" halte. Diese lasse eine begrenzte Schuldenaufnahme zu.
Im zweiten Quartal 2019 war die Wirtschaft leicht geschrumpft. Experten erwarten, dass es auch im dritten Quartal ein Minus gegeben hat. Dann wäre Deutschland offiziell in der Rezession, auch wenn es im Gesamtjahr 2019 noch zu einem Wachstum reichen sollte. Die Daten liegen noch nicht vor. Altmaier hält die Debatte über eine "technische Rezession" für Wortklauberei.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) äußerte sich derweil besorgt. "Die konjunkturelle Entwicklung in der Welt verschlechtert sich in atemberaubendem Tempo", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Die Politik sollte mit Steuerentlastungen und einem "Sofortprogramm zur Stärkung der privaten und öffentlichen Investitionen" gegensteuern.
rtr