Die Rückgänge der vergangenen Monate könnten allerdings erst der Auftakt für eine längerfristige Talfahrt sein, warnt Albert Edwards. Der Anlagestratege der französischen Großbank Societe Generale gilt wegen seiner meist pessimistischen Prognosen als "Dauer-Bär". Die Experten der US-Investmentbank Goldman Sachs verweisen dagegen auf positive Konjunkturaussichten: "Das Wirtschaftswachstum und der Bullenmarkt sollten 2019 weitergehen." Der Bulle steht für steigende Kurse. BayernLB-Chefvolkswirt Jürgen Michels rechnet wegen zahlreicher Unsicherheitsfaktoren zwar mit einem stürmischen Herbst. So lange die Unternehmensgewinne überzeugten, werde das Geld seinen Weg zurück in den Aktienmarkt finden.

Aktuell bereiten Spekulationen zu rascheren Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed, der Zollstreit zwischen den USA und China, der nahende Brexit und der Konflikt wegen des italienischen Haushalts Investoren Kopfschmerzen. Hinzu kommt die Sorge vor einer Abkühlung der weltweiten Konjunktur.

Seit seiner Geburtsstunde 1988 habe der Dax nur acht Jahre mit einem Verlust abgeschlossen, rechnet DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier vor. 2017 gewann der Leitindex 12,5 Prozent.

KONJUNKTURAUSSICHTEN VERDÜSTERN SICH



Auch in den USA mussten die Börsen in den vergangenen Wochen Federn lassen. Der Standardwerte-Index Dow Jones hält sich auf Jahressicht aber im Plus. Die Firmen profitieren von einer brummenden Konjunktur und milliardenschweren Steuersenkungen durch US-Präsident Donald Trump. Bei den Einzelwerten sieht es aber nicht überall rosig aus: Derzeit notiert über ein Drittel der Titel aus dem S&P 500 mehr als 20 Prozent unter ihren Jahreshochs. Das sind fast vier Mal so viele wie zu Jahresbeginn. Im Stoxx600 der größten europäischen Börsenwerte hat sich die Quote auf rund 46 Prozent ebenfalls vervierfacht. Im MSCI-Weltindex befinden sich sogar fast 60 Prozent der Werte in einem Bärenmarkt.

Vor allem außerhalb der USA verdüstern sich die Konjunkturaussichten. Die Wirtschaft in der Euro-Zone wuchs im Sommer so langsam wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr. Der seit Monaten schwelende Zollstreit belaste die deutsche Wirtschaft viel mehr als die der USA, weil diese über einen weit größeren Binnenmarkt verfüge, erläutert LBBW-Analyst Uwe Streich. Außerdem hänge der Großteil der Gewinne im Dax an der Automobil-Industrie. Reihenweise hagelte es hier in den vergangenen Wochen Gewinnwarnungen.

Die Experten der Landesbank Helaba rechnen damit, dass es für die Börsen erst einmal noch dicker kommt: Die Volatilitätsindizes, die die Nervosität der Anleger messen, seien noch weit von ihren Spitzenwerten entfernt. Dies deute darauf hin, dass Anleger gelassener seien als während des ersten größeren Kursrutsches zu Jahresbeginn, so Helaba-Analyst Markus Reinwand. "Vermutlich muss es erst noch schlechter werden, bevor es wieder besser werden kann."

rtr