Die Aussicht auf ein Embargo für russisches Öl lässt viele Hausbesitzer laut der Vermittlungsplattform HeizOel24 derzeit das eigene Lager auffüllen. Seit Montag verzeichne man ein stark erhöhtes Bestellaufkommen, sagte Geschäftsführer Oliver Klapschus der Deutschen Presse-Agentur. "Die Kaufaktivität der Kunden auf der Plattform liegt in etwa viermal so hoch wie im Jahresdurchschnitt und fünf- bis sechsmal so hoch wie in einem "normalen" Mai."

Während viele Kunden im März und April noch die eher kleine Menge von 1000 Litern Heizöl bestellt hätten, werde nun auch häufiger wieder vollgetankt - obwohl die Preise mit etwa 1,40 Euro pro Liter hoch seien. "Ordermengen zwischen 2000 und 4000 Litern, die den kompletten Jahresbedarf eines Einfamilienhauses abdecken, liegen in der Verbrauchergunst vorn", sagte Klapschus.

Normalerweise bestellten die Haushalte im Mai nur wenig Heizöl. Dieses Jahr sei das komplett anders. "Viele Tanks in den Privathaushalten sind mehr oder weniger leer, was die Nachfrage im gesamten Sommerhalbjahr hoch halten dürfte."

Uniti hat andere Zahlen


Einen gänzlich anderen Eindruck hat indes der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti). "Aktuell beobachten wir keine gesteigerte beziehungsweise ungewöhnliche Nachfrage nach Heizöl", teilte ein Sprecher mit. Das sei im Februar und im März unmittelbar nach dem russischen Überfall auf die Ukraine noch anders gewesen. "Möglicherweise sind viele Tanks bei den Kunden aus dieser Zeit noch gut gefüllt, was ein Grund für die derzeit recht ruhige Nachfrage darstellen könnte", hieß es. Der Verband hat einige Mitgliedsfirmen befragt, während sich HeizOel24 auf Plattform-Daten stützt.

Fakt ist: Öllieferungen in die Europäische Union sollen bereits Anfang nächsten Jahres weitestgehend eingestellt sein. Deutschland will die Zeit nutzen, um Alternativen für russisches Öl zu schaffen.

Begrenzte Öl-Lieferungen aus den USA


Mittelfristige für Heizöl preissteigernde Neuigkeiten gibt es derweil aus den USA. Während diese mit den mehrfachen Freigaben von Teilen der strategischen Reserven des Landes den Ölpreis vor einigen Wochen massiv senken konnten, gibt es nun erste unbestätigte Pläne zur Wiederauffüllung der strategischen Reserven. Laut einem Bericht haben die USA begonnen, größere Heizöl-Mengen nach und nach zurückzukaufen. Bereits im Herbst 2022 sollen 60 Millionen Barrel eingekauft werden, auch wenn die potentielle physische Lieferung erst nächstes Jahr erfolgen soll.

Erste Stimmen in den USA gehen davon aus, dass die Exporte ins Ausland (auch nach Europa) sich ihrem Limit nähern, da sie sonst den Binnenmarkt des Landes gefährden würden. Für Europa würde dies steigende Preise bedeuten.

Am Freitag ziehen die Ölpreise weiter an. Die Notierungen für Brent- und WTI-Öl steigen aktuell um 2,3 Prozent. Seit dem Vorschlag der EU-Kommission für ein Embargo auf russisches Rohöl haben die Erdölpreise spürbar zugelegt. Schon davor waren sie aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich geklettert. Seit Jahresbeginn sind die Preise um gut 40 Prozent gestiegen.

Weitere Preissteigerungen nicht unwahrscheinlich


Wie sich der Ölpreis letztlich in den kommenden Monaten entwickeln wird, ist unklar. "Es ist eher unwahrscheinlich, dass derartige umfassende Änderungen in Raffinerien und in der Logistik keine Auswirkungen auf die Preise an den Tankstellen haben", teilte der Wirtschaftsverband Fuels and Energy mit. Die Markt- und Preisentwicklung hänge aber von einer Vielzahl von Faktoren ab. "Dazu zählen politische Entscheidungen ebenso wie Ölpreis, Dollar-Kurs, Logistikkosten, Beschlüsse der großen Ölförderländer sowie das Verbraucherverhalten."

Die Versorgungslage sieht Uniti allerdings nicht gefährdet. "Insgesamt haben wir bei Heizöl in Deutschland gute Speicherkapazitäten in gewerblichen Tanklagern", teilte der Verband mit. Während Erdgas in Deutschland nur durch Pipelines angeliefert werden kann, gebe es für Öl zudem weitere Transportwege für Importe.

mmr mit dpa