Märkte können politische Risiken grundsätzlich nur sehr schlecht beurteilen. Angesichts dieser unvermeidlichen Tatsache ziehen sie es oft vor, diese Risiken zu ignorieren - oder ziellos darauf zu spekulieren. Das britische Brexit-Referendum war ein trauriges Beispiel für die zweite Variante. Die Spekulationen drehten sich um etwas, wovon kein Anleger behaupten konnte, auch nur die geringste Ahnung zu haben. Da die Märkte den Umfragen und Trends der britischen Buchmacher folgten, wurde das Risiko aufgrund der bald überwältigenden Wahrscheinlichkeit sehr asymmetrisch. Ein Remain-Votum gegen den Brexit wäre demnach fast schon ein Nichtereignis gewesen, wohingegen sich das negative Ergebnis zwangsläufig als riesiger Schock erwies.

Die Geschichte der Aktienmärkte zeigt, dass die langfristige Performance massiv davon profitiert, wenn man schmerzfrei durch abstürzende Märkte navigiert. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Performance des S&P-Aktienindex verdoppelt (von 320 Prozent auf 650 Prozent), wenn man die schlechtesten fünf monatlichen Leistungsentwicklungen herausnimmt. Im Risikomanagement muss es also darum gehen, diese Zeiträume zu vermeiden. Gehen Sie aggressiv Risiken ein, wenn die Verluste ihre Gewinne nicht übersteigen. Ein Ergebnis von 60 : 40 bringt Sie auf die Seite der besseren langfristigen Anleger. Da aber nicht alle Fehlentscheidungen auf dieselbe Weise entstehen, ist die Vermeidung der großen Fehler, die langfristig einen großen Unterschied machen, besonders wichtig.

Die gute Nachricht: Es ist zwar schwer, Vorhersagen zu treffen, aber es ist trotzdem nicht allzu schwer, asymmetrische Risiken zu entdecken. Das Brexit-Referendum ist ein Beispiel.

Seit Mitte des vergangenen Jahres waren die Märkte mit schwindender Dynamik des weltweiten Wachstums konfrontiert - belastet durch China, Japan und die USA sowie den immer verzweifelteren Maßnahmen der Zentralbanken, die immer weniger für die Realwirtschaft und das Vertrauen der Anleger erreichten. Die Widerstandsfähigkeit der Märkte gegenüber externen Schocks ist inzwischen hauchdünn.

Man könnte ein Szenario entwerfen, in dem sich die Märkte durch die aktuellen Unsicherheiten lavieren und dies einfach den wenig vorteilhaften weltweiten wirtschaftlichen Hintergrund widerspiegelt. Dies würde rechtfertigen, dass Aktienportfolios weit-gehend in sehr transparente Werte wie Basiskonsumgüter, Pharmazie oder Technik investiert bleiben, zulasten zyklischer Papiere oder Finanzwerte.

Aber das asymmetrische Risiko, dem wir gegenüberstehen, erfordert mehr: Gold und Währungen müssen in die Portfolios aufgenommen werden, da sie bei extremer Risikoaversion stark steigen würden. Sollten zu einem späteren Zeitpunkt quantitative Lockerungsmaßnahmen tatsächlich ihre Wirkung verfehlen und radikalere reflationäre Vorgehensweisen ernsthaft erwogen werden, könnten Positionen in reflationären Titeln wie inflationsgebundenen Anleihen, den Emerging Markets oder Rohstoffen aufgenommen werden.

Im Risikomanagement geht es darum, sehr fragile Momente zu erkennen und sie mit einem Ansatz ähnlich der Barbell-Strategie zu handhaben. Die Barbell-Methode ist eine klassische Rentenmarktstrategie, mit der das Portfolio in kurz- und langfristige Anleihen aufgeteilt wird und damit die Durchschnittsrendite steigt. In Sachen Risiko heißt das: Man bewahrt sich Aufwärtspotenzial, begrenzt jedoch das Verlustrisiko bei sehr schädlichen Ereignissen. Mit anderen Worten bedeutet dies, Optionalität in die Portfolios aufzunehmen, ohne die sehr teure Optionsprämie zu zahlen, die Händler immer verlangen, wenn die Volatilität steigt.

Didier Saint-Georges



Saint-Georges hat an der ESCP Wirtschaft studiert und einen MBA der Georgia State University. Seit 1983 arbeitete er bei verschiedenen Investmenthäusern in Europa und den USA, seit 2007 ist er bei Carmignac - 1989 von Edouard Carmignac und Eric Helderlé gegründet. Das französische Fondshaus ist heute einer der führenden europäischen Akteure in der Vermögensverwaltung.