Der führende Spezialist für Chiplithografie muss Umsatzbuchungen verschieben und Engpässe in der Lieferkette meistern. Die Aussichten bleiben jedoch gut für ASML Von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Anhaltende Engpässe in der Logistik und die verzögerte Buchung von Erlösen trüben den Boom im Geschäft des Chiplithografie-Spezialisten ASML. Das Volumen der verzögerten Buchungen wird sich 2022 von einer auf voraussichtlich 2,8 Milliarden Dollar nahezu verdreifachen. Deshalb halbierte ASML die Wachstumsprognose für das Jahr auf zehn Prozent Plus. Obwohl die später gebuchten Erlöse einfach ins nächste Jahr verschoben werden, geriet der Aktienkurs unter Druck. Eine Rolle spielte dabei auch, dass die Umsatzprognose der Niederländer für das laufende dritte Quartal mit 5,1 bis 5,4 Milliarden Euro niedriger ist als die von Analysten im Schnitt geschätzten 6,5 Milliarden Euro.

Im zweiten Quartal hatte der Erlös der Niederländer, die bei ihren modernsten Anlagen weiterhin keine Konkurrenz fürchten müssen, dagegen um gut ein Drittel auf 5,4 Milliarden Euro zugelegt, mehr als die Analystenschätzung betragen hatte. Die Bruttomarge von 49,1 Prozent lag etwas niedriger als von den Experten angenommen.

Autoschips boomen

Beruhigend für Anleger ist indes, dass der Auftragseingang von April bis Juni 8,5 Milliarden Euro erreichte, den bisher höchsten Wert in einem Quartal. "Die Nachfrage ist weiterhin deutlich höher als das, was wir liefern können", sagte Konzernchef Peter Wennink. Die Situation sei ähnlich wie im ersten Quartal, doch während der Markt für Chips in Autos sehr stark sei, lasse er bei Halbleitern für Computer und Smartphones spürbar nach. Ähnliches berichten auch andere Unternehmen aus der Branche.

Um Kunden bei den allgegenwärtigen Engpässen in der Verfügbarkeit von Chips schneller beliefern zu können, verschifft ASML seine riesigen und hochkomplexen Anlagen, zu deren Transport-Jumbojets notwendig sind, früher als üblich und lässt sie erst beim Kunden vor Ort testen. Die jeweiligen Erlöse werden jedoch viel später als üblich gebucht.

Lieferkettenengpässe halten an

"Wir haben bereits im zweiten Quartal eine Verschärfung der Engpässe in der Lieferkette gesehen und gehen davon aus, dass die Schwierigkeiten während des gesamten Jahres anhalten werden", sagte Chef Wennink.

Was Anleger bei ASML derzeit zusätzlich umtreibt, ist die US-Regierung. Sie will die Niederländer davon überzeugen, Kunden in China nicht weiter mit Anlagen der DUV-Lithografietechnologie zu beliefern. Weil DUV nicht mehr die neueste Technologie darstellt, lehnt ASML-Lenker Wennink den Exportstopp jedoch ab.

Mit Blick auf die weltweit umfangreichen staatlichen Förderungen des Kapazitätsausbaus in der Chipindustrie erwartet ASML mittelfristig, dass sich der Halbleiteranteil in vielen Produkten vervielfacht - und damit eine hohe Nachfrage für seine Anlagen.

Chance: Wegen der Kürzung der Prognose geriet die Aktie unter Druck. Langfritig beflügeln Auftragslage und gute Perspektiven.