Negativzinsen statt auskömmlicher Renditen - wegen der Geldpolitik wichtiger Notenbanken rund um den Globus kämpfen Anleger bei Staatsanleihen derzeit mit dem Problem, womöglich von vornherein Geld zu verlieren. Dividenden gelten daher als die neuen Zinsen. Da es gerade im Ausland etliche Gesellschaften gibt, die ihren Aktionären hohe Dividendenrenditen offerieren, lohnt sich ein Blick über die Grenzen. Doch mancher Anleger macht seine Kalkulation, ohne auf die Steuern zu achten. Das entpuppt sich schnell als teurer Fehler.

Denn dem Zugriff des deutschen Fiskus entgeht man auch mit ausländischen Geldanlagen nicht. Schließlich ist die Steuerpflicht in Deutschland an den Wohnsitz des Anlegers geknüpft und nicht an das Herkunftsland seiner Erträge. Wer hier wohnt, zahlt hier auch auf seine Geldanlagen Steuern, selbst wenn die Erträge aus ausländischen Aktien stammen. Seit 2009 gilt die Abgeltungsteuer mit folgenden Regeln: Nach Ausschöpfen des Sparerpauschbetrags von 801 Euro pro Person und Jahr werden 25 Prozent auf realisierte Kursgewinne sowie auf Dividenden fällig - plus Soli-Zuschlag und eventuell Kirchensteuer.

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Arbeit mit Auslandsdividenden

Wer sein Depot in Deutschland führt, bei dem kümmert sich die Depotbank direkt bei Gutschrift der Erträge um den Einbehalt der Abgeltungsteuer. Im Idealfall muss der Anleger seine Kapitaleinkünfte nicht mehr in der Steuererklärung angeben. Wertpapiererträge und Kursgewinne aus einem Auslandsdepot müssen deutsche Steuerzahler hingegen weiterhin vollständig über die Einkommensteuererklärung abrechnen. In ausländischer Währung ausgezahlte Erträge werden dazu mit dem Wechselkurs am Fälligkeitstag in Euro umgerechnet.

Trotzdem wird es für Anleger schnell ungemütlich, wenn bei ausländischen Dividenden nebeneinander Abgeltungsteuer und Quellensteuer berechnet werden. Sofern der ausländische Staat von einer Dividende Quellensteuer abgezwackt hat, rechnet die inländische Depotbank sie zwar automatisch auf die deutsche Abgeltungsteuer von 25 Prozent an - aber grundsätzlich nur bis zu einem Satz von maximal 15 Prozentpunkten. Das gilt jedoch nur, wenn die Staaten ausländischen Investoren keine Ermäßigung ihrer Quellensteuer offerieren. Solche Ermäßigungsansprüche müssen deutsche Anleger nämlich auf eigene Faust im Ausland durchsetzen. Informationen, Adressen und Formulare dazu gibt es beim Bundeszentralamt für Steuern in Bonn (www.bzst.de).

Noch etwas kommt hinzu: Das Quellensteuerregime ist von Land zu Land unterschiedlich. In manchen Ländern mahlen die Mühlen der Erstattungsbürokratie besonders langsam, und oft fallen Kosten für die Erstattungsanträge an. "Anleger sind gut beraten, diese Aspekte bei der Auswahl ihrer Papiere zu berücksichtigen", rät Steuerberater Dirk-Ralf Gloger von RBS Roever Broenner Susat aus Frankfurt, "sonst ist die Enttäuschung schnell groß."

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Einfach oder schwierig

Um sich von vornherein Ärger zu ersparen, ist es ratsam, Aktien aus den Ländern mit einfachem System auszuwählen - oder die Quellensteuer gleich als Kosten zu betrachten. Kleinsparer mit Gesamterträgen unterhalb des Sparerpauschbetrages von 801/1602 Euro (Ledige/Verheiratete) müssen die Quellensteuern ohnehin als echten Kostenfaktor einkalkulieren und geringere Renditen nach Steuern in Kauf nehmen. Vergleichsweise einfach haben es deutsche Anleger in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, der Schweiz oder den Niederlanden. Lieber einen Bogen macht man unter steuerlichen Aspekten um Dividenden aus Italien, Spanien und Frankreich.

Und so laufen die Verfahren in wichtigen Ländern im Detail ab: Der reguläre Quellensteuersatz auf Dividenden beträgt in den USA 30 Prozent. Davon werden 15 Prozent auf die deutsche Abgeltungsteuer angerechnet - die übrigen 15 Prozent holt man sich über die Abgabe einer US-Steuererklärung mühsam zurück. Es geht aber auch viel leichter: Hat die eigene Depotbank gegenüber den US-Steuerbehörden den Status eines "Qualified Intermediary", behalten die Amerikaner von vornherein nur den ermäßigten Satz von 15 Prozent ein. Und die werden in voller Höhe auf die deutsche Steuerschuld angerechnet. Die deutsche Depotbank zieht dann nur noch die fehlenden zehn Prozentpunkte Abgeltungsteuer ab und schreibt die Nettodividende gut. Tipp: Anleger sollten ihre Depotbank vor einem Aktienkauf fragen, ob sie die Voraussetzungen für die Quellensteuerermäßigung erfüllt; bei den wichtigen Banken und Brokern ist das der Fall.

Dass es einfacher geht, zeigt Großbritannien: Bereits seit 1973 verzichten die Schatzkanzler der Queen bei Dividendenzahlungen heimischer Firmen auf jegliche Quellensteuerabzüge für ausländische Aktionäre. Das macht das Geldverdienen für deutsche Investoren auf der Insel leicht - die üppigen Dividenden britischer Bluechips fließen ohne lästige Formalien aufs heimische Konto. Die deutsche Abgeltungsteuer von 25 Prozent fällt natürlich an.

Nicht gerade zurückhaltend zeigt sich die Schweiz: Mit satten 35 Prozent Verrechnungssteuer genehmigt sie sich einen ordentlichen Anteil von den Dividenden Schweizer AGs, die ins Ausland fließen. Davon bekommen deutsche Anteilseigner 15 Prozent auf ihre heimische Steuerschuld angerechnet. Die restlichen 20 Prozent müssen sie sich von den Schweizer Behörden erstatten lassen. Da die eidgenössische Steuerverwaltung aber verlässlich wie das sprichwörtliche Schweizer Uhrwerk tickt, hat man hier meistens nach wenigen Wochen seine überzahlte Quellensteuer zurück.

Auch Norwegen langt mit einem Quellensteuerabzug von 25 Prozent ordentlich hin - und davon erhalten deutsche Anleger von ihrer Depotbank nichts angerechnet, sondern obendrein noch 25 Prozent Abgeltungsteuer abgezogen. Entweder beantragt man gleich eine sogenannte "shielding deduction" und holt sich die 25 Prozent Quellensteuer aus Norwegen zurück. Oder man verlangt nur eine Rückerstattung von zehn Prozent - und lässt sich die verbliebenen 15 Prozent Quellensteuer über die eigene Steuererklärung vom deutschen Fiskus anrechnen. In jedem Fall arbeiten die norwegischen Steuerbehörden zügig und zuverlässig.

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Komplikationen und Kosten

In Italien sollten Anleger viel südländische Gelassenheit mitbringen. Der italienische Fiskus zwackt seit Juli 2014 von jeder Dividendenzahlung 26 Prozent Quellensteuer ab. Davon rechnet die hiesige Depotbank aber nur 15 Prozent an. Die restlichen elf Prozent müssen deutsche Aktionäre innerhalb von vier Jahren nach Dividendenzahlung vom italienischen Fiskus zurückfordern. "Die Bearbeitung dauert oft ewig", weiß Steuerberater Gloger. "Sogar zehn Jahre Wartezeit sind keine Seltenheit."

Enorm bürokratisch geht es auch in Frankreich zu. Gleich 30 Prozent Quellensteuer werden bei Dividendenzahlung fällig - davon werden 15 Prozent auf die Abgeltungsteuer angerechnet. Die anderen 15 Prozent muss man sich innerhalb von vier Jahren zurückholen. Doch das ist gar nicht so einfach.

Denn anders als in Italien lässt sich die Quellensteuerrückforderung in Frankreich nicht komplett in Eigenregie beantragen. Man kann zwar das Erstattungsformular selbst ausfüllen - aber die Steuerbehörden der Grande Nation bearbeiten Erstattungsanträge nur dann, wenn sie über die jeweilige Depotbank und Lagerstelle der Wertpapiere eingereicht werden. Direkt übersandte Anträge ignoriert Paris einfach. Die Depotbanken lassen sich ihre Mittlerrolle natürlich meist gut bezahlen. Kleinanleger sind gut beraten, die 15 Prozent Quellensteuer bei ihrer Renditeberechnung nach Steuern als Kostenfaktor einzuplanen - oder von französischen Aktien die Finger zu lassen.

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Spanischer Albtraum

Kompliziert und teuer ist es auch in Spanien. Das Land erhebt eine Quellensteuer von 21 Prozent auf Dividendenzahlungen. Aber diesen Einbehalt bekommen deutsche Anleger überhaupt nicht auf ihre heimische Steuerschuld angerechnet - mit teuren Folgen. Neben der spanischen Quellensteuer bekommt der Anleger von seiner Depotbank auch noch die volle deutsche Abgeltungsteuer plus Soli abgezogen. Die Steuerbelastung summiert sich so auf fast 48 Prozent. Von 100 Euro Dividende aus Spanien landen damit nur 52 Euro auf dem Konto des Anlegers.

Dabei sind Dividendenzahlungen spanischer AGs für deutsche Anleger bis 1500 Euro eigentlich von der Quellensteuer befreit. Das bedeutet aber für in Deutschland ansässige Depotbanken, dass sie bei Erhebung der deutschen Abgeltungsteuer keine spanische Quellensteuer anrechnen dürfen. Da der Fiskus dort aber zunächst nicht wissen kann, in welcher Höhe der einzelne Aktionär übers Jahr Dividenden kassiert, behält er erst mal munter Quellensteuer ein. Die überzahlte Steuer ist binnen vier Jahren in Spanien zurückzufordern. Es erwartet einen also viel lästige und ärgerliche Arbeit.

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