Noch Anfang Juli waren die Experten mehrheitlich davon ausgegangen, dass die Währungshüter in London die Zügel nicht lockern würden. Die Finanzmärkte haben sich inzwischen bereits weitgehend auf eine Zinssenkung eingestellt. Es wäre die erste seit den Zeiten der globalen Finanzkrise: Im März 2009 kappte die Bank of England im Kampf gegen eine Rezession den Leitzins auf das bis aktuell gültige Niveau. Experten befürchten, dass durch das Austrittsvotum eine neue Schwächephase der britischen Wirtschaft droht.

Der als künftiger Finanzminister gehandelte Außenamtschef Philip Hammond will der heimischen Finanzwirtschaft den Zugang zum EU-Binnenmarkt trotz des Brexit-Votums erhalten. Dieser sei von "entscheidender Bedeutung" für die Banken, betonte er vor Branchenvertretern. Hammond fürchtet, dass viele Finanzunternehmen andernfalls in andere europäische Städte wie Paris, Frankfurt, Dublin oder Luxemburg abwandern könnten.

Hammond gilt als Favorit auf die Nachfolge des aktuellen Finanzministers George Osborne, der als enger Verbündeter des scheidenden Premierministers David Cameron gilt. In Medien wird darüber spekuliert, dass Osborne bald sein Amt aufgibt. Theresa May sollte noch im Laufe des Tages das Amt von Cameron übernehmen und rasch ihr Kabinett vorstellen. Cameron hatte wegen des Votums der Briten für einen EU-Abschied seinen Rücktritt verkündet.

Als erste hatten die Immobilienfonds auf der Insel die Folgen des Referendums zu spüren bekommen, da verunsicherte Investoren ihr Geld verstärkt abzogen. Betroffen war auch das Unternehmen Aberdeen Asset Management, das seinen mehrere Tage vom Handel ausgesetzten britischen Immobilienfonds nun wieder öffnete.

Der 3,2 Milliarden Pfund schwere Fonds stehe den Anlegern erneut zur Verfügung, teilte Aberdeen mit. "Der Markt wird wohl einige Zeit brauchen, um sein Niveau zu finden", sagte Aberdeen-Chef Martin Gilbert. Der Fonds stellt sich darauf ein, einige Vermögenswerte zu verkaufen, um Auszahlungsforderungen der Kunden nachzukommen.