Am deutschen Aktienmarkt läuft es inzwischen längst nicht mehr so rund wie noch von Mitte Oktober bis Mitte April, als die Kurse förmlich explodierten. In den vergangenen Wochen hat der deutsche Leitindex bis jetzt jedenfalls rund zehn Prozent an Wert verloren. Bildlich dokumentiert wird die verschlechterte Stimmung unter den Anlegern durch den vollzogenen Rutsch unter den mittelfristigen Aufwärtstrend.

Geht es nach den Analysten beim Bankhaus Lampe, dann sollten sich Investoren zunächst auch weiterhin defensiver positionieren. Zur Begründung wird unter anderem auf leicht fallende oder bestenfalls stagnierende konjunkturelle Frühindikatoren verwiesen. Der Marktausblick für die nächsten Quartale beinhaltet zudem die Prognose erhöhter Kursschwankungen einerseits sowie eine breite Seitwärtsbewegung andererseits.

Gerechnet wird mit insgesamt positiven, aber lediglich überschaubaren Aktienrenditen. Favorisiert werden sollten die Gewinner von anhaltenden Minizinsen und Aktien, die sichere und hohe Dividendenrenditen bieten. Das hat auch damit zu tun, dass die hauseigenen Volkswirte keine Fortsetzung des jüngsten Renditeanstiegs bei den deutschen Zinsen erwarten. Werte, die von anhaltenden Niedrigzinsen profitieren, hätten zuletzt über Gebühr gelitten. Dies biete Einstiegschancen, etwa bei Immobilienwerten, deren Dividendenrendite relativ hoch und relativ sicher sei.

Konjunkturell sei keine globale Wachstumsbeschleunigung zu sehen. Vielmehr drohten auf den Exportmärkten in China und auch in den USA sogar taktische Risiken. Das Konsumwachstum in Europa sei nicht stürmisch, aber die Erwartungen auch nicht überambitioniert und können deshalb eher geschlagen werden als jene für das globale Wachstum. Das mache Titel mit einem höheren Euro-Konsum-Exposure interessant. Eine Euro-Aufwertung auf 1,16 Dollar, wie sie die Lampe-Volkswirte auf Sicht von zwölf Monaten erwarten, spreche auf mittlere Sicht ebenfalls für stärker Euroland-abhängige Werte. Auf Sektorebene werden ansonsten neben Immobilienwerten, Pharma, Medien und Persönliche & Haushaltsgüter bevorzugt.

Insgesamt dürfte es sich bis auf weiteres für einen Markt für Stockpicker handeln. Auf Basis dieser Annahmen haben die Lampe-Analysten eine Liste mit Aktien erstellt, auf die zum einen die erwähnten Top-down-Kriterien zutreffen und die zum anderen von den hauseigenen Analysten positiv eingeschätzt werden. Hinzukommen Werte, die, durch Sonderthemen geprägt und/oder einem eigenständigem Zyklus unterliegen. Von diesen Favoriten haben wir jene fünf Aktien herausgepickt, die zum Zeitpunkt der Drucklegung das größte Kurspotenzial aufwiesen. Der Abstand der aktuellen Notierungen zu den Kurszielen bewegt sich dabei von 23 Prozent bis 41 Prozent. Auf den nachfolgenden Seiten erfahren Sie, um welche fünf Werte es sich handelt.

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Lampe Deutschland-Favorit Nummer eins: LEG Immobilien AG (WKN: LEG111, 63,82 Euro, alle Kurs- und Bewertungsangaben beziehen sich auf den Stand vom 08. Juni)



Der erste Favorit heißt LEG Immobilien AG und der MDAX-Vertreter hat sich in den vergangenen Wochen deutlicher von dem am 10. April bei 77,30 Euro markierten Hoch verabschiedet. Bankhaus Lampe Immobilienanalyst Georg Kanders veranschlagt den Wert des Unternehmens aber deutlich über den aktuellen Notierungen. Seinen Berechnungen zufolge ist das faire Kurs 80 Euro. Das lässt dem Titel theoretisch 25,3 Prozent Luft nach oben.

Die erst seit Anfang 2013 börsennotiert Gesellschaft litt zuletzt wie andere Immobilienaktien unter den steigenden Renditen bei den deutschen Bundesanleihen. Denn anziehende Marktzinsen sind keine guten Nachrichten für die Branche, so die Denke vieler Marktteilnehmer, weil dann die Finanzierung von Projekten künftig nicht mehr so günstig sein wird. Sollten steigenden Anleiherenditen allerdings ein Vorbote für eine anziehende Konjunktur sein, dann könnten dadurch die Geschäfte möglicherweise aber auch belebt werden.

Mit den vorgelegten Geschäftszahlen haben die zuletzt rückläufigen Notierungen jedenfalls wenig zu tun. Schließlich ist LEG Immobilien im ersten Quartal im operativen Geschäft prozentual zweistellig gewachsen. Nicht zuletzt dank deutlich höherer Mieterlöse kletterte das Betriebsergebnis um rund ein Viertel. Damit wurden die Marktschätzungen übertroffen. Konkret stiegen die Mieterlöse um 13,8 Prozent auf 107,3 Millionen Euro. Die in der Immobilienbranche gängige und viel beachtete Kennziffer FFO 1 (Funds from Operations, operatives Ergebnis im Kerngeschäft) legte um 25,4 Prozent auf 51,4 Millionen Euro zu. Analysten hatten hier nur 49,2 Millionen Euro gerechnet.

Für das Gesamtjahr wurde an der Prognose festgehalten, den FFO 1 auf 195 bis 200 Millionen Euro zu steigern und im kommenden Jahr auf 223 bis 227 Millionen Euro. Wobei in diesen Vorhersagen noch keine Effekte aus geplanten Akquisitionen berücksichtigt sind. Bei der Hauptversammlung am 25. Juni soll an die Aktionäre eine Dividende von 1,96 Euro je Aktie ausgeschüttet werden.

Analyst Kanders gefällt bei dem Unternehmen die aus seiner Sicht hohe Effizienz in der Immobilienverwaltung. Der vorhandene operative und finanzielle Hebel verspreche zudem ein solides operatives Ergebniswachstum. Begünstigt durch Zukäufe seien für 2015 und 2016 prozentual zweistellige Wachstumsraten zu erwarten. Das Verhältnis von Kurs zum Nettoinventarwert veranschlagt er auf rund 0,8 und die Bewertung im Vergleich zur Konkurrenz bezeichnet Kanders als günstig. Klingt nicht schlecht, wenn da aus dem charttechnischen Blickwinkel nicht der kurzfristige Abwärtstrend wäre.

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Lampe Deutschland-Favorit Nummer zwei: Bechtle AG (WKN: 515870, 66,66 Euro)



Im TECDAX enthalten ist mit der Bechtle AG der zweite Favorit. Anders als bei LEG Immobilien hat dieser Titel in den vergangenen Tagen relative Stärke gegenüber dem Gesamtmarkt demonstriert. Dabei ist es sogar gelungen, den kurzfristigen Abwärtstrend zu überwinden.

Möglicherweise lässt sich dieses Kursverhalten mit einem Großauftrag erklären, den der IT-Dienstleister bei Volkswagen an Land gezogen hat. Denn das Volumen des über vier Jahre laufenden Vertrages liegt im hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich und es ist der bisher größte Auftrag dieser Art für das Unternehmen. Eventuell hat dieser Erfolg manche Markteilnehmer zu der Folgerung gebracht, das bis 2020 ausgegebene Ziel der Gesellschaft, den Jahresumsatz auf rund fünf Milliarden Euro in etwa zu verdoppeln, könnte realisierbar sein.

Auch im laufenden Geschäftsjahr rechnet das Unternehmen, das Firmen beim Einrichten und Managen von IT-Systemen hilft und als zweites Geschäftsfeld einen Online-Handel mit IT-Produkten betreibt, mit einem deutlichen Wachstum bei Umsatz und Ergebnis. Im ersten Quartal hat Bechtle den Umsatz um 6,1 Prozent auf 622,5 Millionen Euro erhöht und der Gewinn nach Steuern verbesserte sich um 6,3 Prozent auf 15,7 Millionen Euro.

Wolfgang Specht hebt positiv die Positionierung in strukturellen Wachstumsmärkten und die gute internationale Diversifizierung hervor. Eine starke Bilanz und zunehmender Druck bei kleinen und lokalen Wettbewerbern eröffne zudem Konsolidierungschancen. Den Bewertungsabschlag gegenüber Vergleichsunternehmen beim Verhältnis von Unternehmenswert zum Gewinn vor Steuern und Zinsen beziffert er für 2015/16 auf vier bis acht Prozent. Das KGV für 2015 gibt er mit 15,2 an und das Kursziel mit 82 Euro. Damit ergibt sich rein rechnerisch ein Potenzial von 23,0 Prozent.

Auf Seite 4: Lampe Deutschland-Favorit Nummer drei: K+S AG





Lampe Deutschland-Favorit Nummer drei: K+S AG (WKN: KSAG88, 27,986 Euro)



Mit der K+S AG befindet sich auch ein DAX-Mitglied unter den fünf Lampe-Favoriten mit dem größten Kurspotenzial. Die Luft nach oben hat sich auch hier zuletzt vergrößert, nachdem die Kurse jüngst nachgegeben haben. Bei einem auf 38 Euro bezifferten Kursziel beträgt der Abstand 35,6 Prozent.

Allerdings hat der Titel kürzlich den mittelfristigen Aufwärtstrend unterschritten, was charttechnisch als Warnsignal zu interpretieren ist. Diese Entwicklung konnte auch nicht durch eine Anfang Juni veröffentlichte Meldung verhindert werden, wonach der Düngemittel- und Salzhersteller bei seinen Expansionsplänen in Kanada vorankommt. Der Bau der neuen Umschlags- und Lageranlage für Kaliprodukte im Hafen von Vancouver habe begonnen, hieß es. Die Fertigstellung der neuen Umschlags- und Lageranlage ist für Ende 2016 vorgesehen und insgesamt sollen in das neue Kaliwerk drei Milliarden Euro investiert werden.

Im ersten Quartal hat K+S ein starker Dollar, die Erholung der Kalipreise, Einsparungen und höhere Preise für Auftausalz in Nordamerika zu einem guten Jahresstart verholfen. Von Januar bis März kletterten die Erlöse um 16 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (EBIT I) legte um 44 Prozent auf 317 Millionen Euro zu und das operative Ergebnis um 44 Prozent auf 317 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr wird weiterhin ein deutlich höheres operatives Ergebnis und bereinigtes Konzernergebnis in Aussicht gestellt. Auch weil die Erwartungen an die Ergebnisentwicklung bereits sehr hoch waren, gingen von dem Zahlenwerk letztlich aber keine positiven Kursimpulse aus.

Lampe-Analyst Marc Gabriel rät dennoch zum Kaufen. Er geht dank einer Erholung der Kalipreise und einem starken Salzgeschäft für 2015 von einer deutlichen Gewinnverbesserung aus. Gabriel bezeichnet K+S als Profiteur eines starken Dollar und bei der Ausschüttung rechnet er mit einer Rückkehr zur alten Quote von 40-50 Prozent des bereinigten Nettoergebnisses. Das KGV für 2016 beziffert er auf unter 13.

Auf Seite 5: Lampe Deutschland-Favorit Nummer vier: RTL Group S.A.





Lampe Deutschland-Favorit Nummer vier: RTL Group S.A. (WKN: 861149, 80,11 Euro)



Auf rund 20 Prozent seit Mitte April summieren sich inzwischen die Kursverluste bei der RTL Group. Auch dieser weitere MDAX-Vertreter hat dadurch seinen mittelfristigen Aufwärtstrend gebrochen und ist stattdessen in einem kurzfristigen Abwärtstrend abgedriftet. Inzwischen ist hier sogar die 200-Tage-Durchschnittslinie in Gefahr.

Kein frischer Kursschwung ging folglich auch von den im ersten Mai-Drittel vorgelegten Zahlen für das erste Quartal aus. Zwar profitierte Europas größte TV-Kette von einem starken deutschen Werbemarkt, auf der anderen Seite belasteten jedoch ein schwaches Frankreich-Geschäft und Umsatzrückgänge bei der Produktionstochter FreemantleMedia.

Konkret verharrte der Umsatz mit 1,31 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg leicht auf 194 Millionen von 191 Millionen Euro im Vorjahr, blieb damit aber hinter dem Analystenkonsens von 203 Millionen Euro zurück. Den Ausblick für 2015 bestätigte die Bertelsmann-Tochtergesellschaft.

Lampe-Analystin Alexandra Schlegel hebt lobend hervor, dass RTL den Trend hin zu Online-Video klar erkannt und eine entsprechende M&A-Strategie (Multi Channel Networks, programmierte Online Videowerbung usw.) eingeleitet habe. Die erwartete Erholung der europäischen Wirtschaft sollte der in acht europäischen Ländern aktiven Gesellschaft zu Gute kommen.

Als kurzfristige Katalysatoren setzt sie auf Akquisitionen sowie Reduktion der ungarischen Mediensteuer von 50 Prozent auf fünf Prozent. Positiv sei zudem ein niedriges Verhältnis von Nettoverschuldung zum Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen. Die für 2015 auf rund 4,9 Prozent bezifferte Dividendenrendite sei außerdem eine der besten im Mediensektor. Als Kursziel gibt Schlegel 110 Euro vor, was 37,3 Prozent über den derzeit gültigen Notierungen liegt.

Auf Seite 6: Lampe Deutschland-Favorit Nummer fünf: Deutsche Annington Immobilien SE





Lampe Deutschland-Favorit Nummer fünf: Deutsche Annington Immobilien SE (WKN: A1ML7J, 26,93 Euro)



Wieder aus dem MDAX kommt die dritte Empfehlung und es handelt sich wie bei LEG Immobilien mit der Deutsche Annington Immobilien SE um einen Vertreter aus der Immobilienbranche. Ebenso wie bei LEG haben die steigenden Anleiherendite auch dem Kurs der Deutschen Annington einiges an Performance gekostet. Für zusätzlichen Kursdruck sorgten aber auch Spekulationen um eine mögliche Kapitalerhöhung, was vom Unternehmen selbst zuletzt nicht ausgeschlossen wurde. Vom Hoch bei knapp 35 Euro ist die Notiz dadurch merklich abgerückt und das Chartbild hat sich somit natürlich verschlechtert.

Operativ sieht sich der Immobilienkonzern nach der Ende des Jahres eingefädelten milliardenschweren Übernahme von Gagfah aber weiter im Aufwind. Für das laufende Geschäftsjahr werden ein kräftiges Ergebnisplus und höhere Mieteinnahmen erwartet. Zudem rechnet die künftig unter dem Namen Vonovia SE firmierende Gesellschaft mit deutlich höheren Synergien als bisher. Bis Ende 2017 rechnet das Unternehmen mit Synergieeffekten von etwa 130 Millionen Euro. Bei Ankündigung des Zusammenschlusses wurden Synergien von 84 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

Für 2015 geht der Vorstand inklusive Gagfah neuerdings von einem FFO I von 530 bis 550 Millionen Euro aus, nach 286,6 Millionen Euro im Vorjahr noch ohne Gagfah. Die Mieteinnahmen sollen auf 1,35 bis 1,37 Milliarden Euro wachsen, nach knapp 790 Millionen Euro im Vorjahr. Im ersten Quartal ging es mit dem FFO I auf 115,7 von 61,9 Millionen Euro nach oben und je Aktie betrug das Plus 26,8 Prozent auf 0,33 Euro, wobei in den Zahlen die Ergebnisbeiträge der Gagfah für den Monat März enthalten sind. Der Nettovermögenswert stieg um gut 17 Prozent auf 28,35 Euro je Aktie. Die Leerstandsquote verringerte sich auf 3,4 Prozent nach 3,7 Prozent im Vorjahr.

Auch der zuständige Lampe-Analyst Kanders setzt auf höhere Synergien aus dem Zusammengehen mit Gagfah und den Refinanzierungsmix hält er für sehr ausgewogen. Für 2015 und 2016 rechnet Kanders mit einem relativ starken operativen Gewinnwachstum, was auch der Ausschüttung zu Gute kommen sollte. Wie bei LEG bewegt sich das Verhältnis von Kurs zum Nettoinventarwert bei rund 0,8. Als Kursziel werden 38 Euro genannt. Das liegt 41,1 Prozent über den aktuellen Notierungen.