Die Digitalisierung zieht in deutsche Amtsstuben ein - und nicht nur dort. Einer der großen Profiteure ist Bechtle. Nach einer starken Bilanz für das dritte Quartal erhöhte der IT- und Cloud-Dienstleister für den öffentlichen Dienst und mittelständische Firmen nun seinen Ausblick für 2020. Bei fünf bis zehn Prozent mehr Umsatz spricht Chef Thomas Olemotz beim Ergebnis vor Steuern von "mehr als zehn Prozent" Plus. Bisher galt: "mindestens fünf Prozent".

Einige Analysten hatten bereits bei den vorläufigen Quartalszahlen Ende Oktober über eine Anhebung der Prognose spekuliert. Das schob den Aktienkurs deutlich an.

Der IT-Dienstleister mit 12.000 Mitarbeitern in 14 europäischen Ländern fährt 35 Prozent der für 2020 auf 5,8 Milliarden Euro geschätzten Erlöse im öffentlichen Sektor ein. Damit profitiert Bechtle nicht nur von der stärkeren Nutzung von Homeoffice in den Unternehmen, sondern auch von der beschleunigten Digitalisierung an Schulen und in Verwaltungen: etwa über den Digitalpakt für Schulen für fünf Milliarden Euro und das auf zwei Milliarden taxierte Programm für digitales Lernen zu Hause.

Analyst Martin Jungfleisch von Kepler Cheuvreux erwartet "eine starke IT-Nachfrage aus dem öffentlichen Sektor in Deutschland und in anderen europäischen Ländern". Gut für den Konzern aus Neckarsulm, der sich auch auf Abo-Software via Cloud spezialisiert hat.

Zweistelliges Wachstum

Die Auswirkungen von Covid-19 beschleunigen auch das Firmenkundengeschäft. Bis 2022 erwartet Analyst Jungfleisch bei Umsatz und Gewinn pro Aktie daher jährliche Zuwächse von rund zehn Prozent. Bechtles profitableres Geschäft mit Verträgen für eine vollständige externe Verwaltung der IT einer Firma werde während der nächsten Jahre stärker zulegen als klassische IT-Dienstleistungen, so Jungfleisch. Gut für die Marge. Die IT-Systemdienstleistungen sind auf die deutschsprachigen Regionen in Europa fokussiert und liefern zwei Drittel der Erlöse. Bechtles E-Commerce-Sparte steht für das verbliebene Drittel des Umsatzes. Hier sind die Schwaben in Frankreich und im südlichen Europa stark. Konjunkturprogramme in diesen Ländern sollen im nächsten Jahr das Geschäft anschieben.

Regelmäßige Zukäufe sind ein zusätzlicher Faktor für den Ausbau des Geschäfts. Mit dem Kauf von mehr als 20 Firmen in fünf Jahren hat Bechtle seinen Anteil im europäischen Markt auf aktuell vier Prozent stark erhöht. Der Kauf der französischen Immac WStore mit 420 Millionen Euro Umsatz und 400 Mitarbeitern im Jahr 2018 war der bisher größte Deal. Für Zukäufe stehen dem MDAX-Konzern Schätzungen zufolge aktuell 600 Millionen Euro zur Verfügung. Bechtle könnte sich deshalb auch große Übernahmen leisten, meint Analyst Jungfleisch.

Impuls: Die höhere Gewinnprognose schiebt den Kurs der teuren Aktie an. Kursrückschläge sind möglich. Langfristig aussichtsreich.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 210,00 Euro
Stoppkurs: 130,00 Euro