Lange dämmerte Deutschlands Immobilienmarkt im Dornröschenschlaf vor sich hin. Doch der durch die niedrigen Zinsen bedingte Anlagenotstand hat das geändert. Die Nachfrage nach Immobilien ist sprunghaft gestiegen. Private Käufer sind nicht nur an der Eigennutzung interessiert, sondern nutzen die Objekte auch zur Geldanlage und vermieten sie. Allerdings ist das nicht jedermanns Sache. Denn der Verwaltungsaufwand ist hoch. Bei Problemen verlangen die Mieter umgehend Lösungen. Zudem bringt eine Immobilie eine gewisse Standortverbundenheit mit sich. Doch in Form von Immobilienaktien und sogenannten Real Estate Investment Trusts (REITs) haben Investoren eine elegante Alternative zum direkten Immobilienkauf. Denn bei diesen Anlagevehikeln kümmern sich um die Arbeit Experten, die über mehr Sachkenntnisse verfügen als Laien. Das schützt zwar nicht vor Fehlinvestitionen, aber zumindest ist das Klumpenrisiko geringer als beim Erwerb einzelner Objekte.

In der Vergangenheit hat es sich gelohnt, in dem Segment mitzumischen. Zum Stichtag 30. Juni 2016 kommen globale Immobilienaktien auf Sicht von 20 Jahren auf ein Plus von 8,5 Prozent jährlich, gemessen am FTSE EPRA/NAREIT Developed Index. Der weltweite Branchenindex hat damit deutlich stärker zugelegt als globale Aktien, die laut dem Vermögensverwalter Brookfield Asset Management auf ein Plus von 6,2 Prozent kamen. Anleihen schafften fünf Prozent. Interessant ist in diesem Zusammenhang: Eigengenutzte Häuser sollen mit der Wertentwicklung börsennotierter Immobilienvehikel nicht mithalten können. Zumindest beziffert Albertis, Manager für alternative Investmentanlagen, den Gesamtertrag, der auf 20-Jahressicht mit US-Häusern zu erzielen war, auf lediglich 3,5 Prozent per annum.

Skeptiker sehen trotz der langfristig überzeugenden Wertentwicklung kurz- bis mittelfristige Risiken. Ernst zu nehmen ist vor allem der warnende Hinweis, dass Preise und Bewertungen inzwischen zum Teil ein hohes Niveau erreicht haben. Doch das rächt sich vermutlich erst dann, wenn eine Rezession die Käufernachfrage sinken lässt oder Anleihen bei steigenden Zinsen wieder gefragt sind.

Zwar müssen sich Anleger derzeit bei Immobilienaktien mit geringeren Dividendenrenditen als früher zufrieden geben. Die rund 3,5 Prozent, die der Dow Jones Global ex-US Select Real Estate Securities Index bietet, sind aber in Zeiten negativer Anleiherenditen verlockend. Zumal sich auch der Renditevorsprung zu zehnjährigen US-Staatsanleihen derzeit über dem historischen Schnitt bewegt. Übrigens muss sich bei Immobilienaktien und REITs die Sorge vor Kursverlusten wegen steigender Zinsen nicht zwangsläufig erfüllen. Während der jüngsten Zinserhöhungszyklen in den USA zogen sich die Branchenvertreter relativ gut aus der Affäre.

Gespannt warten Marktbeobachter indes darauf, was die Pläne von S&P Dow Jones Indices und MSCI bringen werden. Denn die Indexbetreiber wollen Immobilienwerte Ende August zu einem eigenständigen Sektorindex machen. Bislang zählen sie zum Finanzsektor. Das hat nach Ansicht von Experten dazu geführt, dass institutionelle Investoren den Bereich untergewichten. "Es gibt Schätzungen, wonach das zu einem Kapitalfluss in US-REITs von 100 Milliarden Dollar führen könnte, falls Fonds auf eine neutrale Gewichtung umstellen sollten", schreibt die UBS. Vor diesem Hintergrund ist die Ausgangslage für das Segment weiterhin gut. Laut der UBS sind die Nettoinventarwerte (NAV) plus Dividenden der Branchenvertreter aus den entwickelten Ländern schneller gestiegen als der FTSE EPRA/NAREIT Developed Index.



Studentenbuden und günstige Häuser



Auf dem US-Markt finden sich viele Titel mit intakten langfristigen Aufwärtstrends. Zudem ist der lokale Immobilienmarkt im Aufwind. Seit März 2009 gut unterwegs ist Education Realty Trust (EDR), ein Betreiber von Studentenwohnheimen. Die Unterkünfte des REITs sind fast komplett ausgebucht. Für 2016/17 winken Mietsteigerungen von 3,4 Prozent. Weil eine gute Ausbildung wichtig ist, um im Arbeitsleben erfolgreich zu sein, dürfte die Nachfrage hoch bleiben. Ein weiterer interessanter US-REIT ist Equity Lifestyle Properties, ein Betreiber von Mobilheim-Parks. Das ist zwar wenig glamourös, aber trotzdem attraktiv. Denn viele Amerikaner können sich einfach keine andere Bleibe leisten.

Aufwärtstrends gepaart mit Preisen, die inzwischen oft über den NAVs liegen, finden sich bei einigen deutschen Immobilienaktien. Etwa bei dem auf Berlin fokussierten Wohnimmobilienunternehmen ADO Properties. Doch wenn der Analystenkonsens Recht behält, der den NAV je Aktie 2019 bei fast 50,00 Euro sieht, dann ist die Bewertung gegenüber der Vorjahresbasis von 24,05 Euro deutlich vorteilhafter.

S Immo hat gerade etwas Kasse gemacht und Objekte in Berlin und Hamburg verkauft. Das Wiener Unternehmen, das in Deutschland, Österreich und in Zentral- und Südosteuropa aktiv ist, verbucht dadurch einen positiven Bewertungsbeitrag von 106 Millionen Euro. Im aktuellen Umfeld wäre eine Bewertung auf Höhe des auf rund 11,50 Euro zu taxierenden NAVs angebracht.

Besonders günstige Bewertungen finden sich derzeit in Asien. Allerdings dümpeln viele Werte oft charttechnisch vor sich hin. Wer sich daran nicht stört, kann zu Longfor Properties greifen. Der chinesische Immobilienspezialist bietet eine geschätzte Dividendenrendite von gut vier Prozent. Der Abschlag zum NAV beträgt mehr als 50 Prozent. Die Risiken des chinesischen Immobilienmarktes sind also schon zum großen Teil im Kurs enthalten. Zumindest sehen das Citigroup und BoAML so, die nach guten Halbjahreszahlen zum Kauf raten.