von Andreas Büchler




Chart 1 - Intradaychart auf Fünf-Minuten-Basis



Mehr als fünf Prozent kletterte der Deutsche Aktienindex zum Wochenende, ausgehend vom Tiefstkurs der laufenden Abwärtswelle bei 8354 Zählern, der erst vergangenen Donnerstag markiert wurde. Dabei zeigte er ein spezielles Verhalten, dass an der Börse dafür bekannt ist, mit extrem großer Wahrscheinlichkeit einen Richtungswechsel des Marktes einzuläuten. Anleger sollten dieses seltene Phänomen auf jeden Fall kennen und identifizieren können. Grafisch lässt es sich insbesondere am Kerzenchart der vergangenen drei Handelstage visualisieren (siehe Seite 4).

Die Kerzen (Candlesticks) zeigen den Eröffnungs-/Hoch-/Tief- und Schlusskurs eines jeden Tages. Schauen wir uns im Detail an, was passiert ist. Tag 1: Vor drei Tagen, am vergangenen Mittwoch, fielen die Notierungen extrem stark - erkennbar an einer langen roten Tageskerze (rot bedeutet in diesem Fall, der Schlusskurs liegt unter dem Eröffnungskurs). Tag 2: Am Folgetag, dem Donnerstag, ging es trotz des vorherigen Abwärtsschubes zuerst weiter stark nach unten - erkennbar an der langen "Lunte" unterhalb der Kerze, die bis zum Tiefstkurs bei 8354 Punkten reicht. Dieser finale Ausverkauf hielt aber nicht mehr an, bis zum Handelsende an. Starke Nachfrage ließ den DAX wieder deutlich steigen, bis fast an das Eröffnungsniveau des Tages.

Breits die isolierte Betrachtung dieses einzelnen Handelstages, dessen Kerze von Börsenexperten als "Hammer" bezeichnet wird, ist ein erstes positives Signal. Tag 3: Am Freitag startete der Index freundlich und baute seine Gewinne im Tagesverlauf massiv aus. Bis zurück an das Startniveau vom Mittwoch, als der scharfe Abverkauf begann. Die drei Kerzen zusammen werden von Candlestick-Profis in ähnlicher Form als "Morning Star" bezeichnet, und läuten mit einer stark überdurchschnittlich hohen Trefferquote eine Bodenbildung am Markt ein.

Ein weiterer Kursrutsch in die Zone der ehemaligen, langjährigen Allzeithochs bei 8000/8150 Punkten könnte dadurch vorerst abgewendet werden. Stattdessen geraten nun wieder potenzielle kurzfristige Abverkaufszonen oberhalb des aktuellen Kursniveaus in den Fokus, wenn Anleger ausloten wie weit sich der Markt nun vorübergehend erholen kann. Hierbei hilft der Intradaychart auf Fünf-Minuten-Basis, der eine erste mögliche Hürde bei rund 8860/8880 Punkten zeigt. Bis fast genau an diesen Widerstandsbereich erholte sich der Index zum Ausklang der Vorwoche.

Hier werden die Karten nun neu gemischt, eine Fortsetzung der Erholung ist zwar das wahrscheinlichere Szenario, doch so einfach wird der Verkaufsdruck in diesem Bereich nicht zu überwinden sein, zumal auch im längerfristigen Rückblick des Tagescharts hier eine Zone mit mehreren Wendepunkten erkennbar wird. In den vergangenen Monaten wurde der Index dort wiederholt gekauft, bis er schließlich nach unten durchgebrochen ist. Erreicht er diesen Kursbereich jetzt wieder, könnten mittelfristig orientierte Investoren die zweite Chance nutzen, um noch einmal mit einem blauen Auge aus dem einbrechenden Markt heraus zu kommen, bevor es weiter nach unten geht.

Das Verhalten der Marktteilnehmer im Bereich der 8900er-Marke wird daher entscheidende Indizien dafür liefern, wie es in den kommenden Tagen weiter geht. Wird auch oberhalb dieses Bereichs noch gekauft, ist Luft bis mindestens 9090/9270 Zähler. Hier lassen sich mehrere statistisch erprobte Kursziele ermitteln, die eine Erholung - zumindest vorüber gehend - stoppen können. Sowohl der Monatsmittelkurs (Gleitender Durchschnitt der vergangenen 21 Börsentage) als auch so genannte Fibonacci-Retracements liegen hier. Diese Korrekturziele für Gegenbewegungen nach starken Trends werden erreicht, wenn 38,2 sowie 50 und 61,8 Prozent der Abwärtsbewegung wieder nach oben kompensiert werden. Das erstgenannte Retracement verläuft schon knapp über der zuvor erwähnten 8900er-Marke, und verstärkt deren blockierende Wirkung dadurch (siehe Fünf-Minuten-Chart).

Chart 2 - DAX - Intradaychart auf Ein-Stunden-Basis



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Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %



Im Tageschart ist der Ausbruch unter die 8900er-Marke nun das zentrale Ereignis. Die dort erstmals seit Ende 2013 ausgebliebene Nachfrage lässt für die kommenden Wochen und Monate auf weitere Kursrückgänge schließen. Dabei sind Kursziele von 8500 und 8000/8150 Punkten realistisch. An der letztgenannten Marke verlief lange Zeit das Allzeithoch des Deutschen Aktienindex, sie ist in den Köpfen der Marktteilnehmer noch präsent. Wenn der Index erneut auf dieses Niveau zurück fällt, könnten viele langfristig denkende Anleger dies als zweite Einstiegschance sehen. Abwenden würde der Markt die negative mittelfristige Prognose nur, wenn er sich zügig und nachhaltig über die 8900 erholt. Ein kurzfristiger Anstieg über diese Zone ist zwar zu erwarten, doch von Dauer dürfte er aus heutiger Sicht nicht sein.





Chart 4 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie



Im Wochenchart ist der Aufwärtstrend gebrochen, hier ist Abwärtspotenzial erkennbar. Bevor die Kurse nicht mindestens 25 bis 35 Prozent unter die 200-Tage-Linie fallen, ist der Markt aus ganz langfristiger Sicht nicht als überverkauft zu sehen. Kursverluste bis an die 7500er-Marke, wo eine weitere Unterstützung liegt, sind aus dieser Perspektive durchaus möglich. Allerdings nur, wenn die 8900er-Marke nicht halten sollte. Derzeit ist dies noch offen, Anleger müssen noch nicht mit dem Schlimmsten rechnen.

Insbesondere aus dem übergeordneten Sichtwinkel wird erkennbar: Seit 2009 tendiert der Markt nach oben, und selbst Korrekturen wie der Mini-Crash in 2011 konnten den DAX nicht allzu lange vom Steigen abhalten. Diese Tendenz dürfte sich auch nach einer ausgeprägten Konsolidierung, wenn sie denn kommt, wieder fortsetzen.



Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis





Unterstützungen und Widerstände




























































Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.

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