Weltwirtschaft vor dem Abgrund? Schlagzeilen wie diese häufen sich. Noch steht meist ein Fragezeichen dahinter. Doch die gewachsenen geopolitischen Spannungen und der Handelskrieg zwischen den USA und China radieren kräftig daran. Die deutlichen Kursrückgänge an den Aktienmärkten seit Ende Juli sind ein erstes Zeichen. Zuletzt sorgte die Abwertung des chinesischen Yuan für Aufregung. Er ist nicht wie die anderen großen Währungen in den Devisenhandel eingebunden, der Preis kann von der kommunistischen Regierung über die Zentralbank auch willkürlich festgelegt werden. Die anderen Weltwährungen sind zwar nicht so offen zu manipulieren. Allerdings können die bedeutenden Zentralbanken durch gezielte Geldpolitik oder auch nur geldpolitische Rhetorik die Währungskurse ebenfalls in ihrem Sinne beeinflussen oder es zumindest versuchen.

Gegenentwurf zu Währungen


Der Bitcoin ist demgegenüber der krasse Gegenentwurf. Er kann nicht beliebig inflationiert werden, denn der Bitcoin-Code begrenzt die maximale Stückzahl auf 21 Millionen. Deshalb ist er grundsätzlich auch nicht manipulierbar. Das darf man nicht verwechseln mit versuchten Kursmanipulationen der großen Player durch zielgerichtete große Käufe oder Verkäufe. Denn natürlich können Bitcoin-Wale - also Adressen mit einem sehr großen Bitcoin-Bestand - den Preis zumindest kurzfristig bewegen. Vom Aktienmarkt kennt man das nicht anders. Das ist aber nicht vergleichbar mit den Manipulationen herkömmlicher Währungen durch zentralisierte Institutionen wie Regierungen oder Zentralbanken. Der Bitcoin ist ein dezentralisiertes, nicht manipulierbares Wertaufbewahrungsmittel. Wegen seiner strikten Begrenzung kann er nicht wie Dollar oder Euro beliebig vermehrt werden.

Der Dollar wird mittelfristig nicht nur wegen des an Bedeutung gewinnenden Yuan als Leitwährung und Wertaufbewahrungsmittel an Bedeutung verlieren. Neben Gold ist der Bitcoin der Gewinner dieser Entwicklung. Die schleichende Abkehr vom Dollar sucht nach Alternativen. In der Vergangenheit wurde der Bitcoin als digitales Gold oft belächelt. Das ist durchaus verständlich. Denn ein kleiner Klumpen Gold in der Hand ist immer noch etwas Handfesteres als der Zugangscode zu einer Kryptowährung, die sich irgendwo in der virtuellen Welt versteckt. Zumal diese, wenn man nicht aufpasst, auch noch durch Hacks geklaut werden kann. Bei Gold kann das aber ebenfalls passieren, dort nennt man es etwas altbacken Einbruch. Jedenfalls ist und bleibt der Bitcoin die weltweite digitale Leitwährung.

Negative Korrelation


Die schwachen Aktienbörsen gingen einher mit einem deutlichen Anstieg beim Bitcoin-Preis. Diese negative Korrelation des Bitcoin zu traditionellen Finanztiteln wird so bleiben. Der Bitcoin wächst immer mehr in seine Rolle als digitaler Wertspeicher. Er profitiert ähnlich wie Gold - das neue Sechseinhalbjahreshöchststände erreichte - von den zunehmenden Verunsicherungen an den traditionellen Finanzmärkten. Die Aktienkurse stehen in Anbetracht der Unsicherheiten sehr hoch. Die Immobilienpreise gelten vielfach als völlig überzogen. Die Sparer können für die nächste Zeit keine Zinsen erwarten, müssen sogar Negativzinsen befürchten. Eine mögliche Erhöhung des Negativzinses für freiwillige Bankeinlagen durch die Europäische Zentralbank im September würde den Bitcoin weiterhin beflügeln.

Von wegen junge Hüpfer


Vor Kurzem führte der Kryptofondsanbieter Grayscale eine Umfrage unter US-Investoren durch. Der New Yorker Vermögensverwalter hatte im Mai in einer Werbekampagne namens "Drop Gold" dafür plädiert, dass Anleger ihr Gold wegwerfen, um dafür in Bitcoin zu investieren. Natürlich mit dem Hintergedanken, dass diese Anleger dann in die Grayscale- Kryptofonds investieren. Dennoch sind die Ergebnisse der Umfrage interessant. Demnach erwägt ein Drittel aller Investoren eine Investition in Bitcoin. Das wären dann 21 Millionen Menschen allein in den USA. Erstaunlich ist auch das Durchschnittsalter der Interessenten: 42 Jahre. Man hätte sich eigentlich eher eine Zahl in den 20ern vorgestellt.

Wenn man bedenkt, dass weltweit bislang lediglich etwa 25 Millionen Menschen in Bitcoin und alternative Kryptowährungen investiert sein sollen, dürfte klar sein: In den kommenden Jahren wird sich die Zahl der Investoren in Kryptowährungen vervielfachen. Der Bitcoin als Leitwährung wird davon wohl auch künftig am meisten profitieren.

Derweil befinden sich Altcoins gegenüber dem Bitcoin weiter im Sinkflug. Der Kurs von Ripple hat sich seit Jahresbeginn gegenüber dem Bitcoin geviertelt, der von Ethereum mehr als halbiert. Während der Bitcoin in der vergangenen Woche um rund elf Prozent zulegen konnte, sind fast alle Altcoins mehr oder minder tief im Minus. Nur Monero zeigte mit knapp zehn Prozent eine vergleichbare Performance unter den großen Coins. Wann sich hier das Blatt wendet, ist nicht abzusehen. Als Konsequenz sollten sich die Anleger am Kryptomarkt deshalb momentan nur auf den Bitcoin konzentrieren. Coinpicking ist weiterhin nicht angesagt.