Der Weg der Commerzbank-Aktionäre bleibt beschwerlich. Gegen den kühlen Wind an diesem wolkenverhangenen Donnerstagmorgen kämpfen sie sich über das Messegelände. Bis zur Halle 11 ist es ein gutes Stück.

4000 bis 5000 Aktionäre sind heute zur Hauptversammlung der Commerzbank in Frankfurt gekommen. Für Bankchef Martin Blessing ist es die entspannteste Sitzung seit der Finanzkrise: Im Juli 2013, als die Aktie ihren Tiefpunkt erreichte, riefen nicht wenige nach seinem Kopf. Stellenabbau, endlose Umbauten, rote Zahlen, tiefe Verluste für die Aktionäre - die Commerzbank schien keinen Weg aus der Krise zu finden und der Rückhalt für ihren Chef bröckelte. "Wie lange noch, Herr Blessing?", lauteten manche Schlagzeilen. Die Antwort schien klar. Spätestens nach der Bundestagswahl im Herbst würde die Politik ihren Daumen über Blessing senken. Die Geduld des Großaktionärs Bund, der heute noch 17 Prozent der Anteile hält, sie schien vorüber.

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Unerwartete Trendwende

Seitdem hat sich das Blatt gewendet. Seit vergangenem Juli hat sich der Aktienkurs auf mehr als zwölf Euro verdoppelt, 2013 kehrte die Bank überraschend in die schwarzen Zahlen zurück. Blessing hat plötzlich Oberwasser. Auf der Hauptversammlung scherzt er über die Anfahrt zur etwas versteckten Messehalle. Er sei froh, dass die Aktionäre den langen Weg gefunden hätten. Er jedenfalls habe nach der Generalprobe am Vorabend eine kürzere Jogging-Strecke für heute Morgen gewählt.

Blessing hat Grund genug, gut aufgelegt zu sein: Erst gestern konnte er solide Zahlen für das erste Quartal 2014 verkünden. 200 Millionen Euro Gewinn, nicht viel, aber ein weiterer kleiner Schritt zurück nach oben. Das Privatkundengeschäft wächst, 43.000 neue Kunden allein in den ersten drei Monaten und der Abbau der faulen Wertpapiere in der internen "Bad Bank" geht schneller voran als erwartet.

"Wir haben geliefert, was wir versprochen haben, "sagt Blessing. "Und teilweise noch mehr." Er erntet Applaus. Ein wahrlich ungewohntes Bild: Noch bei der Sitzung vor einem Jahr wüteten die Aktionäre gegen die Kapitalerhöhung, die ihre Anteile verwässerte. Im Rückblick sei das eine gute Maßnahme gewesen, sagt Blessing. Wer sich an der Kapitalerhöhung beteiligt habe, habe einen Kursgewinn von 23 Prozent verbucht. "Das ist doch zynisch", ruft ein Aktionär aus dem Hintergrund. Noch vor wenigen Jahren lag die Aktie bei über 30 Euro. Blessing hat noch Überzeugungsarbeit vor sich.

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Kommt die Dividende?

Er setzt erneut an. "Die Commerzbank ist noch nicht am Ziel. Wir müssen uns auf Gegenwind einstellen." Der Konzernumbau schlage sich noch nicht ausreichend in den Zahlen wieder. Die Zinsen blieben niedrig, die Regulatoren auf Trab. Und dann kommt er zu einem schmerzhaften Thema für die Aktionäre: eine Dividende. Zum letzten Mal gab es die 2008. Eine halbe Ewigkeit.

Auch heute wolle er keine Ausschüttung versprechen. Doch immerhin macht Blessing etwas Hoffnung auf eine Zahlung - vorausgesetzt die Bank überstehe den baldigen Stresstest der EZB. Die Bank sehe sich für die Prüfungen gerüstet. "Dennoch ist heute unklar, wie die Commerzbank genau abschneiden wird. Erst wenn wir da Klarheit haben, können wir auch etwas zur Dividende sagen", sagt Blessing. Noch bei der Bilanzvorlage im Februar hatte er den Aktionären wenig Hoffnung auf eine Ausschüttung für 2014 gemacht. Trotzdem unterbrechen ihn Buhrufe.

Auf Seite 4: Eine Flasche Rotwein als Wette dagegen

Eine Flasche Rotwein als Wette dagegen

Klaus Nieding schlägt sich auf die Seite der Skeptiker. "Ich sehe keine Dividende vor dem Ende ihrer Amtszeit", sagt der Vizepräsident des Anlegerschutzverein DSW unter Gelächter. Das wäre 2016. "Dagegen wette ich um eine gute Flasche Rotwein." Blessing schweigt, noch möchte er nicht mitwetten. Auf den ersten Blick sehe das Ergebnis ja gut aus, kritisiert Nieding. Doch das operative Ergebnis sei 2013 gesunken, die Margen im Privatkundengeschäft blieben wegen der niedrigen Zinsen unverändert unter Druck, der schöne Vergleich zum Verlustquartal im Vorjahr trüge wegen Sondereffekten. Und dann sei da noch die "dilettantische" Abberufung zweier Vorstände. " Das geht doch nun wirklich eleganter als auf der öffentlichen Bühne", sagt Nieding. Immerhin habe sich der Hauptkonkurrent Deutsche Bank bei Personalfragen im Vorstand in den vergangenen Jahren auch nicht mit Ruhm bekleckert. "Aber man muss ja nicht alles zum Vorbild nehmen, was die Deutsche Bank macht." Nieding ist die Zustimmung sicher. Zumindest mit den Aktionären des Konkurrenten dürfte kaum jemand tauschen wollen.