Raus aus der Formel 1, rein in umweltfreundliche Antriebskonzepte. Als BMW-Boss Norbert Reithofer im Jahr 2009, mitten in der Finanzkrise, die neue Marschrichtung vorgab, erntete er Kopfschütteln. Premiummarke mit grünem Anstrich - ob das funktionieren würde?

Heute ist klar, dass die Bayern den richtigen Weg eingeschlagen haben. Im dritten Quartal legte BMW im Automobilgeschäft eine operative Rendite von 9,4 Prozent hin. Audi kam zuletzt auf 9,2 Prozent, Daimler in seiner Pkw-Sparte auf 8,6 Prozent.

Das operative Konzernergebnis (Ebit) lag zwischen Juli und September mit 2,56 Milliarden Euro klar über den Konsensschätzungen der Analysten von 2,03 Milliarden. Und das, obwohl der Konzern bei den Investitionen für die Elektroinitiative BMWi nicht gekleckert, sondern geklotzt hat: Das Produktionsnetzwerk für BMWi umfasst die Standorte Leipzig und Moses Lake in den USA, zudem Wackersdorf, Landshut und Dingolfing, wo Komponenten für den i3 und den i8 gefertigt werden. Insgesamt hat BMW allein 600 Millionen Euro in das i-Produktionsnetzwerk investiert und mehr als 1500 Arbeitsplätze geschaffen.

Die Kombination aus Leichtbauweise und emissionsarmen bis -freien Antrieben ist mittlerweile so etwas wie der Referenzstandard in der Branche. BMW war der erste Hersteller weltweit, der den CFK-Fertigungsprozess (die Abkürzung steht für carbonfaserverstärkter Kunststoff) für den wirtschaftlichen Einsatz im Automobilbau industrialisiert hat. "Carbonfasern sind ein Schlüsselmaterial für die Automobilindustrie des 21. Jahrhunderts", sagt Klaus Draeger, im BMW-Vorstand für den Einkauf und das Lieferantennetzwerk zuständig. In Moses Lake produzierte eine Tochter von SGL Carbon bis Sommer 2014 pro Jahr rund 3000 Tonnen Karbonfasern exklusiv für BMWi. Seit Kurzem sind zwei weitere Fertigungslinien in Betrieb, was die Kapazität auf 6000 Tonnen pro Jahr verdoppelte. Mittelfristig soll sie auf 9000 Tonnen steigen.

Für den Konzern stellt die i-Initiative die Speerspitze der Innovationskraft dar. Die entwickelten Technologien fließen sukzessive in die Serienfertigung der anderen Konzernmarken ein. Ein Beispiel ist die Einführung von Plug-in-Hybriden ab 2015 quer durch sämtliche Baureihen.

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Erwartungen leicht gedämpft

Die hohen Investitionen zahlten sich bereits aus. Bis einschließlich Oktober 2014 hat BMWi fast 13 000 Fahrzeuge abgesetzt, 12 184 BMW i3 und 760 BMW i8. Und das bei einem Verkaufspreis von mindestens 126 000 Euro für den BMW i8. Der Absatzerfolg hat aber zu höheren Ertragssteuern geführt, was im dritten Quartal mit einem leichten Rückgang des Nettogewinns um 1,2 Prozent auf 1,314 Milliarden Euro verbunden war. Zudem hat der Konzern die Absatzprognose für 2014 etwas zurückgeschraubt. Danach erwartet BMW nun noch ein Verkaufsplus "im mittleren bis hohen einstelligen" Prozentbereich, also einen Zuwachs von fünf bis neun Prozent. Noch zur Jahresmitte hatte Finanzvorstand Friedrich Eichiner neun bis zehn Prozent in Aussicht gestellt.

Für Aktionäre allerdings zählt, was unterm Strich rauskommt. Und hier steht die Ergebnisprognose für 2014, bekräftigte der Finanzchef. Demnach soll das Vorsteuerergebnis gegenüber dem Vorjahr um neun bis zehn Prozent zulegen. In den ersten neun Monaten 2014 hat BMW bereits ein Gewinnplus von 11,8 Prozent eingefahren.

Selbst wenn man wegen des bevorstehenden Abschlusses vieler Entwicklungsprojekte von hohen Kostenbelastungen im vierten Quartal ausgeht, sollte die Prognose erreicht werden. Unter diesen Voraussetzungen sind die Vorzugsaktien, die mit mehr als etwa 25 Prozent Abschlag auf die im DAX notierten Stämme gehandelt werden, klar unterbewertet. Wir belassen daher unser Kursziel für diese Aktiengattung bei 85 Euro, senken aber den Stopp leicht ab, auf 55 Euro, damit durch ein kurzfristiges Abrutschen unter die 60-Euro-Marke nicht gleich Verkaufsorders ausgelöst werden.

DS

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"Elektromobilität kurz vor dem Durchbruch"

Herbert Diess (56) verantwortet im BMW-Vorstand das Entwicklungsressort. Nach seiner Promotion auf dem Gebiet Fertigungstechnik an der TU München 1987 war der Maschinenbauingenieur zunächst für einige Jahre in verschiedenen Funktionen für den Autozulieferer Bosch tätig. 1996 wechselte er zu BMW, wo er zuerst die Langfrist- und Strukturplanung leitete, später unter anderem Werke in England und die Motorradsparte. Dem Konzernvorstand gehört er seit 2007 an.

Herr Diess, die Entwicklung des i3 und des i8 soll Medienberichten zufolge über sechs Milliarden Euro gekostet haben. Können Sie das bestätigen?
Nein, es war deutlich weniger. Ich bitte aber um Verständnis, dass wir grundsätzlich keine Auskünfte über die Entwicklungskosten geben.

Liegen die Verkäufe von i3 und i8 im Plan?
Absolut, der i3 geht auf die 13 000 Einheiten zu. Der i8 ist auf Monate ausverkauft, und wenn Sie im nächsten Jahr einen i8 wollen, wird es jetzt Zeit, einen zu bestellen.

Sind weitere BMW-i-Modelle in Planung?
Wir haben ja auf einigen Messen schon Ideen präsentiert: einen offenen i8 oder auch einen i3 als Coupé. Weitere Modelle sind denkbar, aber wir glauben, dass wir zunächst mit der aktuellen Fahrzeugpalette gut aufgestellt sind. Deren Vermarktung steht nun im Vordergrund. Dann werden wir entscheiden, wie es weitergeht. BMW-i wird mit Sicherheit hinsichtlich Nachhaltigkeit, Leichtbau, Carbonanwendung und Elektrifizierung weiterhin eine führende Rolle spielen.

Inwieweit hilft es Ihnen, dass Susanne Klatten mit ihrer Beteiligungsgesellschaft Skion zusammen mit BMW 44 Prozent an SGL Carbon hält? Schlagen sich die Eigentumsverhältnisse in den Einkaufspreisen für Kohlefasern nieder?
Nein, beide Unternehmen sind Aktiengesellschaften und für ihr Geschäft verantwortlich. Wir sehen es sehr positiv, dass SGL Carbon - genau wie wir - an die Zukunft dieses Werkstoffs glaubt und in die Weiterentwicklung investiert.

Welche Synergieeffekte von BMW-i nutzen Sie inzwischen auch für andere Modelle oder Konzernmarken wie Mini und Rolls-Royce?
Sämtliche Konzernmodelle profitieren von BMW-i. Als Beispiel seien die neuen M3 und M4 genannt, in denen ein hoher Anteil an Carbon verarbeitet wird. Unter anderem in der Heckklappe, im Dach und in der Antriebswelle. Die grundsätzliche Technologie der Batteriezellen, der Elektromotoren sowie der Leistungselektronik fließt in die Plug-in- Hybrid-Modelle ein, die in den nächsten Monaten und Jahren auf den Markt kommen. Die Plug-in-Technik wird ein wichtiger Schritt zur Reduzierung des CO2-Flottenausstoßes.

Der X5-Plug-in-Hybrid wird 2015 als erstes Fahrzeug dieses Konzepts in Serie gehen. Wird Plug-in auch in anderen Baureihen eingeführt?
Ja, Plug-in wird für unsere wichtigen Baureihen der wesentliche Stellhebel, um auch leistungsstarke Fahrzeuge deutlich unter 100 Gramm CO2 pro Kilometer zu bringen. Die Fahrfreude und Fahrdynamik eines BMW bleibt natürlich trotzdem erhalten.

VW hat mit dem Golf E ein - auch preislich - vergleichbares Modell wie den i3 am Start. Noch dazu mit drei Jahren Mobilitätsgarantie, die 30 Tage pro Jahr Zugriff auf ein konventionell angetriebenes Fahrzeug garantiert. Zudem bringt Kia den Soul EV auf den Markt, der 7000 Euro günstiger ist. Sehen Sie das unter dem Aspekt "Konkurrenz belebt das Geschäft" oder wird der Kuchen jetzt schon kleiner?
Im Gegenteil, der Kuchen wird größer. Wie die angesprochenen Fahrzeuge zeigen, steht die Elektromobilität kurz vor dem Durchbruch. Für BMW ist es zudem wichtig, dass die Ladeinfrastruktur funktioniert. Mit BMW ConnectedDrive, das in alle i-Modelle integriert ist, wird der Fahrer an eine freie Ladesäule geleitet, die er außerdem auch gleich buchen kann. Die Vernetzung ist daher ein wichtiges Kriterium, um die Mobilität mit einem Elektrofahrzeug zu sichern.

Ihr Kooperationspartner Toyota wird 2015 das Brennstoffzellenfahrzeug FCV in die Serie bringen. Werden wir in absehbarer Zeit auch einen BMW mit wasserstoffbetriebener Brennstoffzelle erleben?
Für die Zukunft der Elektromobilität ist Wasserstoff ein wichtiges Thema. BMW war schon immer stark in der Speicherung von Wasserstoff, und wir sind in der Entwicklung inzwischen so weit, dass wir in den nächsten Monaten unsere Ideen und technischen Konzepte dazu präsentieren können.

Interview: Dietmar Stanka

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