"Die Vergangenheit zeigt, dass Aktien zumindest über längere Zeiträume mehr Rendite bringen als andere Anlagen. Aber ich traue mich ganz einfach nicht, an der Börse zu investieren - vor allem aus Angst vor Verlusten. Was kann ich dagegen tun?"


Die Angst vor Aktien ist bei den meisten Menschen die Angst vor dem Unbekannten. Wir wachsen zwar mit dem Lottoschein auf, aber der Begriff Aktie kommt in den wenigsten Familien als Gesprächsstoff vor. Da wir unseren Umgang mit Geld und Risiko aber in früher Kindheit erlernen, bleibt so den meisten der Begriff Aktie auch als Erwachsener fremd. Und das bedeutet: Unser Gehirn reagiert, wie es immer reagiert, wenn wir etwas Unbekanntem begegnen - es signalisiert Gefahr. Wenn wir diesem psychologischen Erstimpuls folgen, wird alles, was diese Einschätzung bestätigt, wahrgenommen. Alles andere bleibt unter der Wahrnehmungsschwelle. Mit anderen Worten: Verlustnachrichten, Börsencrashs und Skandale bleiben haften. Hingegen erreicht uns nicht die für uns neue, positive Information: "Aktien bringen über längere Zeiträume mehr Rendite als andere Anlagen." Sie muss aber unseren emotionalen Teil des Gehirns erreichen, sonst hat sie keine Auswirkung auf unser Handeln. Wir brauchen einen offenen Blick, damit wir lernen, passende Angebote von solchen zu unterscheiden, die uns schaden können. Deshalb drei Tipps für den Umgang mit der Angst bei der ersten Investition:

  1. Auch die längste Reise beginnt mit einem kleinen Schritt: Auch wenn Sie langfristig anlegen wollen - die ersten Investments sollten Sie für einen kurzen Zeitraum planen. Das nimmt den Druck, gleich alles richtig machen zu müssen.
  2. Suchen Sie sich einen Sparringspartner für den Erfahrungsaustausch. Geldanlage ist anfangs komplex. Sie müssen ein Depot eröffnen, Geld einzahlen, die erste Aktie oder den ersten Fonds auswählen, den Kauf tätigen. Wer das noch nie gemacht hat, der steht davor wie der berühmte Ochs vorm Berg. Sprechen Sie darüber. Das motiviert dranzubleiben.
  3. Starten Sie mit kleinen Beträgen. Die meisten erfolgreichen Anleger haben klein angefangen. Selbst wenn Sie gerade frisch beschenkt wurden und einen ­größeren Betrag anlegen könnten, lohnt sich das Portionieren. Das nimmt die Spannung.

Bauen Sie sich jetzt noch sozusagen ein Geländer, an dem Sie sich festhalten können: Legen Sie Ihre Verlustschwelle fest. Das gibt Sicherheit und führt zu Ihrem ganz persönlichen Portfolio. Die bestmögliche Frage dazu lautet: "Investitionen können im Wert steigen oder sinken. Experten sagen oft, dass Sie bereit sein sollten, eine Wertminderung auszusitzen. Um wie viel dürfte der Gesamtwert Ihrer gesamten Investitionen sinken, bis Sie sich unwohl fühlen?"

Nehmen wir an, Sie antworten zehn Prozent. Nun stellt sich die Frage: Wie können Sie Ihre ganz persönliche Verlustschwelle in eine realistische Aktienquote übersetzen? Der Blick auf historische Zahlen - erhoben vom kanadischen Beratungsunternehmen Planplus Global - hilft, damit Sie ein Gefühl dafür bekommen. Grundlage ist ein Portfolio, in das zu 70 Prozent der Anleiheindex REX und zu 30 Prozent die Aktienindizes Eurostoxx beziehungsweise MSCI World eingehen. Hier gilt für die vergangenen knapp 50 Jahre: Die stärkste Wertminderung fand mit minus 12,8 Prozent in den 20 Monaten nach Januar 1973 statt, an zweiter Stelle liegen mit minus 10,4 Prozent die 13 Monate nach August 1989. Dann folgen die 16 Monate nach dem Oktober 2007 mit minus 9,2 Prozent.

Beachten Sie auch die Sprache: Wertminderung ist zutreffender als Verlust. Im besten Fall beobachten Sie nur. Verkaufen werden Sie, wenn die Zeit reif und Ihr Ziel erreicht ist. Dann sprechen wir von einem Gewinn. Wenn Sie jetzt sagen: Diese Wertminderungen kann ich angstfrei durchhalten, auch mal zwei, drei Jahre am Stück. Dann haben Sie den passenden Mix gefunden.

Aus der Angst vor Verlusten wird ein zu Ihnen passendes Navigationssystem für gute Anlageentscheidungen. Damit behalten Sie von Anfang bis Ende das Steuer in der Hand.

Monika Müller (57)
ist Diplom-Psychologin und eine Pionierin auf ihrem Feld in Deutschland. Die Geschäftsleiterin der Wiesbadener FCM Finanz Coaching ist spezialisiert auf psychologische Aspekte bei Finanzentscheidungen und Finanzberatung. Sie ist Kopf der FCM Finanzcoach Community, eine interdisziplinäre Gruppe von Menschen, die sich professionell mit Psychologie, Geld und Risiko beschäftigen und eine Coachingausbildung zum FCM Finanz Coach® bei Monika Müller absolviert haben.