Schwache Konjunkturdaten in den USA und China, dazu Währungsturbulenzen in Argentinien und der Kapitalabfluss in der Türkei: Weltweit gehen Investoren in Deckung, die Märkte sind unter Druck. Ist das nur eine überfällige Pause in einem zuletzt heiß gelaufenen Markt oder der Anfang vom Hausse-Ende? Wir haben sechs führende Marktexperten befragt. Die Antworten:

"Der Tiefpunkt des Jahres dürfte noch nicht erreicht sein"

Ralf Zimmermann, Aktienstratege vom Bankhaus Lampe






1. Weltweit sind die Aktienindizes in den vergangenen Tagen ins Rutschen gekommen. Wie erklären Sie sich diesen deutlichen Rückgang binnen weniger Tage?

Globale Investoren haben Carry-Trade Positionen aufgelöst. Das hängt vor allem mit der erhöhten Unsicherheit über die längerfristige Geldpolitik der Fed zusammen. In den letzten fünf Jahren konnten große globale Anleger fest davon ausgehen, dass die Fed ihnen auf lange Sicht Geld schenken wird. Dies hat die schuldenfinanzierte Jagd nach positiven Renditen weltweit getrieben, u.a. in Schwellenländermärkte hinein. Nun gibt es größere Fragezeichen über den langfristige Fed-Politik - und damit über die Finanzierungskosten der Carry Trades. Als Folge haben sich Anleger aus den höher verzinslichen Schwellenländeranleihen verabschiedet, was zu den Währungsverlusten führte.
Und natürlich kamen dann auch einzelne Ereignisse hinzu - vor allem der Absturz des argentinischen Pesos um 13 Prozent am 23. Januar, als Nachrichten um Aufstände von Unzufriedenen die Nachrichtenticker füllten. Dass am selben Tag der chinesische Einkaufsmanagerindex unter die psychologische Schwelle von 50 fiel, löste weitere Befürchtungen um Schwellenländer aus.


2. Ist das nur die längst überfällige Atempause in einem überhitzten Markt oder der Beginn einer längeren Korrektur?

Mit großer Wahrscheinlichkeit ersteres. Ein echter Crash ist dann möglich, sollte sich die Fed rasch "ohne Rücksicht auf Verluste" aus ihrer bisherigen Geldpolitik zurückziehen. Der Rückzug wird allerdings nur langsam und immer mit Blick auf die Kapitalmärkte vonstatten gehen. Das heißt bei größeren Verlusten vor allem am US-Aktienmarkt dürfte sich die Rhetorik der Fed ändern und sie wird versuchen, die langfristigen Fed-Erwartungen zu zementieren, um Zinserhöhungsängste zu brechen.


3. Aber insbesondere in den USA war die Wirtschaft zuletzt vor allem durch eine ungewöhnlich heftige Kältewelle gelähmt. Ist die Reaktion der Investoren hier nicht etwas übertrieben, weil die ausgefallenen Aufträge im Jahresverlauf womöglich nachgeholt werden?

Die Kursrückgänge sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass der S&P 500 2013 um 30 Prozent nach oben geschossen ist, obwohl die Gewinne der Firmen nur um fünf Prozent gestiegen sind. Die Kurse sind den Fundamentalfaktoren einfach zu weit vorausgelaufen; die Verluste waren daher überfällig. Es ist letztlich auch gesund, Anlegern in Erinnerung zu rufen, dass Aktien keine Einbahnstraße sind. Das waren sie nie und werden es auch nie sein.


4. Wie lange dürfte die aktuelle Schwächephase im DAX voraussichtlich anhalten und wie weit kann es noch runter gehen, bevor der deutsche Leitindex sich wieder stabilisiert?

Der Tiefpunkt des Jahres dürfte noch nicht erreicht sein, auch wenn sich die Situation kurzfristig in den Schwellenländern stabilisieren sollte. Es gibt auch in der Eurozone einige Ereignisrisiken in der ersten Hälfte, die zu fallenden Notierungen führen könnten. Dazu zählen das für den April zu erwartende Urteil des Bundesverfassungsgerichts über das Anleihe-Kaufprogramm der EZB. Im Mai finden Europawahlen statt, die zu einer breiten Protestwahl mutieren können und vereinzelte Kapitalabflüsse aus der Region auslösen könnten. Selbst wenn sich der Markt auf kurze Sicht stabilisiert, kann der DAX im zweiten Quartal auch noch mal sichtbar unter 9000 fallen.


5. Vor der Korrektur am Markt haben viele Beobachter im DAX auch die Marke von 10.000 Punkten für erreichbar gehalten. Knackt der DAX im laufenden Jahr noch die 10.000-Punkte-Marke und falls ja: In welchem Quartal?

Unser Jahresendziel 2014 für den DAX lag Ende November bei 9750; dabei bleibt es. Unsere Aussage damals war: Die erste Jahreshälfte wird schwächer als die zweite, die Gesamtjahresperfomance dürfte in der zweiten Hälfte gemacht werden. Auch dabei bleibt es. Wenn der die 10.000 knackt - was 2014 möglich, aber nicht sicher gestellt ist -, dann ist das eher für die zweite Hälfte zu erwarten.

"Schon bald interessante Einstiegschancen"

Carsten Klude, Aktienstratege von M.M. Warburg









1. Weltweit sind die Aktienindizes in den vergangenen Tagen ins Rutschen gekommen. Wie erklären Sie sich diesen deutlichen Rückgang binnen weniger Tage?

Nachdem die Kurse in den vergangenen Monaten fast nur eine Richtung, nämlich die nach oben, kannten, ist eine Konsolidierung nicht nur überfällig sondern auch gesund. Der schnelle Anstieg der vergangenen Wochen hat dazu geführt, dass viele Bewertungsmultiplikatoren ziemlich "ausgereizt" erschienen. Die meisten der nun angeführten fundamentalen Argumente für den Kursrückgang sind aus unserer Sicht wenig stichhaltig. Fast alle wichtigen Frühindikatoren signalisieren weiterhin, dass sich die Weltwirtschaft in den nächsten Monaten beleben wird. Der Rückgang der chinesischen Einkaufsmanagerindizes sollte nicht überbewertet werden, weil sie mittlerweile seit fast zwei Jahren um die 50-Punkte-Marke schwanken, ohne dass konjunkturell bisher eine wesentliche Verlangsamung festzustellen ist. Auch die US-Daten waren mit Ausnahme des jüngsten ISM eher konstruktiv; die regionalen Einkaufsmanagerindizes haben sich von der Tendenz sogar weiter verbessert. Die Schwierigkeiten in den Schwellenländern sind nicht neu, und unserem Eindruck nach differenzieren die Anleger zu wenig. So, wie noch vor 2 Jahren alles gut war, wo Schwellenland draufstand, ist nun alles negativ. Dies ist aber nicht die Realität, so dass wir davon ausgehen, dass sich hier schon bald interessante Einstiegschancen ergeben könnten. Derzeit halten wir aber unser Pulver trocken und investieren noch nicht in den Schwellenländern.


2. Ist das nur die längst überfällige Atempause in einem überhitzten Markt oder der Beginn einer längeren Korrektur?

Nach dem langen Kursanstieg, der im vergangenen Jahr ohne nennenswerten Rückschlag stattgefunden hat, dürfte die Konsolidierung durchaus ein paar Wochen Zeit in Anspruch nehmen. Aber solange sich das fundamentale Umfeld nicht deutlich eintrübt, sollte es sich nur um eine temporäre Entwicklung handeln.


3. Aber insbesondere in den USA war die Wirtschaft zuletzt vor allem durch eine ungewöhnlich heftige Kältewelle gelähmt. Ist die Reaktion der Investoren hier nicht etwas übertrieben, weil die ausgefallenen Aufträge im Jahresverlauf womöglich nachgeholt werden?

Der Rückgang des ISM und einiger anderer Indikatoren (vor allem Immobilienmarktdaten) dürften in der Tat auf das schlechte Wetter zurückzuführen sein. Dennoch wird man es erst mit den nächsten Veröffentlichungen genauer wissen. Da aber beispielsweise die regionalen Einkaufsmanagerindizes im Januar nicht eingebrochen sind, halten wir das Szenario einer Erholung in den nächsten Monaten für sehr wahrscheinlich.


4. Wie lange dürfte die aktuelle Schwächephase im DAX voraussichtlich anhalten und wie weit kann es noch runter gehen, bevor der deutsche Leitindex sich wieder stabilisiert?

Der DAX kann in der nächsten Zeit sogar unter die Marke von 9.000 Punkte fallen. Aus technischer Sicht ist die 200-Tage-Linie, die derzeit bei knapp 8.700 Punkten verläuft, eine wichtige Unterstützungsmarke, die nicht nachhaltig unterschritten werden sollte. Spätestens zu Beginn des 2. Quartals sollte die Konsolidierung aber beendet sein. Vor allem die Berichtssaison für das erste Quartal wird zeigen, ob die Unternehmen der Erwartung besserer Unternehmensgewinne gerecht werden können. Dies dürfte für die weitere Entwicklung im Jahr 2014 entscheidend sein. Ohne Unterstützung von den Unternehmensgewinnen wird es der Aktienmarkt schwer haben.


5. Vor der Korrektur am Markt haben viele Beobachter im DAX auch die Marke von 10.000 Punkten für erreichbar gehalten. Knackt der DAX im laufenden Jahr noch die 10.000-Punkte-Marke und falls ja: In welchem Quartal?

Die 10.000 Punkte-Marke ist aus unserer Sicht immer noch ein realistisches Ziel, das schon bis zum Sommer erricht werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Konjunktur und die Unternehmensgewinne mitspielen.

"Die 10.000-Punkte Marke im DAX bleibt auf der Tagesordnung"

Achim Matzke, Leiter Technische Analyse und Index-Research bei der Commerzbank









1. Weltweit sind die Aktienindizes in den vergangenen Tagen ins Rutschen gekommen. Wie erklären Sie sich diesen deutlichen Rückgang binnen weniger Tage?

Es handelt sich um ein Zusammenwirken von mehreren, marktbeeinflussenden Aspekten. In den letzten zwei Jahren war es in den führenden US-Aktienindizes wie zum Beispiel den S&P 500 und den Dow Jones Industrial, aber auch im DAX zu sehr ausgeprägten Kursgewinnen gekommen, wo es im Jahr 2013 zu keiner Kurskorrektur mit einem Kursrückgang deutlich über 10 Prozent gekommen war. Hierdurch war eine lang- und mittelfristig überkaufte Lage entstanden, die sich im Regelfall zurückbilden muss. Auch war der Optimismus der Marktteilnehmer, wie er mit verschiedenen Indikatoren gemessen wird, zu hoch. Hinzu kommen die Veränderungen in der US-Geldpolitik - Stichwort Tapering - , die auch in der Vergangenheit für höhere Marktschwankungen gesorgt hat. Zusätzlich werden auch die mittelfristigen Wachstumschancen in einigen Emerging Markets - nicht nur wegen der zuletzt aufgetretenen Währungsabwertungen - hinterfragt. Gerade diese Wachstumsperspektiven hatten in den letzten Jahren für viel Kursphantasie in einigen europäischen Sektoren sowie vielen Einzelwerten gesorgt. Darüberhinaus ist die Berichtssaison bei den europäischen Blue-Chips nur durchwachsen gestartet. Nicht vergessen werden sollte bei dieser Aufzählung aber auch die Schließung von so genannten Carry-Trades, die sich in den letzten Monaten durch die Kursschwäche des japanischen Yens ergeben hatten.


2. Ist das nur die längst überfällige Atempause in einem überhitzten Markt oder der Beginn einer längeren Korrektur?

Nimmt man alle Argumente zusammen, so sind die führenden, weltweiten Aktienmärkte wie der S&P 500, der Euro Stoxx 50, Nikkei 225, FTSE 100 oder der DAX zunächst in eine normale Konsolidierung hineingelaufen.


3. Aber insbesondere in den USA war die Wirtschaft zuletzt vor allem durch eine ungewöhnlich heftige Kältewelle gelähmt. Ist die Reaktion der Investoren hier nicht etwas übertrieben, weil die ausgefallenen Aufträge im Jahresverlauf womöglich nachgeholt werden?

Unser Meinung nach wäre es eine Überinterpretation, die einsetzende Konsolidierung am US-Aktienmarkt nur auf diesen einen Einflussfaktor, der sich im Laufe des Frühjahrs auch wieder relativieren sollte, zu reduzieren. Im Gegenteil: Die Gesamtlage der US-Wirtschaft und die Lage am US-Arbeitsmarkt haben sich ja deutlich verbessert. Dies findet sich auch in der ansprechenden US-Berichtssaison der dortigen Unternehmen wieder. Genau deshalb ist die US-Notenbank ja auch auf den Tapering-Pfad eingeschwenkt.


4. Wie lange dürfte die aktuelle Schwächephase im DAX voraussichtlich anhalten und wie weit kann es noch runtergehen, bevor der deutsche Leitindex sich wieder stabilisiert?

Mit dem Kursanstieg in den letzten zwei Jahren im DAX bis auf 9794 Punkte ist eine mittelfristig überkaufte Lage entstanden, die im Regelfall durch eine mittelfristige Konsolidierung abgebaut wird. Ein technische Konsolidierung liegt solange vor, wie der Index - vom vorherigen Hoch bei 9794 bis zu zehn Prozent zurückgeht. Deshalb wäre es bereits ein sehr positiver technischer Aspekt, wenn der DAX bereits die erste Unterstützungszone von 8950 bis 9000 verteidigen kann. Die nächste kräftige Unterstützungszone liegt bei etwa 8700 Punkten. Dort findet sich die steigende 200-Tage-Linie sowie der bereits seit 28-Monaten bestehende, beschleunigte Hausse-Trend, der im Oktober 2011 bei ca. 4965 Punkten startete. Einerseits sollte diese Konsolidierung von einer hohen Schwankungsintensität geprägt sein. Hierbei sollte es überraschen, wenn der DAX bereits im ersten Quartal 2014 versucht, die jetzt entstandene Widerstandszone im Umfeld der Höchstkurse um 9790 bis 9800 zu überwinden. Der Abbau der mittelfristig überkauften Lage benötigt mindestens mehrere Wochen.


5. Vor der Korrektur am Markt haben viele Beobachter im DAX auch die Marke von 10.000 Punkten für erreichbar gehalten. Knackt der DAX im laufenden Jahr noch die 10.000-Punkte-Marke und falls ja: In welchem Quartal?

Trotz der einsetzenden Konsolidierung, die wir erwartet haben, bleiben wir bei unserer Prognose, dass der DAX im Jahr 2014 den Bereich von 10.200 Punkten erreichen kann. In dieser Prognose findet sich die Erwartung wieder, dass die deutschen Aktien nicht wie in den vergangenen zwei Jahren, für die wir bezüglich des DAX, MDAX und TecDAX zu den optimistischsten Marktteilnehmern gehört haben, Kursgewinne im Bereich von 30 Prozent erzielen können. Unverändert bleibt die Attraktivität der - deutschen - Aktien im Vergleich zu anderen Finanzanlagemöglichkeiten wie zum Beispiel deutsche und internationale Anleihen gegeben. Die Marke von 10000 Punkten für den DAX sollte speziell auf der Börsen-Tagesordnung für das 2. Halbjahr 2014 stehen.

"Die Unsicherheit dürfte noch eine geraume Zeit anhalten"


Hans-Gerd Sonnenschein, Aktienmarktstratege bei der Postbank









1. Weltweit sind die Aktienindizes in den vergangenen Tagen ins Rutschen gekommen. Wie erklären Sie sich diesen deutlichen Rückgang binnen weniger Tage?

Es ist ein Zusammentreffen zahlreicher Fakten, die vielen Investoren mögliche Risiken aufgezeigt und sie zur Vorsicht gemahnt haben. Neben den Schwellenländern und China ist die sukzessive Reduzierung der Anleihekäufe durch die US-Notenbank zu nennen. Aber auch die Berichtssaison der Unternehmen in den USA und Europa konnte bisher nicht alle Erwartungen erfüllen. Besonders beim Ausblick blieben nach unserer Ansicht zu viele Vorstände eher vage. Nach den deutlichen Kursgewinnen der beiden letzten Jahre haben viele Investoren daher zunächst Gewinne mitgenommen. Die Reaktion fällt nach unserer Ansicht aber insgesamt zu deutlich aus. Vor allem die US-Notenbank dürfte mit Bedacht agieren und die wirtschaftliche Entwicklung in den USA bei ihren weiteren Schritten entsprechend berücksichtigen.


2. Ist das nur die längst überfällige Atempause in einem überhitzten Markt oder der Beginn einer längeren Korrektur?

Nach unserer Einschätzung ist es eine ausgeprägte Konsolidierung nach dem insgesamt deutlichen Kursanstieg, den die Börsen in den beiden letzten Jahren vollzogen haben. Allein der DAX hat in 2012 und 2013 mehr als 60 Prozent an Wert gewonnen. Wir bewerten diese Konsolidierung durchaus positiv. Zeigt sie uns doch, dass die Investoren die Börsenwelt nicht nur rosarot sehen. Sie sind bereit, mögliche Risiken wahrzunehmen und entsprechend vorsichtig zu agieren.


3. Aber insbesondere in den USA war die Wirtschaft zuletzt vor allem durch eine ungewöhnlich heftige Kältewelle gelähmt. Ist die Reaktion der Investoren hier nicht etwas übertrieben, weil die ausgefallenen Aufträge im Jahresverlauf womöglich nachgeholt werden?

Die Reaktion fällt gemessen an den Kursausschlägen sicherlich deutlich aus. Hier ist allerdings zu bedenken, dass aufgrund der niedrigen Renditen bei Anleihen und am Geldmarkt zahlreiche Anleger in Aktien investiert haben dürften, die nicht den versierten Aktionären sondern eher den ,unruhigen Händen' zuzurechnen sind. Diese dürften sich nach unserer Ansicht bei aufziehenden Gewitterwolken auch wieder schneller von ihren Engagements trennen. In den kommenden Monaten dürfte es durchaus zu gewissen witterungsbedingten Nachholeffekten zum Beispiel bei den Auftragseingängen in den USA kommen.


4. Wie lange dürfte die aktuelle Schwächephase im DAX voraussichtlich anhalten und wie weit kann es noch runter gehen, bevor der deutsche Leitindex sich wieder stabilisiert?

Die Unsicherheit dürfte noch eine geraume Zeit anhalten. Wie Sie schon anführten, können witterungsbedingt noch einige Konjunkturdaten schwächer als erwartet ausfallen. Auch äußern sich noch eine größere Zahl an Unternehmen, als dies die Einkaufsmanagerindizes oder der ifo Geschäftsklimaindex erwarten lassen, zu zurückhaltend über ihre Geschäftsaussichten in den kommenden Quartalen. Im Bereich der 9.000 Punkte-Marke sollte der DAX aber einen Boden ausbilden können und in einen volatilen Seitwärtstrend schwenken. Auf diesem Niveau erwarten wir eine Rückkehr der Schnäppchenjäger auf dem Parkett.


5. Vor der Korrektur am Markt haben viele Beobachter im DAX auch die Marke von 10.000 Punkten für erreichbar gehalten. Knackt der DAX im laufenden Jahr noch die 10.000-Punkte-Marke und falls ja: In welchem Quartal?

Nach unserer Einschätzung wird der DAX noch in diesem Jahr die Marke von 10.000 Punkten übertreffen. Dies dürfte im Verlauf des 3. Quartals der Fall sein.

"Die Dax-Marke von 10.000 sollte spätestens Anfang 2015 überschritten werden können"

Stefan Keitel, Global Chief Investment Officer bei Berenberg







1. Weltweit sind die Aktienindizes in den vergangenen Tagen ins Rutschen gekommen. Wie erklären Sie sich diesen deutlichen Rückgang binnen weniger Tage?

Das kam mit Ankündigung. Die Märkte haben zu viel vorweggenommen, was die fundamentalen Entwicklungen betrifft und gleichzeitig zu viele Risiken ausgeblendet. Die Fundamentaldaten müssen sich zunächst noch im Lichte des Konjunkturpfades entwickeln und risikoseitig leben wir defintiv nicht in einer risikolosen Welt, wie die jüngsten Entwicklungen in den Schwellenländern zeigen.


2. Ist das nur die längst überfällige Atempause in einem überhitzten Markt oder der Beginn einer längeren Korrektur?

Aus unserer Sicht eine längst überfällige Korrektur, auf die wir uns bereits im November letzten Jahres hin positioniert hatten. Wir gehen aber nicht von einer Trendwende zum Negativen aus, da der grundsätzliche Konjunkturpfad durchaus in Ordnung ist und nachhaltig sein sollte und die Unternehmensgewinne mit Zeitverzug ebenfalls aufschliessen sollten. Bewertungsmäßig sind Aktien demnach auch weiterhin zwar nicht mehr spottbillig, aber gut abgestützt. Dazu bleiben die Notenbanken unterstützend, die Renditen unter Kontrolle, die Zinsen nahe 0, was auch in 2014 den Anlagenotstand weiter aufrecht erhalten wird. 2014 sollte demnach erneut ein gutes Aktienjahr werden, allerdings mit weniger Potenzial und deutlicheren Schwankungen. Auch Teile der Schwellenländer sollten sich stabilisieren können, allen voran die asiatischen Märkte, speziell China.


3. Aber insbesondere in den USA war die Wirtschaft zuletzt vor allem durch eine ungewöhnlich heftige Kältewelle gelähmt. Ist die Reaktion der Investoren hier nicht etwas übertrieben, weil die ausgefallenen Aufträge im Jahresverlauf womöglich nachgeholt werden?

Derartige exogene Schocks beeinflussen zwar kurzfristig mal die Wachstumsraten, haben auf das grundsätzliche Börsengeschehen jedoch so gut wie überhaupt keinen Einfluss.


4. Wie lange dürfte die aktuelle Schwächephase im DAX voraussichtlich anhalten und wie weit kann es noch runter gehen, bevor der deutsche Leitindex sich wieder stabilisiert?

Durch die strammen Gewinne seit September 2011 hat sich ein visibles Korrekturpotenzial aufgebaut, was in Schüben abgearbeitet werden sollte. Wir gehen davon aus, dass die aktuelle Korrektur durchaus noch weiteres Abwärtspotenzial aufweist. Ein DAX von deutlich unter 9000 ist nach unserer Analyse durchaus möglich. Ein derartiger Rücksetzer würde jedoch eine gute nochmalige Einstiegsgelegenheit bringen. Da optimales Timing nicht möglich ist, würden wir in nochmalige Rücksetzer hinein die ersten neuen Positionen aufbauen.


5. Vor der Korrektur am Markt haben viele Beobachter im DAX auch die Marke von 10.000 Punkten für erreichbar gehalten. Knackt der DAX im laufenden Jahr noch die 10.000-Punkte-Marke und falls ja: In welchem Quartal?

Mit Blick auf den stabilen Konjunkturpfad, eine solide Liquiditätsversorgung sowie weiterhin fehlende Anlagealternativen sollte spätestens im 2. Halbjahr der Aktientrend wieder nach oben zeigen. Die Dax-Marke von 10.000 sollte spätestens Anfang 2015 überschritten werden können.

"Es kann durchaus heftig werden"

Dirk Müller, Börsenexperte und Gründer von www.cashkurs.com









1. Weltweit sind die Aktienindizes in den vergangenen Tagen ins Rutschen gekommen. Wie erklären Sie sich diesen deutlichen Rückgang binnen weniger Tage?

Diese Entwicklung war absehbar, denn die Korrektur war überfällig. Wir verweisen zur Begründung auf die Kapitalströme aus Asien. Aber das ist kein neues Problem, sondern hat sich schon lange abgezeichnet. Aus meiner Sicht hat die Entwicklung auch nichts mit dem Tapering der US-Notenbank zu tun, sondern vor allem mit der Konjunkturabkühlung in den Schwellenländern und mit den Kapitalströmen. Vor allem in Schwellenländern bekommen ausländische Investoren derzeit kalte Füße und ziehen ihr Geld ab. Da geht es um viele hundert Milliarden.


2. Ist das nur die längst überfällige Atempause in einem überhitzten Markt oder der Beginn einer längeren Korrektur?

Eine Atempause nach der Überhitzung war tatsächlich überfällig. Ob daraus nun eine längere Korrektur wird, kann man nicht vorhersagen. Aber klar ist auch: Es kann durchaus heftig werden. Beruhigt sich jedoch das Thema Kapitalströme, ist der Spuk aber genauso schnell wieder vorbei.


3. Aber insbesondere in den USA war die Wirtschaft zuletzt vor allem durch eine ungewöhnlich heftige Kältewelle gelähmt. Ist die Reaktion der Investoren hier nicht etwas übertrieben, weil die ausgefallenen Aufträge im Jahresverlauf womöglich nachgeholt werden?

Wetterkapriolen würde ich als zu vernachlässigenden Effekt abhaken. Die USA wächst, aber das Wachstum ist im Vergleich zum Defizit zu gering. Ein sehr viel wichtigerer Faktor ist die Entwicklung in den Schwellenländern. Sie stehen inzwischen für 50 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. In China kühlt die Wirtschaft derzeit stark ab. Da ist viel Zunder drin. Diese Abkühlung ist im Land sehr viel stärker zu spüren als bei uns. Auch in anderen wichtigen Schwellenländern wie etwa Südafrika sieht es derzeit nicht allzu rosig aus. Oder nehmen Sie die Türkei mit ihren Unruhen. Das alles sorgt derzeit an den Märkten für Vorsicht.


4. Wie lange dürfte die aktuelle Schwächephase im DAX voraussichtlich anhalten und wie weit kann es noch runter gehen, bevor der deutsche Leitindex sich wieder stabilisiert?

Wenn sich die Lage beruhigt und der Kapitalabzug ausläuft, wird der DAX sich bei 8700 und 9000 Punkten stabilisieren und den Aufwärtstrend wieder aufnehmen. Fällt der Index aber unter 8700 Punkte, wäre das eine Trendumkehr. Dann dürfte es noch weiter runter gehen. Beides ist möglich.


5. Vor der Korrektur am Markt haben viele Beobachter im DAX auch die Marke von 10.000 Punkten für erreichbar gehalten. Knackt der DAX im laufenden Jahr noch die 10.000-Punkte-Marke und falls ja: In welchem Quartal?

Möglich ist das. Nach dem Kursplus von 25 Prozent im DAX im Vorjahr haben viele Anfang Januar nur noch gefragt: Wie viel setzen wir 2014 noch drauf? Das war beunruhigend. Denn wenn sich alle einig sind, dass es aufwärts geht, sind alle investiert. Dann kann es eigentlich nur noch abwärts gehen.