Unvergessen sind die Prophezeiungen von Investorenlegenden wie George Soros, Marc Faber oder Jim Rogers. Mit spektakulären Wetten verdienten die Börsenexperten Milliarden. Eines ihrer Markenzeichen: gegen den Strom schwimmen. So auch jetzt: Sie alle warnen inmitten der Kursrally von DAX, Dow und Co vor einer düsteren Zukunft.

Genau 30 Jahre nach dem größten Börsencrash unserer Zeit melden sich also die Pessimisten zu Wort. Hedgefondsmanager Soros hält zum Beispiel nichts vom neuen US-Präsidenten Donald Trump und ist sich sicher, dass dieser scheitern wird. Vor allem die versprochenen Steuergeschenke werden seiner Ansicht nach nie Realität werden. Mehr als eine halbe Milliarde Dollar setzt Soros daher auf fallende Börsenkurse.

Auf der Liste der Schwarzseher findet sich auch Marc Faber. Der als "Dr. Doom" bekannte Schweizer Fondsmanager befürchtet, dass die Märkte im aktuellen Umfeld auf einen Crash zusteuern. Unter dem Strich erwartet er eine Korrektur um 30 bis 40 Prozent. "Sie sehen es nicht. Ich sehe es nicht, niemand sieht es. Deshalb kaufen die Leute weiterhin Aktien. Doch eines Tages wird etwas passieren", sagte der notorische Pessimist kürzlich. Auslöser könnten steigende Zinsen oder auch ein größerer Betrug sein. "Es gibt viele kleine Ereignisse, die den Niedergang auslösen können."

Jim Rogers sieht gar den "größten Crash in seinem Leben" heraufziehen. Sein Kalkül: Die Finanzkrise im Jahr 2008 wurde aufgrund eines Anstiegs der Verschuldung verursacht - und seither ist die Verschuldung durch die Decke gegangen. Berechnungen von Alberto Gallo von Algebris Investments untermauern diese These. Nach seinen Ergebnissen ist der globale Schuldenstand im vergangenen Jahrzehnt um 276 Prozent auf 217 Billionen Dollar explodiert. Während Rogers einen Crash an den Aktienmärkten wittert, sieht er glänzende Zeiten auf Gold zukommen, da die Menschen in Krisenzeiten gerne in das Edelmetall flüchten.

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Optimismus zahlt sich aus



Sollten Anleger angesichts der düsteren Prognosen also die Flinte ins Korn werfen und Aktien verkaufen? Mitnichten. Dass auch Profis mit ihren Visionen immer wieder scheitern, haben sie unzählige Male bewiesen. So wettete Soros gleich zu Beginn der Amtszeit von Donald Trump auf fallende Kurse und fuhr damit hohe Verluste ein. Auch Marc Faber, der unter anderem das Platzen der Dotcom-Blase voraussagte, war mit seinen Mutmaßungen oft zu bearish. Klar, wer ständig einen Crash voraussagt, bekommt eines Tages recht. Allerdings verpasst er damit auch die gewinnbringenden Haussephasen. Und die Bullen geben in der Regel den Ton an.



Seit dem 1987er-Crash kam es zu sechs großen Bärenmärkten. Die schlimmsten gab es von 2000 bis 2002 und von 2007 bis 2009. Sie bescherten dem S & P 500 jeweils Verluste von bis zu 50 Prozent. Insgesamt summieren sich die bearishen Phasen seither auf 64 Monate, also etwas mehr als fünf Jahre. Dem gegenüber stehen knapp 25 Jahre Kursgewinne. Über 900 Prozent legte der US-Index in dieser Zeit zu. Langfristanleger konnten also trotz herber Rückschläge eine atemberaubende Performance erzielen.



Der bekannteste und erfolgreichste unter ihnen ist Warren Buffett. Mit seinem Investmentvehikel Berkshire Hathaway investiert er in Firmen, die er für qualitativ hochwertig und gleichzeitig an der Börse für unterbewertet hält. Während viele Marktteilnehmer aufgrund der steigenden Zinsen in den USA einen baldigen Crash befürchten, zeigt sich der 87-Jährige unbeeindruckt. "Ich kann mich an keine Entscheidung erinnern, die wir jemals aufgrund der Fed getroffen haben", sagte Buffett jüngst in einem CNBC-Interview und betonte, dass er anstatt den Gesamtmarkt zu spielen, Aktien von Unternehmen kauft, die er mag. Die Historie gibt ihm recht: Die Berkshire-Aktie konnte sich alleine in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppeln.

Wie hoch das Risiko einer Trendwende ist, zeigt sich oftmals an der Bewertung. Die Skeptiker verweisen darauf, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S & P 500 rund ein Fünftel über dem Zehnjahresdurchschnitt liegt. Die Optimisten halten dagegen, dass es die Bewertung immer in Zusammenhang mit dem Zinsniveau zu beurteilen gilt und dieses nun mal historisch niedrig ist.

Entscheidend für Anleger ist, sich immer möglichst klug in der jeweiligen Phase zu verhalten, vor allem in der Baisse. "Es ist weniger wichtig, den genauen Höhepunkt eines Bullenmarktes zu identifizieren, als einen Bärenmarkt zu erkennen, sobald er anfängt", konstatiert Goldman-Sachs-Stratege Peter Oppenheimer. Die Abschwünge verlaufen oft nach einem bestimmten Muster. Nach dem anfänglichen Rückgang gibt es meist nochmals einen kurzen Aufschwung, der die Chance zur Risikoreduzierung bietet. Um sich danach möglichst glimpflich aus der Affäre zu ziehen, müssen die Rücksetzer von 20 bis 25 Prozent, die typischerweise der anfänglichen Periode folgen, vermieden werden.

Laut Oppenheimer kommt es bei den am häufigsten anzutreffenden zyklischen Bärenmärkten im Schnitt zu einem Kursverfall von rund 30 Prozent in einem Zeitraum von sechs Monaten bis zu vier Jahren. Bei strukturellen Baissen wie Finanzblasen sind die Verluste mit 50 bis 60 Prozent ausgeprägter und anhaltender.

Müssen sich Anleger Sorgen machen?



Der Baisse-Risiko-Indikator von Goldman Sachs liegt derzeit bei 67 Prozent, das Risiko eines Bärenmarkts ist also hoch. Allerdings kennt Experte Oppenheimer Gründe, die gegen einen raschen Crash sprechen. Dazu zählt die moderate Inflation, die zu keiner strengen Geldpolitik führen wird und so die Sorgen um eine drohende Rezession - und damit die Risiken eines zyklischen Bärenmarkts - reduziert. Zudem wurden finanzielle Ungleichgewichte und die Hebelwirkung im Bankensystem nach der Finanzkrise verringert. "Dies macht einen strukturellen Bärenmarkt weniger wahrscheinlich als in der Vergangenheit", so Oppenheimer. Crashgefahr hin oder her: Nachfolgend stellen wir Ihnen sechs Anlagemöglichkeiten vor, die sich durch alle Krisen hinweg behaupten konnten und langfristig weiterhin vielversprechend sind.

Auf Seite 3: Interview mit Andreas Humpe: "Aktuell ist die Bewertung hoch, aber nicht extrem hoch"





Interview mit Andreas Humpe: "Aktuell ist die Bewertung hoch, aber nicht extrem hoch"



Andreas Humpe beschäftigt sich nicht nur auf theoretischer Basis mit Entwicklungen am Kapitalmarkt, er managt auch erfolgreich einen Fonds. Derzeit sieht der Finanzexperte zwar Parallelen zu 1987, stuft die Gefahr für einen Crash allerdings als gering ein. Von Christian Ingerl

Finanzfachmann Andreas Humpe erklärt, wie der 1987er-Crash zustande kam, wie Blasen an den Märkten entstehen und was Anleger aus der Vergangenheit lernen können.

Börse Online: Der 19. Oktober 1987 ging als "schwarzer Montag" in die Geschichtsbücher ein. In den vergangenen 30 Jahren kam es immer wieder zu Crashs an den Aktienmärkten. Haben Börsianer nichts aus dem Jahr 1987 gelernt?


Andreas Humpe: Ja und nein. Die Gründe für den Aktienmarktcrash 1987 waren unter anderem basierend auf technischen Gegebenheiten sowie auf verhaltenspsychologischen Mustern. Im Vorfeld des Crash wurden die ersten Computer zum automatischen Handel eingesetzt. Dies führte zu einem Kaskadeneffekt aufgrund von Programmhandel und dynamischer Absicherungsmethoden wie CPPI. Daraus haben Investoren und Börsen gelernt - heute wird der automatische Handel bei großen Kursbewegungen während des Handelstags ausgesetzt. Das menschliche Verhalten, also die Psychologie des Einzelnen, hat sich hingegen wohl kaum geändert. Panik und Herdenverhalten gibt es heute genauso wie früher. Am Tag des 1987er-Crashs hat das "Wall Street Journal" einen Chart gezeigt, welcher den Verlauf des Dow Jones von 1923 bis 1929 und von 1981 bis 1987 zeigt. Der Kursverlauf war nahezu identisch und ließ auf einen Crash schließen. Dieses Bild war den Händlern also sehr präsent am "schwarzen Montag".



Blasen scheinen unvermeidliche Begleiterscheinungen entwickelter Finanzmärkte zu sein. Worin liegen ihre Ursachen?


Die Ursache für die Entwicklung von Blasen kann auf eine Form von New Area Thinking zurückgeführt werden. Hierbei können der technische Fortschritt wie in der New-Economy-Blase oder monetäre Gründe zu einer neuen Weltanschauung führen. Auch der Boom von 2003 bis 2008 war geprägt von der Überzeugung, dass Öl künftig nie wieder zu Kursen unter 80 Dollar gehandelt und viele Rohstoffe bald sehr knapp werden würden. Aus der neuen Sichtweise lassen sich dann Gewinnmöglichkeiten ableiten, und die Spekulation auf zukünftige Entwicklungen beginnt. Wie von dem Ökonom Charles Kindelberger beschrieben, wird der anfängliche Boom dann typischerweise von Krediten und einer steigenden Geldmenge weiter angefeuert, um schließlich zu einer echten Blase zu werden. Hierbei spielen aber auch selbstverstärkende Prozesse eine Rolle. Steigende Kurse führen zu mehr Kreditsicherheiten und somit zu mehr Kredit - dies zeigt sich besonders deutlich bei Immobilienblasen. Anfänglich sind überwiegend professionelle Akteure aktiv, und erst im Verlauf der Blase kommen große Teile der Bevölkerung hinzu. Diese haben meist keine Erfahrung oder Fachwissen in diesem Bereich und das anfänglich rationale Verhalten der Profis schlägt in ein irrationales Verhalten der Massen um.

Finanzfachleute unterscheiden zwischen verschiedenen Arten von Blasen an den Aktienmärkten. Welche Art von Blase ist die gefährlichste?


Besonders verheerend sind Blasen, die auf mehrere Anlageklassen übergreifen und stark kreditfinanziert sind. Auch 1987 war in den USA neben dem Aktienmarkt der Immobilienmarkt stark betroffen und Käufe auf Kredit waren die Regel.

Exakt 30 Jahre nach dem großen Crash 1987 steht die Wall Street auf Rekordständen und auch der DAX schnuppert Höhenluft. Wann kippt die Stimmung?


Die schnellen massiven Einbrüche kommen meist nach einem hyperbolischen Anstieg des Aktienmarkts, bei hoher Bewertung und, wie bereits erwähnt, kreditfinanzierter Spekulation. Aktuell ist die Bewertung hoch, aber nicht extrem hoch. Die Geldpolitik ist sehr expansiv, aber die Spekulation auf Kredit hält sich zumindest am Aktienmarkt noch in Grenzen. Einen explosiven Anstieg haben wir aktuell auch nicht gesehen, wenngleich der Aufwärtstrend schon lange anhält, die Volatilität niedrig und der Konjunkturzyklus in einigen Ländern weit fortgeschritten ist. Somit ist das Risiko für einen Rückschlag durchaus gegeben, aber derzeit auch nicht übermäßig hoch. Meist führt ein Schlüsselereignis zum anfänglichen Einbruch. 1987 beispielsweise eskalierte der Tankerkrieg zwischen dem Iran und den USA in den Tagen vor dem Crash. Aktuell gibt es wohl ausreichend politische Krisen, die ein Auslöser sein könnten.

Können sich Anleger durch Beachtung von Bewertungskennziffern besser vor Kursrückschlägen schützen?


In der Tat besteht ein Zusammenhang zwischen Gesamtmarktbewertung und langfristiger Wertentwicklung. Ein Schutz gegen temporäre Kursrückschläge ist dies aber auf keinen Fall und langfristig bedeutet in dieser Beziehung zehn Jahre oder länger.

Was sollen Anleger in Krisenzeiten mit ihrem Geld anstellen?


Auch hier zählt wohl die alte Börsenweisheit, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Wenngleich es Anlagen gibt wie Gold, die in Krisenzeiten häufig steigen, ist auch hierauf kein Verlass - das Edelmetall könnte ja auch von der spekulativen Blase betroffen sein. Letztendlich ist man über lange Anlagezeiträume mit Produktivkapital wie zum Beispiel günstig bewertete Qualitätsaktien am besten gefahren.

Auf Seite 4: Aktienempfehlungen: Berkshire Hathaway und Fresenius





Berkshire Hathaway: Börsenimperium mit strikten Prinzipien



Warren Buffett hat schon so manchen Börsencrash erlebt. Als der "schwarze Montag" am 19. Oktober 1987 die Wall Street ins Chaos stürzte, war der Starinvestor schon seit mehr als 20 Jahren für die Geschicke von Berkshire Hathaway verantwortlich. 1965 hatte sich Buffett die Mehrheit gesichert und das Textilunternehmen daraufhin zu einer Investmentholding transformiert. Dabei blieb er stets dem Value-Ansatz treu. Berkshire fokussiert sich bis heute auf Unternehmen, die an der Börse unter ihrem inneren Wert gehandelt werden. "Kaufe nur, was du verstehst" - getreu diesem Motto investiert Buffett in namhafte Konzerne wie den Brausehersteller Coca-Cola, den Ketchup-Produzenten Kraft Heinz oder zuletzt in den Technologieriesen Apple. Die Performance des heute nahezu 400 Milliarden Euro schweren Börsenimperiums spricht für sich: Zwischen 1965 und 2016 legte die Berkshire-Aktie im Schnitt um mehr als ein Fünftel jährlich zu.



Fresenius: Kerngesund durch alle Krisen hindurch



Dass die altbewährte Anlageregel "Aktien kaufen und liegen lassen" auch zum gewünschten Erfolg führen kann, beweist Fresenius. Der Gesundheitskonzern verfügt über einen stabilen Wachstumstrend, der selbst über Krisenzeiten hinweg Bestand hat. So brachten das Platzen der New-Economy-Blase im Jahr 2000 und die darauffolgende Rezession Fresenius nicht aus der Spur. Zwischen der Jahrtausendwende und 2003 legte der Umsatz im Schnitt um 16 Prozent zu, das Ebit verbesserte sich um knapp elf Prozent. Ein vergleichbares Bild zeigte sich auch während der Finanzkrise. Dieser nachhaltige Erfolgskurs wird an der Börse mit einem Plus von rund 750 Prozent seit dem Jahrtausendwechsel quittiert. Die Zukunft des DAX-Konzerns gestaltet sich rosig. Der Gesundheitsmix aus Dialyse, klinischer Ernährung, Infusionstherapien, Generika oder auch privaten Kliniken macht sich weiterhin bezahlt. Den Beweis lieferte das zweite Quartal, in dem der Gewinn überraschend stark um 21 Prozent zulegte. Neben neuen Nachahmermedikamenten bringen auch Übernahmen, wie die des Klinikbetreibers Quironsalud, des Biosimilargeschäfts von Merck, sowie von Akron aus den USA weiteren Schwung.



Auf Seite 5: McDonald’s und Nestlé





McDonald’s: Mit Fast Food zum Qualitätstitel



Auch wenn sich auf den ersten Blick die Begriffe Fast Food und Qualität zu widersprechen scheinen, zeigt McDonald’s, wie sie sich vereinbaren lassen. Die Schnellrestaurantkette vereint alles, was einen Value-Titel ausmacht: eine gute Marktposition, eine stabile Ergebnisentwicklung sowie nachhaltige Dividenden. Seit 1976 wurde ohne Unterbrechung jedes Jahr ein Gewinn ausgeschüttet. Nach dem Motto "Gegessen wird immer" kam das Unternehmen auch fast ungeschoren durch alle Krisen der vergangenen Jahrzehnte. Dies zeigt sich anschaulich an der Börse: Seit dem IPO 1965 wuchs eine Investition von 2250 Dollar in 100 McDonald’s-Aktien - trotz etlicher Börsencrashs - auf aktuell über neun Millionen Dollar. Operativ erzielt der Fast-Food-Riese derzeit Rekorde und macht sich zugleich fit für die Zukunft. Egal, ob Frühstück rund um die Uhr, individuelle Kundenbedürfnisse oder Bezahl-App - McDonald’s ist stets auf der Höhe der Zeit.



Nestlé: Marktmacht, Substanz und Kursfantasie



Operativ schwächelte Nestlé zuletzt etwas. Das Umsatzwachstum des weltgrößten Lebensmittelherstellers fiel so gering aus wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Und doch notiert Europas Börsenschwergewicht auf einem Rekordniveau. Die Diskrepanz zwischen Geschäfts- und Kursverlauf hat einen plausiblen Grund: Nestlé punktet bei Anlegern mit enormer Marktmacht, jeder Menge Substanz sowie mit attraktiven Ausschüttungen. Neben einem 17 Milliarden Euro schweren Aktienrückkauf bringt der Branchenkrösus eine Dividendenrendite von 2,8 Prozent mit. Angesichts des notorischen Zinstiefs platzieren Investoren den Large Cap als eine Art Anleiheersatz in ihrem Portfolio. Zumal Nestlé als zuverlässiger Dividendenzahler gilt. Seit 1959 haben die Eidgenossen Jahr für Jahr eine Gewinnbeteiligung überwiesen. Neben den skizzierten Qualitätsmerkmalen bringt die Nestlé-Aktie eine gehörige Portion Fantasie mit. Der seit Anfang des Jahres verantwortliche Topmanager Mark Schneider möchte das Wachstum forcieren und die Profitabilität verbessern - mit dem angestoßenen Konzernumbau könnte der Deutsch-Amerikaner noch für manche Überraschung sorgen.



Auf Seite 6: SAP und UniRak





SAP: Langfristig programmierter Erfolg



Rund ein Jahr nach dem schweren Börsencrash 1987 traute sich mit SAP ein Technologietitel an die Börse. Seither schreibt der Konzern eine nahezu makellose Erfolgsgeschichte. Erzielten die Walldorfer im Jahr nach dem IPO einen Umsatz von umgerechnet 380 Millionen Euro, entspricht dies heute dem Erlösvolumen einer Woche. Für die nächsten Jahre hat sich SAP weiterhin viel vorgenommen. Der Weltmarktführer für Firmensoftware drückt bei neuen Technologien wie Big Data, künstlicher Intelligenz und vor allem Cloud aufs Tempo. Das Geschäft mit der Datenwolke wächst prozentual zweistellig und entsprach 2016 bereits knapp 14 Prozent der Gesamterlöse. Bis 2020 sieht die SAP-Agenda vor, dass der Cloud-Umsatz um mehr als das 2,6-Fache steigen soll, was dann einem Anteil von einem Viertel entspricht. Die vergangenen 29 Jahre zeigen, dass sich Qualität auch in ruppigen Börsenzeiten durchsetzt. Dies sollte so bleiben.



UniRak: Krisenerprobtes Mischfonds-Urgestein



Die Diversifikation zählt zu den wichtigsten Regeln der Geldanlage. Über eine möglichst breite Streuung des Vermögens lässt sich das Portfolio gegen Turbulenzen an den Kapitalmärkten wappnen. Einen stichhaltigen Beweis für diese These liefert der UniRak. Anfang 1979 aufgelegt, hat dieser Mischfonds mehrere Crashs durchgemacht. Zwar gingen die Börsenturbulenzen nicht schadlos an dem Portfolio vorüber. Der langfristigen Erfolgsbilanz tat dies aber keinen Abbruch. Seit der Auflage vor mehr als 36 Jahren warf der UniRak - "Rak" steht für Renten und Aktien - im Schnitt 7,6 Prozent jährlich ab. Für das Urgestein der deutschen Mischfonds galt von Anfang an eine strikte Aufteilung zwischen beiden Anlageklassen. Während rund ein Drittel des Kapitals in Anleihen investiert ist, entfallen zwei Drittel auf Aktien. Deutschland hat Priorität. Mit Bayer, BASF, SAP, Adidas und Fresenius kommen die fünf größten Aktienpositionen aus dem DAX. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den USA sowie auf europäischen Rentenpapieren. Diese Mischung kommt bei den Investoren an: Aktuell verwaltet das mit einer starken €uro FondsNote 2 bewertete Portfolio mehr als drei Milliarden Euro.



Auf Seite 7: Gastbeitrag von Uwe Lang: Vorsicht ist angebracht!





Gastbeitrag: Vorsicht ist angebracht!



Oktober-Crash Der 19. Oktober 1987 ging als schwarzer Montag in die Geschichte ein. Uwe Lang hatte kurz zuvor im Magazin "Der Spiegel" vor dem Absturz gewarnt. Wie er die Situation heute sieht.

Am Montag, den 19. Oktober 1987 wurde die Börsenwelt völlig unerwartet von einem Kurssturz der US-Börse getroffen. Der Dow Jones Industrial Average fiel an diesem Tag um 22,6 Prozent. So etwas hatte man bis dahin an der Wall Street noch nie erlebt. Selbst der Kurssturz in den letzten Oktober-Tagen des Jahres 1929, der die Weltwirtschaftskrise auslöste, hatte sich in Raten vollzogen. Könnte so etwas noch einmal passieren, vielleicht wieder im Oktober? Zur Vorgeschichte sollte man wissen, dass die Aktienmärkte in aller Welt seit Ende 1982 ununterbrochen im Aufwärtstrend gewesen waren.

Die Ölkrise 1979/80 und die folgende Weltrezession 1982 waren überstanden. Die Unternehmen übertrafen sich in positiven Gewinnschätzungen. Deutsche Zeitschriften titelten, man müsse jetzt in den Aktienmarkt einsteigen. Gefahren sah man nicht. Dabei war eigentlich sonnenklar, dass die Lage extrem gefährlich war, nicht nur wegen der gestiegenen US-Anleihezinsen. Zehnjährige Staatsanleihen waren von sieben Prozent zu Jahresbeginn auf zehn Prozent im Oktober angestiegen. Die meisten Analysten sahen deshalb keine Gefahr; sie begründeten den Zinsanstieg mit Umschichtungen in den Aktienmarkt.

Unverständlich war aber, dass niemand begreifen wollte, dass die Kurse weit über ihren fairen Wert gestiegen waren. Der S & P-500-Index lag bei 340 Punkten; "fair" im Sinne einer historisch kontinuierlichen Aufwärtsentwicklung und unter Betrachtung der Kurs-Umsatz-Verhältnisse waren damals 220 Punkte. Zudem hätte man wissen können, dass die Aktienindizes nur äußerst selten über fünf Jahre hintereinander steigen. Dann ist eine Korrektur stets überfällig.

Nun braucht es für einen solchen plötzlichen Absturz ja immer einen Auslöser. Und der war in einer sehr ungeschickten Bemerkung des damaligen US-Finanz-ministers James Baker zu finden: Die USA hätten "keine Lust, dauernd den Europäern zuliebe den US-Dollar zu stützen, während die Europäer ihn dadurch schwächten, dass sie ihre Zinsen erhöhen".

Der US-Dollar war Anfang 1985 noch übertrieben hoch bei 3,40 D-Mark, und zunächst hatte seine Korrektur nach unten niemanden beunruhigt. Aber als der Dollar dann unter die Marke von zwei D-Mark fiel, stöhnten europäische Exportunternehmen, so könne es nicht weitergehen. Aus diesem Grund hatten die deutschen Aktienmärkte 1987 auch kein neues Hoch mehr erzielt.

Interessant war damals zudem das Verhalten der Kleinanleger. Die europäischen Aktienindizes reagierten am 20. Oktober, also einen Tag später, ebenfalls geschockt und verloren vier Prozent. Aber am 21. Oktober wurde kräftig gekauft. Analysten stellten fest, dass es "mutige", aber wohl unerfahrene Kleinanleger waren, welche die niedrigen Kurse nun zum Kauf nutzen wollten. Dies sollten sie bitter bereuen. Zwar wurden die Verluste vom Vortag an der deutschen Börse zunächst aufgeholt, dann fielen sie aber kräftig, auch weil der US-Dollar schwach blieb. Im November ging es dann in Europa tief hinab in die Baisse.

Die Lehre daraus: Nach einem Crash kommt meist noch einmal eine Reaktion nach oben. Die gilt es zum Ausstieg zu nutzen. Einsteigen sollte man erst, wenn die Kurse einen Boden gefunden haben. Das war damals erst im Februar 1988 der Fall.

Was hilft uns dieser Rückblick für unsere heutige Situation? Man lernte damals, dass hohe Zinsen zur Bekämpfung von Inflation und eine übertrieben lange Aufwärtsbewegung stets gefährlich sind. Auch ein schwacher US-Dollar war in den Jahren darauf oft die Ursache von Kursstürzen. Mittlerweile zeigte sich aber auch, dass zu tiefe Zinsen und null Inflation ebenfalls gefährlich sind, da sie Anzeichen einer schwachen Konjunktur sind. Vor Pleiten und Zahlungsunfähigkeit der Banken musste man damals zwar keine Angst haben. Letztlich waren aber einfach die Kurse zu hoch und damit auch die Neigung, bei ersten Anzeichen eines Kursrückgangs schnell auszusteigen. Und dann kommt es zum Crash. Diese Gefahr ist auch heute nicht von der Hand zu weisen. Das durchschnittliche Kurs-Umsatz-Verhältnis beim Dow-Jones-Index liegt im Moment bei 2,7. Faire historische Werte liegen aber bei 1,2.



Auf Seite 8: Fortsetzung Gastbeitrag - Zentralbanken als Retter





Zentralbanken als Retter



Der damalige US-Zentralbankchef Alan Greenspan hat übrigens alles richtig gemacht. Der Crash war eine riesige Geldvernichtung. 1929 hatte das zu einer tiefen Weltwirtschaftskrise geführt. Aber man hat daraus gelernt. Die US-Zentralbank kaufte massiv US-Staatsanleihen, um die Geldmenge wieder zu erhöhen. Sie druckte also Geld und das half. Zu einer Rezession kam es damals nicht - weder in Europa noch in den USA. 1989 waren die Kursverluste bereits wieder aufgeholt, mit erneuten Übertreibungen nach oben, die dann im Oktober 1989 wieder zu einigen Tagescrashs führten. Aber damals rettete die deutsche Wiedervereinigung die Börsen zunächst vor einem weiteren Absturz. Besteht also die Möglichkeit, dass sich ein Crash wie 1987 wiederholt?

Zunächst haben die Börsen seither einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Eine starke Bewegung nach unten sollte keine Stoppverkäufe mehr auslösen. Dann würde der Handel erst einmal unterbrochen werden. Denn genau das war damals geschehen; plötzlich wollten alle verkaufen; es gab keine Käufer mehr.

Da aber an den Börsen auch mithilfe von Derivaten und Futures riesige Geldmengen immer schneller bewegt werden, ist nicht auszuschließen, dass es doch einmal wieder zu gewaltigen Tagescrashs kommt. Damals lagen die meisten Aktienindizes weit über ihrem fairen Wert. Heute ebenfalls. Nachholbedarf hat allenfalls der Euro Stoxx 50, der noch rund 20 Prozent unter seinen Kursen von 2007 liegt. Der US-Dollar hat sich ebenfalls abgeschwächt. Aber noch ist es eine normale Schwankung und keine Kurshalbierung wie 1987. Mit den derzeitigen Eurokursen in US-Dollar können die deutschen Exporteure noch leben.

Damals war die Stimmung euphorisch. Heute teilweise auch. Neuemissionen und Übernahmen häufen sich. Aber es gibt auch Unterschiede zu 1987:

Damals war der Oktober ein gefährlicher Monat. Er gehörte zu den schwächsten Monaten in den 70er- und 80er-Jahren. Heute ist das anders: Abgesehen von 2008 sind die Kurse im Oktober in den vergangenen 15 Jahren meist gestiegen. Die Anleihezinsen liegen tief, die Unternehmen können sich viel günstiger finanzieren. Die US-Konjunkturzahlen sehen besser aus. Der Einkaufsmanagerindex ging zuletzt stark nach oben. Fazit: Ein unmittelbarer Oktober-Crash droht in diesem Jahr wohl nicht. Aber Vorsicht ist aufgrund der hohen Kurse dennoch angebracht.

Uwe Lang



Der Börsenexperte und Buchautor studierte Theologie und Pädagogik. Später entwickelte er unter anderem das Börsenbarometer.