2016 soll das Plus mit 1,6 Prozent größer ausfallen als in diesem Jahr mit vermutlich 1,4 Prozent. Überraschend gute Daten nähren die Hoffung auf ein besseres Abschneiden von Europas größter Volkswirtschaft. Die Industrieaufträge stiegen im November nicht nur den zweiten Monat in Folge, sondern mit 2,5 Prozent auch fünf Mal so stark wie erwartet. Dafür sorgte vor allem eine kräftige Nachfrage im Inland. "Für eine Trendwende ist es zwar noch zu früh, aber es sieht vielversprechend aus", sagte der Deutschland-Chefvolkswirt der Großbank UniCredit, Andreas Rees. "Spätestens im ersten Quartal 2015 dürften wir eine Wachstumsbeschleunigung sehen."
Darauf deuten auch die Umfragen der Forschungsinstitute Ifo, ZEW und GfK hin: Sowohl in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft als auch bei Börsianern und Verbrauchern hellte sich die Stimmung zuletzt merklich auf. "Auch wenn weiterhin konjunkturelle Risiken bestehen, spricht dies dafür, dass die deutsche Wirtschaft damit beginnt, ihre Schwächephase allmählich zu überwinden", betonte das Bundeswirtschaftsministerium. Die Gefahren kommen vor allem von außen: vom Konflikt mit Russland bis hin zur Flaute in vielen Euro-Ländern.
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KONJUNKTURPROGRAMM ÖLPREIS
Auch die Bundesbank hält es für möglich, dass die Konjunktur noch etwas mehr Fahrt aufnimmt - allein schon wegen der stark gesunkenen Ölpreise. Sie sind seit dem Sommer um etwa ein Drittel gefallen. "Ein solcher Rückgang wirkt über die Entlastung der Lebenshaltungskosten der Haushalte und der Produktionskosten der Unternehmen wie ein kleines Konjunkturprogramm", sagte Weidmann. "Verbleibt der Rohölpreis längere Zeit auf diesem gedrückten Niveau, könnte das Wirtschaftswachstum in den beiden kommenden Jahren jeweils um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte besser als erwartet ausfallen."
Auch die kräftige Abwertung des Euro könnte der exportabhängigen deutschen Wirtschaft helfen, macht er ihre Waren in Übersee doch billiger. "Perspektivisch dürfte der gesunkene Außenwert des Euro die Konjunktur in Deutschland über steigende Bestellungen aus dem Ausland stützen", sagte BayernLB-Ökonom Stefan Kipar. Die Währung hat binnen eines Jahres um fast zehn Prozent zum Dollar abgewertet.
Höhere Löhne wiederum dürften den Konsum stützen, der sich in diesem Jahr bisher als größter Konjunkturmotor erwies. "Angesichts der guten Arbeitsmarktlage werden die Löhne zudem weiter spürbar steigen", erwartet die Bundesbank. "Dazu wird auch der neue allgemeine Mindestlohn beitragen." Ab 1. Januar gilt eine Untergrenze von 8,50 Euro je Arbeitsstunde. Da die Inflation nach Prognose der Bundesbank niedrig bleiben wird, dürfte die Kaufkraft vieler Arbeitnehmer damit steigen.
Allerdings kostet die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) den Deutschen viel Geld, wie Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sagte. "Nach meiner Berechnung sind den Deutschen seit 2008 etwa 300 Milliarden Euro entgangen im Vergleich zu den Zinsen, die Ende 2007, vor dem Ausbruch der Krise, zu erzielen waren", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Pro Jahr liege der Verlust damit bei jetzt 60 bis 70 Milliarden Euro.
Reuters