Banken müssten künftig bei kleineren Darlehen nicht mehr prüfen, ob die Unternehmen eine Überlebensperspektive hätten, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Berlin. Wirtschaft und Banken begrüßten die Pläne überwiegend. Teilweise gab es Kritik an der Höhe der geplanten Zinsen in dem neuen Hilfsprogramm.

Wie hoch die Belastung für den Steuerzahler am Ende sein wird, kann die Regierung derzeit noch nicht abschätzen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier sagte, das hänge von der Entwicklung der Pandemie ab. Es gebe aber grundsätzlich kein Limit beim Gesamtvolumen. Scholz ergänzte, die Banken sollten sich ab Donnerstag um die Auszahlungen kümmern können. "Das wäre schon ziemlich schnell."

Kleinere Unternehmen sollen jetzt drei Monatsumsätze aus dem Jahr 2019 als Hilfskredit bekommen können. Bei Firmen mit elf bis 49 Mitarbeitern liegt die Obergrenze bei 500.000 Euro, zwischen 50 und knapp 250 Beschäftigten sind es 800.000 Euro. Die Laufzeit der Darlehen ist auf zehn Jahre angelegt, wovon zwei Jahre tilgungsfrei sein können. Die Unternehmen dürfen bis Ende 2019 nicht in Schwierigkeiten gewesen sein, um diese Hilfe mit kompletter Staatshaftung zu bekommen. Im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre müssen Gewinne nachgewiesen werden. Scholz sagte, die Firmen müssten also geordnete Verhältnisse vor der Krise nachweisen. "Das macht uns ziemlich sicher, dass die Ausfälle am Ende gering sein werden."

Die Geldhäuser treten jedoch auf die Bremse. Da der Förderkredit mit 100-prozentiger Haftungsfreistellung kein Zuschuss sei und zurückgezahlt werden müsse, bedürfe es weiterhin einer wenn auch vereinfachten Risikoprüfung durch die Hausbank, erklärte eine Sprecherin des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Die Sparkassen fordern weitere Vereinfachungen. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband DSGV begrüßte das Paket. "Diese Maßnahmen werden ihre Wirkung insbesondere dann vollständig entfalten können, wenn es auch bei den Kriterien der Kreditvergabe Vereinfachungen gibt", sagte ein Sprecher.

ZINSSATZ ZU HOCH?


Die EU-Kommission hatte bereits am Freitagabend grünes Licht für eine komplette Staatshaftung bei Krediten bis zu 800.000 Euro gegeben - bisher mussten Banken noch für zehn oder 20 Prozent des Restrisikos einstehen. "Die Erleichterungen sind ein richtiger und konsequenter Schritt", sagte der Präsident des Industrieverbandes DIHK, Eric Schweitzer. Viele Betriebe seien auf behördliche Anordnung geschlossen worden. "Sie brauchen jetzt staatliche Unterstützung, weil sie aktuell zum Schutz unserer aller Gesundheit nicht wirtschaften können. Ihr Umsatz ist quasi über Nacht ohne eigenes Verschulden eingebrochen und liegt in vielen Branchen bei null."

Auf die neuen Mittelstandskredite wird ein Zinssatz von drei Prozent pro Jahr fällig. Altmaier sagte, dies sei eine bewusste Entscheidung gewesen für Firmen, die ganz schnell an Geld kommen müssten. Später seien die Mittel umwandelbar in andere Kredite der staatlichen Förderbank KFW zu einem Zinssatz von dann 1,5 Prozent. Die EU-Kommission, die in Europa für das Wettbewerbsrecht zuständig ist, hatte zeitlich begrenzt aber auch die Möglichkeit von zinslosen Darlehen erlaubt. "Deshalb fordern wir von der Bundesregierung, auf Zinsen zu verzichten", sagte Mittelstands-Präsident Mario Ohoven.

Der Mittelstand hatte zuletzt lautstark geklagt, bei den Corona-Hilfen zu kurz zu kommen. Denn für Kleinstunternehmen bis zehn Mitarbeitern hat die Bundesregierung bereits Zuschüsse beschlossen, die überwiegend nicht zurückgezahlt werden müssen. Für größere Firmen ab 250 Mitarbeitern ist der neue Wirtschaftsstabilisierungsfonds vorgesehen. Dieser soll mit Garantien und Staatsbeteiligungen in der Krise Insolvenzen vermeiden.

In der Politik wird bereits diskutiert, ob die neuen Hilfen für den Mittelstand wegen der massiven Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft nicht ausgeweitet werden müssen. "Dieses Limit muss auf drei Millionen Euro angehoben werden", so der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach mit Blick auf die Obergrenze von 800.000 Euro.

rtr