Cancom, Anbieter von IT-und Cloud-Dienstleistungen für kleine und mittelgroße Unternehmen, will sich künftig stärker auf den deutschsprachigen Raum fokussieren und erwägt einen Rückzug aus Großbritannien und Irland. Aktuell erwirtschaften die Münchner 21 Prozent der Erlöse außerhalb Deutschlands.

Nun wird zunächst das Interesse von Investoren an den Tochterfirmen in Großbritannien und Irland sondiert. Für 2020 hatten die Bereiche 138 Millionen Euro Erlös sowie 19,7 Millionen Euro operativen Gewinn (Ebitda) geliefert. Das entspricht 8,4 Prozent des Konzernumsatzes von insgesamt 1,65 Milliarden Euro sowie 16 Prozent des operativen Gewinns. Unterm Strich verdient Cancom in Großbritannien und Irland also recht gut. Offensichtlich ist der Anteil der Region am Erlös aber dennoch zu gering. Die Mittel aus dem Verkauf könnten deshalb auch für Zukäufe in Deutschland oder Österreich eingesetzt werden.

Im Dezember hatten die Bayern das IT-Systemhaus Anders & Rodewyk in Hannover übernommen. Die 1987 gegründete Firma mit rund 70 Mitarbeitern lieferte zuletzt 27 Millionen Euro Jahresumsatz und 2,4 Millionen Euro operativen Gewinn. Das Unternehmen verfüge über Kunden im Gesundheits- und Bildungssektor sowie aus dem Mittelstand, der auf Infrastrukturen in Rechenzentren spezialisiert ist, begründete Cancom den Zukauf.

Mögliches Übernahmeziel

Für globale Anbieter von Cloudsoftware und -Dienstleistungen wie SAP, Microsoft, IBM oder Oracle ist Cancom als Deutschlands drittgrößtes konzernunabhängiges IT-Systemhaus der Schlüssel zum Mittelstand. Eine direkte Ansprache von kleinen und mittleren Firmen ist für die Softwareriesen zu aufwändig und teuer. Zudem sind Mittelständler stark auf ihre jeweilige Nische spezialisiert und greifen bei der IT deshalb häufig auf die Kompetenz ebenfalls mittelständischer Systemhäuser wie Bechtle oder Cancom zurück. Der in der Nähe von München bei Ismaning angesiedelte und auch auf Mittelständler spezialisierte IT-Dienstleister Datagroup würde Cancoms Portfolio gut ergänzen. Datagroup verfügt über eine Plattform, über die Firmenkunden leicht zusätzliche IT-Dienstleistungen angeboten werden können. Cancom-Lenker Rudolf Hotter müsste allerdings Datagroup-Gründer und Aufsichtsratschef Hans-Hermann Schaber überzeugen, dessen Stiftung 51 Prozent der Anteile hält. Schaber hat Datagroup als IT- und Clouddienstleister durch eine Serie von Zukäufen zu einer Firma mit knapp 360 Millionen Euro Umsatz aufgebaut. Ein Zusammenschluss der beiden Unternehmen würde Cancom deutlich nach vorn bringen.

Cloud-Dienstleistungen liefern bei Cancom 27,5 Prozent von zuletzt 1,65 Milliarden Euro Gesamterlös. Mit plus 18,5 Prozent legt der Bereich deutlich stärker zu als die IT-Systemhäuser, deren Erlös nur 3,6 Prozent höher ausfiel als im Vorjahr. Cancom profitiert von der Beschleunigung der Digitalisierung in vielen Bereichen. Für 2021 erwartet die Firma beim Erlös ähnlich starke Zuwächse wie 2020.

Zuversicht: Seit Mitte Mai zieht der Aktienkurs wieder an. Cancom profitiert von der pandemiebedingt beschleunigten Digitalisierung.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 58,00 Euro
Stoppkurs: 38,00 Euro