BÖRSE ONLINE: Sie stellen für Fonds und weitere Finanzprodukte die Zulassung, erfüllen regulatorische und administrative Anforderungen. Warum gehen sie an die Börse?


Sven Ulbrich: Wir wollen den Börsengang nutzen, um - aufbauend auf der guten Marktstellung im Bereich "Financial Administration as a Service" - unsere Wertschöpfungskette auszubauen. Nach einer sehr erfreulichen Geschäftsentwicklung unserer Tochtergesellschaften Axxion und Oaklet wollen wir mit den Mitteln aus dem Börsengang das Wachstum und die Marktposition unserer Tochtergesellschaft Coraixx forcieren.

Sie wollen fast bis zu einer Millionen Aktien platzieren. Ein Drittel der Erlöse daraus fließt an die Gesellschaft, der Rest an die Altaktionäre. Warum haben sie dieses Verhältnis gewählt?


Nach unserer Kalkulation brauchen wir für das geplante Wachstum der Coraixx in den kommenden drei Jahren rund fünf Millionen Euro. Die sammeln wir durch den Börsengang ein. Uns war es aber wichtig, dass Capsensixx im Börsensegment Prime Standard mit den höchsten Transparenzanforderungen gelistet wird.

Wofür 25 Prozent Streubesitz nötig sind.


Genau, daher gibt die PEH Wertpapier AG als bisheriger 100 prozentiger Aktionär entsprechend Aktien ab, so dass wir in der Kombination mit der Kapitalerhöhung die Vorgabe für den Streubesitz im Prime Standard erfüllen.

Mit der Preisspanne von 16 bis 19 Euro je Aktie werden sie mit maximal 58,9 Millionen Euro oder dem 23fachen des 2017er Jahresgewinns bewertet. Ist das nicht ambitioniert?


Capsensixx wächst stark. Allein im ersten Quartal 2018 ist das Ergebnis nach Steuern, das wir für unsere Aktionäre erwirtschaftet haben, um gut 29 Prozent gestiegen. Die Aussagekraft eines 2017er Kurs-Gewinn-Verhältnisses mag vor dem Hintergrund dieser Dynamik jeder Anleger selbst beurteilen.

Den Gewinnsprung verdanken Sie einem Einmaleffekt, dem seit Ende 2017 administrierten und über zwei Milliarden Euro schweren Frankfurter Fonds für Stiftungen.


Wir freuen uns natürlich sehr, bei Axxion den Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen als Kunden gewonnen zu haben. Das zeigt auch die Stärke von Axxion im Markt. Aber natürlich verfügt Capsensixx über die unterschiedlichsten Wachstumstreiber: In unserem Geschäftsbereich Verbriefungen beispielsweise (einem Geschäft das 2017 für etwa ein Drittel der Erlöse stand) haben wir unseren Gewinn im vergangenen Jahr um rund 78 Prozent gesteigert. Wir wachsen also als Capsensixx auf breiter Basis und sehen diese Aufstellung auch als einen Vorteil für unsere Aktionäre an

Warum braucht Capsensixx einen 66,6 Prozent-Anteil an einem Start-up, das mit ihrem Kerngeschäft nichts zu tun hat, warum sollen Anleger dafür bis zu 6,2 Millionen Euro geben?


Das Technologie-Start-up sehen wir als sehr aussichtsreiche Ergänzung unserer Wertschöpfungskette im Bereich Financial Administration as a Service. Die Verarbeitung von Finanz- und Rechnungsbelegen mittels der Coraixx Softwarelösung zahlt auf dieses Thema voll ein. Wir sehen uns schließlich als ein führender Partner für die Planung und Durchführung von effizienten Prozessen in der Finanzdienstleistung in Deutschland.

Coraixx ist ein Start-up, mit einer - gemeinsam mit Fraunhofer - entwickelten Softwarelösung. Mittels Künstlicher Intelligenz werden Belege automatisiert erkannt und verbucht. Welches Potenzial sehen Sie in der Technologie?


Erhebliches. Immerhin werden alleine in Deutschland jedes Jahr rund 450 Milliarden Euro für die Verarbeitung von rund 32 Milliarden Papierbelegen ausgegeben. Und durch den Einsatz der Software können wir für Unternehmen nicht nur Prozesse effizienter gestalten, sondern die Qualität und Quantität der digital verfügbaren Daten erheblich verbessern. Die Qualität der Coraixx-Lösung wird dadurch untermauert, dass ein großer internationaler Touristikkonzern die Lösung bereits nutzt.

Die IPO-Erlöse wollen sie in Coraixx investieren. Was genau haben sie vor?


Coraixx bietet eine selbstlernende Software an, mit der unstrukturierte Papierbelege in digitale Datensätze transformiert werden können. Ein Indiz für die Leistungsfähigkeit dieser Software ist der Umstand, dass bereits heute ein großer, international tätiger Touristikkonzern die Software einsetzt. Jetzt wollen wir natürlich die Marktpräsenz von Coraixx weiter ausbauen.

Sie planen einen Anteil zukünftiger Erträge als Dividende auszuschütten. Wie genau sieht ihre Dividendenpolitik aus?


Wir sehen die Capsensixx als Dividendenwert. Unser Ziel ist es, jährlich mehr als 50 Prozent des auf die Capsensixx entfallenden Jahresüberschusses auszuschütten.

Was wird in Zukunft der wesentliche Wachstumstreiber? Ihr Stammgeschäft oder Coraixx?


Unser Stammgeschäft wächst profitabel. Wir verfügen hier in den beiden Geschäftsbereichen über 10 Jahre Erfahrung und mehr. Das ist mithin eine etablierte und breite Wachstumsbasis. Von Coraixx erwarten wir viel, sind aber bei unserem Gewinnwachstum nicht darauf angewiesen. Insofern stellt Coraixx ein sehr schönes Sahnehäubchen dar, über dessen Größe ich gar nicht spekulieren will.