"Hoher Hebel für Profis." Mit diesem Slogan wirbt der CFD-Anbieter FXCM auf seiner Website dafür, dass sich Kunden als professionelle Trader einstufen lassen. Nicht nur FXCM, alle CFD-Broker haben ihr Herz für Profi-Anleger entdeckt. Denn durch die strenge Regulierung der europäischen Aufsichtsbehörde ESMA, die seit Anfang August in Kraft ist, wurden die hohen Hebel für Privatanleger stark begrenzt. Waren vorher Hebel von 100 bis 500 üblich, sind diese nun maximal auf den Faktor 30 limitiert. Je nach Basiswert fallen sie sogar noch viel geringer aus - bei Aktien liegen sie etwa höchstens bei fünf. Viele Anleger kaufen CFDs aber nur, da sie wegen der hohen Hebelwirkung auch mit geringem Kapitaleinsatz enorme Gewinne erzielen können. Die Regulierer bringen das Geschäft einiger Broker somit in Bedrängnis. Das sehen auch die Börsianer so. Die Aktien der beiden größten Anbieter sind um 30 bis 40 Prozent eingebrochen, seitdem die Regulierung gilt.

Daher suchen die Broker nach neuen Erlösquellen. Professionelle Trader bieten sich da an. Für sie gelten die strengen Auflagen der ESMA nämlich nicht. Sie können weiterhin mit Hebeln bis zu 500 spekulieren. Das kommt dem Geschäftsmodell der Broker entgegen. Denn es basiert zum großen Teil auf zwei Faktoren. Erstens: Je höher die Gewinnchancen, desto größer der Zulauf an Kunden. Zweitens: Wer höhere Hebel fährt, macht statistisch gesehen eher Verluste, was Erträge für den Broker bedeutet, da dieser oft die Gegenposition einnimmt.

Hohe Hürden



Das Problem ist aber, dass die Hürden für die Einstufung eines Privatinvestors als Profi-Trader hoch sind. Normalerweise ist sie institutionellen Anlegern vorbehalten. Aber auch Privatinvestoren können zum Profi werden, wenn sie mindestens zwei von drei Kriterien erfüllen, welche die ESMA fordert: im Schnitt zehn Trades pro Quartal während eines Jahres, wenigstens 500 000 Euro Bankguthaben und Wertpapiere sowie für mindestens ein Jahr die Ausübung eines Berufs am Kapitalmarkt, der Wissen über die in Betracht kommenden Geschäfte voraussetzt.

"Die Umstufung von privaten zu professionellen Tradern ist wegen der hohen Anforderungen nur für eine Minderheit der CFD-Anleger möglich", erklärt Philipp Hendel, Anwalt für Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Roller & Partner Rechtsanwälte. Einige CFD-Anbieter scheinen daher die Vorgaben breit auszulegen oder es mit der Prüfung nicht so genau zu nehmen. So erhielt Andreas Mueller, Blogger und Trading-Coach, mit nur 20 Euro auf dem Konto bei einem CFD-Anbieter den Status "professioneller Trader".

Das ist aber nicht der Regelfall. Auf Nachfrage von BÖRSE ONLINE bei wichtigen CFD-Anbietern zeigte sich, dass diese von ihren Kunden Kontoauszüge oder andere Schriftstücke über deren Vermögensverhältnisse fordern. Vorgeschrieben ist das nicht, im Haftungsfall sind die Finanzinstitute dann aber aus dem Schneider.

Eigentlich reicht den Anbietern die Kundenauskunft. Sie müssen jedoch dann nachfragen, wenn die Angaben nicht plausibel erscheinen. Im Falle Mueller wäre eine Nachfrage sicher angeraten gewesen, meint Hendel: "Broker dürfen die Augen nicht vor Offensichtlichem verschließen."

Auch bezüglich der Handelserfahrung wollen viele CFD-Anbieter schriftliche Belege sehen. GKFX etwa verlangt ein Arbeitszeugnis.

Hat es ein Anleger endlich geschafft, professioneller Trader zu werden, kann er ohne Hebelbegrenzung handeln. Ansonsten halten sich die Vorzüge in Grenzen: Er kann bei einigen Anbietern an Bonus- und Rabattprogrammen teilnehmen oder erhält bevorzugten VIP-Service.

Gravierende Nachteile



Es gibt jedoch auch große Nachteile. Für Profis besteht Nachschusspflicht, falls durch Verluste zu wenig Kapital auf dem Konto ist. Das kann zu riesigen Einbußen führen. Bei Privatkunden ist das ausgeschlossen. Einige Broker wie ActivTrades oder CMC Markets verzichten auf die Nachschusspflicht, bei anderen wie Admiral Markets greift sie erst ab 70 000 Euro Verlust.

Bei Privatanlegern sind die Anbieter auch verpflichtet, standardisierte Risikowarnungen an Kunden zu senden. Das trifft auf Profis nicht zu. Zudem dürfen Broker bei versierten Händlern Fachtermini in der Kommunikation verwenden. Ein weiterer Nachteil ist, dass ein normaler Kunde eine Beschwerde beim Ombudsmann der zuständigen Aufsichtsbehörde einreichen kann, was nichts kostet. Bei Beträgen bis 10 000 Euro darf dieser entscheiden. Dem Profi-Trader steht dagegen nur der teure Klageweg offen.

Überdies sind die Broker bei Profis nicht verpflichtet, die Kundengelder getrennt vom eigenen Kapital zu halten. Im Insolvenzfall des Brokers ist das Kapital der Profis somit schlechter geschützt. Sie dürften weit weniger zurückerhalten als normale Investoren.

"Der professionelle Kunde verzichtet auf einen Großteil der Schutzmechanismen, die durch die EU erlassen worden sind", warnt Dominic Schorle, Manager Kundenservice bei WH Selfinvest. Anleger sollten sich also genau überlegen, ob sie für den Vorteil eines höheren Hebels die vielen Nachteile in Kauf nehmen.