Ein Höhenflug jagte jahrelang den nächsten bei Palladium. Anfang Mai übertraf der Zwitter aus Industrie- und Edelmetall dann erstmals die Marke von 3.000 US-Dollar je Feinunze. Das war offenbar zu viel der Höhenluft. Seitdem geht es nur noch bergab, und das kräftig: Um mehr als ein Drittel auf rund 1.900 Dollar ist das Weißmetall abgestürzt.

Das hat vor allem mit dem Halbleitermangel und den damit verbundenen Fertigungsproblemen in der Autoindustrie zu tun. Da deswegen weniger Autos hergestellt werden können, wird auch weniger Palladium, das vorwiegend in Katalysatoren von Benzinmotoren eingesetzt wird, benötigt. Etwa vier Fünftel der Nachfrage nach dem Metall stammen aus dieser Branche.

Das veranlasste auch Investoren, dem Weißmetall den Rücken zu kehren. Im dritten Quartal gab es Abflüsse aus ETFs im Wert von 36.000 Feinunzen, im September verstärkten sich diese noch. Hinzu kam, dass Leerverkäufer zunehmend ihr Glück bei Palladium versuchten und den Preis zusätzlich unter Druck setzten. Der enge, wenig liquide Markt ist wie geschaffen für Shortselling-Attacken.

Seit drei Wochen scheint sich der Palladiumpreis aber bei etwa 1.900 Dollar stabilisiert zu haben. Henrik Marx, Leiter Handel beim Edelmetallhändler Heraeus, kann sich jedoch sogar noch etwas tiefere Preise vorstellen, da der Chipmangel gravierend sei und auch 2022 noch andauern könne. Träfe das zu, würde aus dem globalen Angebotsdefizit in diesem Jahr sogar ein Angebotsüberschuss bei Palladium im nächsten Jahr. Zwischenerholungen beim Preis schließt er aber nicht aus.

Benjamin Louvet, Manager des Fonds Precious Metals bei OFI Asset Management, glaubt dagegen nicht, dass die Autohersteller ihre Produktion weiter drosseln werden und die Probleme über das Jahresende anhalten. Er ist anders als Marx vor allem mittelfristig zuversichtlich für eine Preiserholung und erwartet, dass der Palladiummarkt in den nächsten Jahren angespannt bleibt. Grund dafür sei, dass die Minenproduktion kaum zulegen werde und die Nachfrage nach dem Metall steigen dürfte.

Hoher Bedarf in Hybridautos

Das habe mehrere Ursachen. "Die Umstellung auf Elektroautos, die kein Palladium brauchen, dürfte länger dauern als von vielen Experten angenommen. Konventionelle Fahrzeuge werden so schnell nicht verschwinden", ist Louvet überzeugt. Überdies würden bis 2025 jährlich auch zehn Millionen Hybridfahrzeuge verkauft, die zehn bis 15 Prozent mehr Palladium benötigten als herkömmliche Autos. Zudem werden die Umweltauflagen weltweit für Fahrzeuge strenger. Das und der zunehmende Verkauf von SUVs, die mehr Katalysatorleistung benötigen, erhöhen den Bedarf an dem Weißmetall zusätzlich. "Ich sehe daher aktuell eine hervorragende Kaufgelegenheit für Anleger", rät Louvet zum Einstieg.

Auch die Charttechnik spricht dafür. Bis zur 200-Tages-Linie bei 1.750 Dollar ist noch Luft nach unten und das Metall ist stark überverkauft. Mutige Anleger kaufen den Physical Palladium ETC von WisdomTree (ISIN: DE 000 A0N 62E 5). Es gibt keine Währungssicherung.