Wettbewerber wie das niederländische Unternehmen Alfen haben mit einem dreistelligen Kursplus in diesem Jahr bereits gezeigt, dass die Branche für Investoren interessant ist. BÖRSE ONLINE sprach mit dem Co-CEO und Finanzvorstand Georg Griesemann über den Börsengang, die Branche, den Wettbewerb und die weiteren Aussichten für das Unternehmen.

Börse Online: Herr Griesemann, Green Tech liegt im Trend. Auch Unternehmen, die sich mit der Ladeinfrastruktur beschäftigen, sind angesagt. Man könnte meinen, Sie nutzen dieses Umfeld aus, um einen möglichst hohen Emissionserlös zu erzielen.
Georg Griesemann: Das tun wir nicht. Für die Branche und unser Unternehmen sehen wir in den kommenden Jahren ein sehr hohes Wachstum. Analysten schätzen, dass der Markt in den kommenden zehn Jahren durchschnittlich um 30 bis 35 Prozent zulegt. Um mitzuhalten und wenn möglich, noch besser abzuschneiden, brauchen wir Geld für die Wachstumsfinanzierung.

Wie sieht diese denn genau aus?
Wir sehen, dass die Elektromobilität nicht nur in Deutschland, sondern auch im Rest von Europa wächst. Deswegen wollen wir mit einer Anschubfinanzierung im Ausland, vor allem in den Benelux-Ländern, aber auch in Österreich und der Schweiz wachsen. Zudem wollen wir einen Teil des Nettoemissionserlöses von bis zu rund 50 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung sowie einen neuen Standort in Dortmund investieren.

Der Wettbewerb ist nicht gerade klein. Sie konkurrieren mit großen Unternehmen und anderen bereits börsennotierten Firmen. Wie wollen Sie sich durchsetzen?
In der Branche sind wir das einzige Unternehmen, das sich ausschließlich um die Ladeinfrastruktur mit unterschiedlichen Produkten kümmert. Dazu übernehmen wir die Projektierung und den Service. Somit sind wir ein Spezialist im Markt.

Wie groß ist Ihr Marktanteil?
Der Marktanteil ist schwer einzuschätzen, da eine verlässliche Gesamtzahl aller Ladesäulen fehlt. In Deutschland gibt es circa 28 000 öffentliche Ladepunkte. Hinzu kommt jedoch noch ein Vielfaches an halböffentlichen Ladepunkten und solchen für Flotten und Mitarbeiter. Wir haben in Deutschland seit 2009 mehr als 22 000 Ladepunkte ausgeliefert.

Die Elektromobilität wird derzeit stark gefördert. Was passiert, wenn dies ausläuft?
Aktuell ist das nicht absehbar. Der Staat fördert sie mit 2,5 Milliarden Euro sehr stark, inklusive der Infrastruktur. Dazu kommt die Unterstützung der Länder. Wir sehen eine immer größere Akzeptanz bei den Autofahrern. Viele Hersteller haben Engpässe bei der Lieferung. Sukzessive kommen neue Modelle vieler Hersteller auf den Markt.

Das sollte dann Ihren Absatz ebenfalls kräftig ankurbeln.
Das ist richtig. Unser Umsatz lag zur Jahreshälfte bei mehr als 14 Millionen Euro, fast so hoch wie im gesamten Geschäftsjahr 2019. Diesen Trend wollen wir auch auf Gesamtjahressicht fortsetzen.

Wie wichtig sind schwarze Zahlen für Sie?
Derzeit steht Wachstum an erster Stelle. Wir investieren daher massiv in die Weiterentwicklung unserer Produkte und unsere Expansionspläne. Nach vorn gerichtet wollen wir schwarze Zahlen schreiben.

Machen die Altgesellschafter Kasse?
Es werden auch Aktien der Altaktionäre angeboten, aber der größere Teil des Emissionserlöses wird in die Firma fließen. Alle Beteiligten, also der Aufsichtsratsvorsitzende und Gründer wie auch das Management, sind langfristig orientiert. Die Lock-ups werden selbstverständlich eingehalten.

Ist die angestrebte Bewertung von 150 bis 200 Millionen Euro nicht zu ambitioniert?
Das sehen wir nicht so. Unser Wettbewerb wird aktuell mit teilweise deutlich höheren Multiples an der Börse bewertet.