Italien hat die Coronavirus-Epidemie am härtesten getroffen. Schulen, Kinos und Theater sind geschlossen. Das Land hat schon mehr als 100 Todesfälle zu beklagen, die Zahl der Infizierten schnellte innerhalb von zwei Wochen auf mehr als 3000. "Die Leute haben Angst, einige reisten vorzeitig ab, andere kamen erst gar nicht an oder baten am Telefon um eine Erstattung", sagte Boulbain.

Die Corona-Epidemie wirkt verheerend auf die weltweite Reisebranche. Unternehmen streichen Geschäftsreisen, Messen und andere Großveranstaltungen fallen aus, Verbraucher zögern mit ihren Urlaubsbuchungen. Mehr als zehn Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entfallen normalerweise auf die Reisebranche. Veranstalter, Hotelbesitzer und Branchenexperten befürchten, die Branche mit ihren über 300 Millionen Arbeitsplätzen werde in eine schwere Krise schlittern. Es trifft Airlines, Hotels und Reiseveranstalter. Vier Fünftel des Marktes sind Urlaubsreisen, der Rest Geschäftsreisen.

In Deutschland begannen die Reisebuchungen ab Mitte Februar zu sinken, erklärte Dörte Nordbeck von Travel Data + Analytics. In der vergangenen Woche lagen sie 37 Prozent unter Vorjahr. "Es ist eine generelle Zurückhaltung zu beobachten. Aber der Urlaub hat einen so großen Stellenwert, dass es vielleicht nur eine vorübergehende Zurückhaltung ist, die sich ausgleichen kann", sagte sie in einer Online-Pressekonferenz, die ersatzweise zur abgesagte Reisemesse ITB in Berlin abgehalten wurde.

Nach einer Umfrage des Reisevermittlungsportals Urlaubspiraten unter 27.000 Nutzern erklärten 72 Prozent, sie hielten an ihren bestehenden Reiseplänen fest. Nur neun Prozent hätten ihre anstehenden Reisen storniert oder verschoben. Gut ein Drittel warte mit dem Buchen noch ab, wie sich die Lage weiter entwickelt. Etwa vier von fünf Teilnehmern gab an, im Sommer wie immer verreisen zu wollen. Die Befragten kommen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien.

Experten des Beratungsunternehmens Tourism Economics schätzen, dass der Reisemarkt in diesem Jahr um 1,5 Prozent schrumpfen wird. Das wäre der erste Rückgang seit dem Jahr der Finanzkrise 2009. Die Region Asien-Pazifik werde unter der in China ausgebrochenen Lungenkrankheit am stärksten leiden mit einem Rückgang der Besucherzahlen um zehn Prozent. Sollte die Epidemie im ersten Halbjahr eingedämmt werden, könnte die Branche die Einbußen bis zum kommenden Jahr wett machen, erklärte David Goodger, Fachmann für die Regionen Europa und Nahost von Tourism Economics.

Den Buchungsrückgang spüren auch Reiseziele wie Venedig, das normalerweise unter einem viel zu großen Touristenansturm leidet und über "Overtourism" klagt. "Im Moment kommen nur einige Italiener, die Ausländer bleiben weg", sagte Giacomo Busatto, der das Boutiquehotel Ca'Pagan führt. Momentan bietet er 60 Prozent Ermäßigung auf die Zimmerpreise für März an und 30 Prozent für April. "Wir haben keine Ahnung, wie lange das dauert", sagte seine Kollegin Boulbain resigniert. "Wir verlieren Geld. Wir hatten schon das ungewöhnlich starke Hochwasser. Was kommt als nächstes - eine Seuche?"

rtr