Der Stuttgarter Autobauer Daimler geht mit verhaltenem Optimismus ins neue Jahr. "Wir gehen davon aus, das Konzern-Ebit 2017 nochmals leicht zu steigern", sagte Konzernchef Dieter Zetsche auf der Jahrespressekonferenz am Donnerstag in Stuttgart. "Leicht" stehe dabei für einen Zuwachs von "2,5 bis zehn Prozent", erläuterte Finanzvorstand Bodo Uebber auf eine entsprechende Nachfrage. Analysten hatten dem Konzern knapp zehn Prozent zugetraut.

Damit sind die Zeiten des stürmischen Wachstums bei Daimler vorerst vorbei. 2014 und 2015 hatten die Schwaben das operative Ergebnis noch um satte 36 und 27 Prozent verbessert. 2016 reichte es beim bereinigten operativen Ergebnis noch zu einem Zuwachs um drei Prozent. Das unbereinigte operative Ergebnis war im vergangenen Jahr sogar um zwei Prozent auf 12,9 Milliarden Euro gesunken. Daimler richtet sich wegen geänderter EU-Vorschriften ab 2017 bei seinen Prognosen nach dieser Messlatte.

Zuversicht fürs Pkw-Geschäft



Zwar erwartet das Unternehmen angesichts seiner rund erneuerten Produkt-Palette im Pkw-Geschäft um Mercedes-Benz für 2017 operativ erneut deutliche Zuwächse. Im Premium-Segment hatte die Marke mit dem Stern im Vorjahr BMW überholt und wieder die Spitze zurückerobert. Die wollen die Schwaben auch im laufenden Jahr verteidigen.

Doch in seiner Nutzfahrzeug-Sparte geht der Konzern im laufenden Jahr von einem leichten Gewinnrückgang aus. In der Transporter-Sparte werde das operative Ergebnis sogar "deutlich" unter dem Wert von 2016 liegen, hieß es.

Zur Begründung für den verhaltenen Ausblick verwies Uebber auf volatile Märkte und "politische Unsicherheiten". Viele Beobachter verstanden die Aussage auch als Hinweis auf den Brexit, aber auch auf die wachsenden Fragezeichen hinter der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA und die weltweit wachsenden Sorgen um einen möglichen US-Protektionismus. Dazu wollten sich Zetsche und Uebber am Donnerstag jedoch auch auf mehrere Journalisten-Nachfragen nicht äußern.

Sorgenkind Trucksparte



Hauptsorgenkind im Daimler-Reich bleibt weiterhin die Trucksparte. In der konjunktur-sensiblen Sparte hatten die Schwaben 2016 einen Absatzrückgang von 17 Prozent zu verkraften. Vor allem in Brasilien kämpft Daimler Trucks mit großen Problemen. Auf dem Subkontinent war die Nachfrage in den vergangenen Jahren faktisch kollabiert. Zudem war zuletzt auch die Nachfrage auf dem US-Markt spürbar deutlich abgeflaut, auf anderen wichtigen Märkten wie Indonesien oder Indien ging es sogar bergab.

Um die Sparte wieder auf Kurs zu bringen und die angepeilte operative Ziel-Marge von acht Prozent zu erreichen, bereitet Daimler-Truck-Chef Wolfgang Bernhard ein weiteres Sparprogramm vor. Insgesamt sollen die Kosten in Brasilien und Europa im laufenden Jahr um weitere 400 Millionen Euro runter. "Wir schauen unter jeden Stein", sagte Bernhard. Die geplanten Einschnitte werden freilich teuer. 500 Millionen Euro will sich Daimler das Sparprogramm kosten lasten. Das Gros des Aufwands werde im zweiten Halbjahr 2017 anfallen, sagte Uebber.

Langfristig sieht sich der Konzern jedoch hervorragend aufgestellt. Daimler habe die Weichen in Richtung Elektromobilität gestellt", sagte Zetsche. Wer die Zukunft des Autos von der Spitze aus gestalten wolle, brauchte beides: "Finanzkraft und Innovationskraft". Die Kombination beider Faktoren sei "bei Daimler heute stärker denn je".

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Einschätzung der Redaktion



Daimler hat einen zurückhaltenden Ausblick auf das neue Jahr gegeben. An der Börse kam das nicht gut an. Die Daimler-Aktie fiel heute mit einem Minus von 3,62 Prozent ans Dax-Ende.

Wir halten den Kursrückgang jedoch für übertrieben. Daimler-Finanzchef Bodo Uebber ist für seine konservativen Prognosen bekannt. Zwar ist die Lage angesichts der Nachfrage-Rückgänge bei Daimler Trucks tatsächlich nicht einfach. Gemessen am Umsatz stehen die Brummis immerhin für rund 20 Prozent des Konzern-Umsatzes. Aber Lkw-Boss Wolfgang Bernhard hält mit einem Sparprogramm im laufenden Jahr entschlossen dagegen.

Und in der Pkw-Sparte steht die Ampel derzeit ohnehin auf grün. Schließlich verfügen die Schwaben zur Zeit über das jüngste Produkt-Portfolio im Premium-Segment - und das erfolgreichste obendrein.

Die Konkurrenz ist entsprechend unter Druck. Bei BMW rollt zwar gerade der neue Fünfer auf die Straße, aber es ist völlig offen, wie gut sich der Neue gegen die ebenfalls völlig neue und margenstarke E-Klasse behaupten kann. Und bis zum Start des neuen und volumen-starken Dreiers wird es noch etwas dauern.

Und Audi hat derzeit ohnehin genug damit zu tun, sich von den Folgen des teuren Dieselskandals zu erholen. Eine Milliarde Euro haben die Ingolstädter wegen der Schummeleien schon zurückgelegt. Nun kommt wohl noch mal eine dreistellige Millionen-Summe dazu. Das Geld fehlt dem Konzern für die überfälligen Investitionen in die Elektro-Mobilität und die weitere Digitalisierung.

Daimler kann dagegen aus dem Vollen schöpfen. Bis 2018 will der Konzern satte 30 Milliarden Euro in neue Modelle, E-Auto-Offensive oder autonomes Fahren stecken. Das drückt zunächst auf das Ergebnis, sichert aber das Geschäft langfristig ab.

Daimler ist finanziell bestens aufgestellt. Auch die Dividende passt. 3,25 Euro dürften die Aktionäre für 2016 erhalten. Damit bleibt die Dividendenrendite bei sehr ansehnlichen 4,7 Prozent.

Trotz des heutigen Rückschlags bleibt auch charttechnisch alles im grünen Bereich. Kurzfristig könnte das Papier die Unterstützungszone zwischen 62 und 64 Euro testen. Hält die, ist der Weg für Kursgewinne frei.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 73,00 Euro
Stopp: 62,00 Euro