Der Mann, der die Art und Weise, wie wir Musik hören, revolutionieren sollte, kam 1983 in Stockholm zur Welt. Daniel Ek wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater hatte die Familie verlassen, als er noch ein Baby war, sein Stiefvater arbeitete in der IT-Branche. Mit Musik und Technologie, den beiden Grundelementen von Spotify, machte Daniel Ek bereits als Fünfjähriger Bekanntschaft: Seine Eltern schenkten ihm eine Gitarre und einen Commodore-VC-20-Computer, und nach zwei Jahren beherrschte er beides perfekt.

Während in der elterlichen Wohnung im Stockholmer Ragsved-Quartier im Hintergrund MTV mit den neuesten Hits lief, schrieb Ek bereits Codes. Mit 14 baute er im Computerraum seiner Schule kommerzielle Websites für Kleinunternehmer. Solche Websites kosteten damals rund 50 000 Dollar, er bot sie zum Schnäppchenpreis von 5000 Dollar an. Bald verdiente er 15 000 Dollar im Monat. Alles, was mit dem Internet zu tun hatte, faszinierte ihn. Er kaufte Server, bloß um zu sehen, wie sie funktionierten, und verdiente am Ende weitere 5000 Dollar pro Monat für das Hosten von Websites. Die vielen Server in seinem Zimmer entwickelten dabei eine fast unerträgliche Hitze, sodass er sich meist bis auf die Unterwäsche ausziehen musste.

Mit 16 bewarb sich der Gymnasiast bei Google als Ingenieur. Vergeblich. Man beschied ihm: "Komm zurück, wenn du einen Abschluss hast." Schwer gekränkt machte er sich nun daran, seine eigene Suchfirma aufzubauen. "So schwer kann das nicht sein", dachte er. "Aber es stellte sich heraus, dass es wirklich schwer war", gestand er in einem TV-Interview. Er gab das Projekt auf und wollte Ingenieurwissenschaften studieren.

Er schrieb sich am schwedischen Royal Institute of Technology ein, schmiss das Studium aber nach acht Wochen, nachdem er erkannt hatte, dass er das gesamte erste Jahr ausschließlich theoretische Mathematik hätte büffeln müssen. Stattdessen schrieb er für ein Stockholmer Werbenetzwerk namens Tradedoubler ein Programm, das so effektiv war, dass das Unternehmen ihm 2006 etwa eine Million Dollar für die Rechte bezahlte. Eine weitere Million kam dazu, nachdem er verwandte Patente verkauft hatte. Daniel Ek war gerade mal 23 - und Selfmade-Millionär. Auf der Jagd nach dem schnellen Glamourleben hatte er eine Dreizimmerwohnung im Zentrum von Stockholm und einen kirschroten Ferrari 360 Modena gekauft und ließ in den angesagten Clubs der Stadt die Champagnerkorken knallen. "Ich war mir zutiefst unsicher, wer ich war und wer ich sein wollte", zitierte ihn "Forbes". Und dem Magazin "New Yorker" verriet er: "Ich wollte immer dazugehören und dachte, dass ich am Ziel wäre, wenn ich Geld hätte. Stattdessen hatte ich keine Idee, wie ich mein Leben leben wollte." Die Frauen, mit denen er ausging, hätten ihn nur ausgenutzt. Und die neuen Freunde seien nur in guten Zeiten dagewesen und hätten ihn schnell wieder fallengelassen.

Ek, von Depressionen und sogar Suizidgedanken geplagt, verkaufte den Ferrari und zog in eine 29 Quadratmeter große Holzhütte in den Wäldern rund 30 Kilometer südlich von Stockholm. Es war ein harter Winter, Ek spielte Gitarre und meditierte. Er überlegte sogar, Berufsmusiker zu werden - neben Gitarre beherrscht er auch Bass, Schlagzeug, Klavier und Mundharmonika. "Ich wäre als Musiker nicht reich geworden, aber ich hätte meinen Lebensunterhalt verdienen können." In der Einsamkeit des schwedischen Winters beschloss er schließlich, seine beiden Leidenschaften Musik und Technik irgendwie zu kombinieren. Er erinnerte sich an seine Jugendzeit, als er mit der illegalen Download-Börse Napster Zugang zu vielen neuen Songs erhalten hatte. Vor allem zu den Beatles und Led Zeppelin, seinen Lieblingsbands.

Erfolgreiches Duo

Er hing zu der Zeit auch oft mit Martin Lorentzon ab, dem Boss von Tradedoubler, einem energischen 42-Jährigen, der zweimal täglich trainierte. Lorentzon war ein Silicon-Valley-Veteran, der Tradedoubler 2005 an die Börse gebracht und 70 Millionen Dollar verdient hatte. In Gesprächen mit Lorentzon kristallisierte sich die Idee einer legalen Plattform heraus, die breiten Zugang zu Millionen Songs ermöglichen würde. Das war die eigentliche Geburtsstunde von Spotify.

Als Ek ihn zum ersten Mal in seiner Stockholmer Wohnung besuchte, fand er nur eine Matratze und einen Laptop vor, der auf einem Ikea-Stuhl stand. Ek: "Ich habe ihn gefragt, wann er eingezogen sei. Als er sagte, es sei mehr als ein Jahr her, wusste ich, dass er nicht glücklich war." Die beiden schauten zusammen Mafiafilme wie die "Godfather"-Trilogie oder "Carlito’s Way" an und verstanden sich prächtig. "Ich hatte ein sehr starkes Gefühl, als ich Daniel traf", sagt Lorentzon. "Um eine Partnerschaft einzugehen, muss ich die Person wie einen Bruder mögen, weil wir mit so vielen Problemen konfrontiert werden. Der Wert eines Unternehmens ist die Summe der Probleme, die man gemeinsam löst."

Ek investierte sein eigenes Geld in die Entwicklung von Spotify und ging bei den Musikkonzernen Klinken putzen, die sich vor allem an der Gratisvariante des Streamingdienstes störten. Diese hatte zwar Werbepausen, erlaubte aber trotzdem einen stundenlangen Musikkonsum. Viele Künstler warfen Ek vor, ihre Musik zu entwerten, weil sie für Millionenabrufe nur Centbeträge erhielten. Doch Ek hielt an seinem Konzept fest. Er argumentierte, dass man mit dem Gratisangebot die Nutzer zunächst einmal auf die Plattform holen und sie mit der Zeit überzeugen könne, für ein Abo zu bezahlen.

Im Oktober 2008 ging Spotify in Skandinavien, Frankreich, Großbritannien und Spanien live. Es dauerte fast drei Jahre, bis der Streamingdienst in den USA verfügbar war. Im April 2018 wurde Spotify an der New Yorker Börse gelistet. Ek besitzt rund neun Prozent der Aktien, hat aber ein Stimmrecht über 37 Prozent.

Als erste legale Alternative zur weitverbreiteten Piraterie etablierte sich Spotify rasend schnell, hat mittlerweile über 180 Millionen Nutzer. 87 Millionen davon sind zahlende Abonnenten.

Heute ist der Schwede mit noch nicht mal 40 Jahren eine der Schlüsselfiguren im globalen Musikbusiness. Aber Ek gibt sich betont geerdet, ist zurückhaltend und selbstkritisch, hört aufmerksam zu. Er ist befreundet mit Mark Zuckerberg und verheiratet mit der Journalistin und Ex-Schauspielerin Sofia Levander. Das Paar hat zwei Kinder.

Seit seinem achten Lebensjahr ist Ek Anhänger des englischen Fußball-Erstligisten Arsenal. Im Mai 2021 gab er ein offizielles Kaufangebot für den Londoner Club ab - der aktuelle Mehrheitseigner ist der US-Milliardär und Immobilien-Tycoon Stan Kroenke. Er werde den Hut in den Ring werfen, sollten Anteile zum Verkauf stehen, so Ek. "Sie haben geantwortet, dass sie das Geld nicht brauchen", gab Ek etwas verschnupft via Twitter bekannt. Zum gebotenen Kaufpreis äußerte er sich nicht. Arsenal wird laut "Forbes" mit 2,8 Milliarden Dollar bewertet.