Genährt wurde der Optimismus von Aussagen des irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar. Dieser bezeichnete nach einem "sehr positiven" Treffen mit seinem britischen Kollegen Boris Johnson einen Kompromiss im Brexit-Streit als in greifbarer Nähe. Johnson will sein Land wie geplant zum 31. Oktober aus der EU führen. Knackpunkt bei den Gesprächen ist das künftige Grenzregime zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland. Die EU will eine harte Grenze verhindern, auch um ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts zu vermeiden.

Am Devisenmarkt lösten die Hoffnungen auf eine Einigung bis zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag eine Rally beim Pfund Sterling aus. Die britische Währung verteuerte sich seither um jeweils mehr als zwei Cent auf knapp 1,25 Dollar und gut 1,13 Euro. Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets mahnt allerdings zur Besonnenheit. "Jeglicher Deal muss nicht nur von der EU, sondern auch vom Unterhaus verabschiedet werden." Das britische Parlament sei derzeit aber nicht gerade bekannt dafür, sich auf irgendetwas einigen zu können.

ENTSPANNUNGSSIGNALE IM ZOLLSTREIT


Ermutigende Signale senden auch die Zoll-Streithähne USA und China. Die im Raum stehende Teil-Einigung in Form eines Währungspaktes sei allerdings kaum als Erfolg zu werten, monierte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. Schließlich habe sich die Regierung in Peking in den vergangenen Jahren ohnehin eher gegen eine Abwertung ihrer Währung gestemmt als diese zu befeuern. "Was zählt, ist, dass ein solches Teil-Abkommen - so inhaltslos es auch sein mag - eine weitere Runde von Zollerhöhungen verhindern dürfte, was wiederum hilft, Rezessionsängste an den Märkten zurückzudrängen."

Die Hoffnung auf eine Entschärfung der Dauer-Krisen Zollstreit und Brexit verhalf dem Dax in den vergangenen Tagen zu einem Kursplus von insgesamt gut drei Prozent. Damit steuerte der deutsche Leitindex auf den größten Wochengewinn seit einem halben Jahr zu.

ERSTE GROSSE WELLE VON FIRMENBILANZEN


Unabhängig davon läuten am Dienstag die Großbanken Citigroup, Goldman Sachs und JPMorgan mit ihren Quartalsergebnissen die heiße Phase der US-Bilanzsaison ein. In den Tagen darauf folgen die Bank of America und Morgan Stanley. Außerdem öffnen die Online-Videothek Netflix und der "Marlboro"-Anbieter Philip Morris ihre Bücher.

Bei den Konjunkturdaten steht unter anderem der ZEW-Index am Dienstag auf dem Terminplan, der die Stimmung der deutschen Börsenprofis widerspiegelt. Am Tag darauf wird in den USA der Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed veröffentlicht. "Das 'Beige Book' wird ein differenzierteres Bild davon geben, wie sich der Handelskonflikt auswirkt", sagt Philippe Waechter, Chef-Volkswirt des Vermögensverwalters Ostrum. "Diese Analysen bieten auch neue Anhaltspunkte dafür, was die Fed bei ihrer nächsten Sitzung entscheiden könnte." Investoren rechnen bislang mehrheitlich mit einer erneuten Zinssenkung um einen viertel Prozentpunkt.

rtr