Mit einer erneut angehobenen Prognose hat der Softwarekonzern SAP die Berichtssaison zum dritten Quartal furios eingeläutet (siehe S. 40). Wegen der Indexerweiterung legen erstmals 40 statt 30 DAX-Konzerne ihre Zahlen vor - und das in einem Umfeld, das es so noch nie gegeben hat. Denn neben dem Materialmangel machen inzwischen auch stark steigende Energiepreise immer mehr Konzernen zu schaffen. "Damit ergibt sich für viele Unternehmen eine wahre Kostenexplosion", sagte Donner & Reuschel-Chefvolkswirt Carsten Mumm gegenüber €uro am Sonntag. "Deutlich weniger Unternehmen werden deshalb die Erwartungen erfüllen oder übertreffen." Dabei hatten die DAX-Konzerne im zweiten Quartal noch ein operatives Rekordergebnis von 46 Milliarden Euro eingefahren. Allein 17 Milliarden entfielen dabei auf die Autobauer VW, Daimler und BMW.

Doch gerade diese Branche leidet am stärksten unter Materialengpässen und Chipmangel. Ob Stahl, Holz, Halbleiter für die Chip-Industrie oder Aluminium - es wirkt fast so, als seien alle Vorprodukte und Rohstoffe derzeit knapp in Deutschland. Laut Ifo-Institut klagen 77 Prozent aller deutschen Unternehmen und 97 Prozent aller Autofirmen über Engpässe. Die Daimler-Tochter Mercedes-Benz meldete vergangene Woche bereits einen Absatzeinbruch von 30 Prozent im dritten Quartal.

Chemie als Gewinner


"Der Chipmangel wird sich noch bis ins nächste Jahr ziehen", schätzt Klaus Wohlrabe, Experte beim Ifo-Institut. Viele Unternehmen könnten die weiterhin hohe Nachfrage zunächst noch aus den Lagerbeständen bedienen. Zum anderen versuchten viele, die gestiegenen Beschaffungspreise an die Kunden weiterzugeben, so Wohlrabe. Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft verweist ebenfalls auf die gute Auftragslage, sodass sich die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie wohl schlimmstenfalls verzögere.

Besonders betroffen von Engpässen und Preisanhebungen sind energieintensive Branchen wie Fahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbauer. Höhere Frachtkosten wiederum belasten Konzerne wie Adidas oder Puma, die ihre Produktion in Ländern wie Vietnam konzentrieren. Daneben gibt es auch Gewinner in diesem Umfeld. Von hoher Nachfrage nach Basischemikalien und Baustoffen und den daraus resultierenden Preissteigerungen profitieren laut einer Commerzbank-Analyse Konzerne wie BASF, Covestro und HeidelbergCement. Der Baustoffkonzern hat angekündigt, seine Preise deutlich anzuheben. "Stabil dürften auch die Ergebnisse aus dem Konsum- und Gesundheitsbereich ausfallen", erläutert Donner & Reuschel-Experte Mumm. Der DAX-Riese SAP wiederum konnte von Fortschritten bei seiner Cloud-Neuausrichtung profitieren.