Die Furcht vor einem heftigen Konjunktureinbruch in China hat zu Wochenbeginn massive Schockwellen durch die Finanzmärkte gejagt. Anleger warfen weltweit Aktien im hohen Bogen aus ihren Depots. Auch an den Rohstoffmärkten brachen die Preise für Öl und Kupfer ein. Der Dax rutschte auf rund 9338 Zähler und damit weit unter die psychologisch wichtige Marke von 10.000 Punkten. Damit sind die seit Jahresanfang angehäuften Gewinne aufgezehrt. Auch an der Wall Street gingen die Kurse dramatisch in die Knie: Dow-Jones - und S&P500 verloren allein in den ersten Handelsminuten rund sechs Prozent, der Dow ging um mehr als 1000 Punkte in die Knie. An der Computerbörse Nasdaq ging es mehr als acht Prozent abwärts.

"Wir sind mitten in einer Panikattacke und China ist das Epizentrum", erklärten die Analysten von JP Morgan Cazenove. Die Furcht vor den Folgen einer Wachstumsdelle in China für die gesamte Weltwirtschaft mache die Investoren höchst nervös, sagte Tobias Basse von der NordLB.

Der Dax rutschte bei sehr hohen Umsätzen in der Spitze um 7,6 Prozent auf 9338 Punkte ab - das war der niedrigste Stand seit Anfang Januar. Noch im April hatte der Leitindex dank der milliardenschweren Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Rekordhoch von 12.390,75 Zählern aufgestellt. Der EuroStoxx50 verlor sieben Prozent. Begonnen hatte das Beben in der Nacht in China, wo der Shanghai-Composite 8,5 Prozent absackte. Die Entscheidung der Pekinger Regierung, Pensionsfonds erstmals Investitionen am Aktienmarkt zu gestatten, enttäuschte die Anleger. Börsianer hatten offenbar damit gerechnet, dass die chinesische Notenbank die Märkte mit neuen Geldspritzen stützen würde.

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CHINAS WIRTSCHAFT SCHWÄCHELT



China galt bislang als einer der zukunftsträchtigsten Absatzmärkte weltweit. Ob deutsche Autobauer oder französische Luxusgüterhersteller - sie alle haben zuletzt vor allem auf die Chinesen als Konsumenten gesetzt. Entsprechend sind die Aktienkurse dieser Branchen seit Wochen auf Talfahrt. Denn schon seit Jahresbeginn häufen sich die Anzeichen für eine stärkere Abkühlung der chinesischen Wirtschaft. Von den früher zweistelligen Wachstumsraten ist schon lange nichts mehr zu sehen. Für 2015 strebt die Regierung ein Plus von sieben Prozent an - es wäre der kleinste Zuwachs seit einem Vierteljahrhundert.

Die chinesische Zentralbank versucht sich mit aller Macht gegen den Abwärtstrend zu stemmen: So ließ sie die Landeswährung Yuan kräftig abwerten, was chinesische Waren im Ausland billiger macht - und ausländische Waren in China teurer. Viele Anleger sahen darin einen weiteren Beleg, dass es um die nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft alles andere als gut bestellt ist.

An den Rohstoffmärkten nahmen die Anleger ebenfalls Reißaus. China ist einer der größten Konsumenten von Industrierohstoffen. Der Preis für Nordseeöl der Sorte Brent fiel um 4,8 Prozent auf 43,28 Dollar je Fass (159 Liter) und damit auf den tiefsten Stand seit März 2009. Kupfer verbilligte sich um 3,4 Prozent auf 4882 Dollar je Tonne und war damit so billig wie seit mehr als sechs Jahren nicht mehr.

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EURO AUF SIEBEN-MONATS-HOCH



Belastet wurden die Aktienbörsen in Europa neben den China-Sorgen auch durch einen wieder steigenden Euro -Kurs, der europäische Waren im Ausland verteuert. Grund dafür sind die Spekulationen auf eine Verschiebung der ersten Zinserhöhung in den USA seit der Finanzkrise 2007/08. "Die Risiken in China und die dadurch ausgelösten Turbulenzen an den Finanzmärkten sollten die Fed dazu bringen, einen Zinsschritt im September zu verschieben", erklärte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. Daher lösten viele Anleger ihre Wetten auf einen steigenden Dollar auf, was im Gegenzug den Euro in der Spitze auf 1,1711 Dollar trieb. Damit notierte die Gemeinschaftswährung Euro wieder auf dem Niveau von Mitte Januar.

Zuflucht suchten die Anleger in den gern als sichere Häfen angesteuerten zehnjährigen Bundesanleihen. Auch der Goldpreis setzte seine Aufholjagd fort und zog leicht um 0,2 Prozent auf 1162,91 Dollar je Feinunze an.

Reuters