Nachdem sein US-Pendant Dow Jones Industrial (Dow Jones 30 Industrial) am Mittwoch mit einem kräftigen Plus die Marke von 25 000 Punkten zurückerobert und der technologielastige Auswahlindex NASDAQ 100 erneut ein Rekordhoch erreicht hatte, deutet sich aktuell eine deutlich abnehmende Dynamik an.

Das bekamen auch die deutschen Nebenwerte-Indizes zu spüren: Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen verlor 0,02 Prozent auf 26 802,92 Punkte; beim Technologiewerte-Index TecDAX stand bei 2841,64 Punkten ebenfalls ein Minus von 0,02 Prozent zu Buche. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (EURO STOXX 50) ging es zuletzt noch um 0,14 Prozent bergauf.

Vor dem G7-Gipfel am Wochenende dürften die Anleger eine klare Positionierung scheuen, warnte Timo Emden von Emden Research. Derzeit überwögen offensichtlich noch die Hoffnungen auf einen Konsens der sieben großen westlichen Industriestaaten.

Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets UK erinnerte zudem an die Sitzungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed, von denen die Anleger kommende Woche geldpolitische Signale erwarteten. Am Mittwoch hatten Aussagen von Bundesbankpräsident Jens Weidmann und von EZB-Chefvolkswirt Peter Praet Erwartungen geschürt, dass Europas Währungshüter ihre milliardenschweren Anleihekäufe noch in diesem Jahr beenden könnten.

Auf der deutschen Unternehmensagenda sah es am Donnerstag recht übersichtlich aus. Im Dax setzten die Deutsche Bank und die Commerzbank ihre jüngste Erholung fort: Die Aktien der beiden Geldhäuser legten in einem freundlichen Branchenumfeld um 1,41 beziehungsweise 0,98 Prozent zu. Börsianer sprachen von positiven Nachwirkungen der genannten EZB-Aussagen.

Dagegen ging es für Stahlwerte nach unten: Im MDax sowie im Kleinwerte-Index SDAX büßten Salzgitter und Klöckner & Co (KlöcknerCo (KlöCo)) 1,32 beziehungsweise 1,24 Prozent ein. "Schnallen Sie sich an, wir beginnen den Abstieg", titelte eine Branchenstudie der Schweizer Investmentbank UBS. Steigende Lagerbestände, höhere Exporte aus China, steigende Importe in die EU wegen der Strafzölle der USA und zunehmende Preisunterschiede dürften die zweijährige Erholungsstory für die europäische Stahlbranche zum Erliegen bringen.

Deutlich auffälliger waren indes die Aktien des angeschlagenen Handelskonzerns Steinhoff (Steinhoff International): Mit einem Kurssprung von fast 15 Prozent führten sie die Gewinnerliste im SDax an. Steinhoff bekommt von wichtigen Kreditgebern im Restrukturierungsprozess Rückendeckung. Im Zuge eines Bilanzskandals ist die Aktie inzwischen allerdings nahezu wertlos: Seit der Konzern Anfang Dezember 2017 seinem damaligen Chef den Stuhl vor die Tür gesetzt und seinen Jahresbericht verschoben hatte, ist der Kurs um fast 98 Prozent eingebrochen.

Dagegen gehörten die Titel von WACKER CHEMIE mit weiteren Verlusten von 3,06 Prozent zu den größten Verlierern im MDax. Nachdem Warburg mit Blick auf die jüngst geänderte Photovoltaik-Politik Chinas tags zuvor vor zwei harten Jahren für die Solar-Branche gewarnt hatte, ging nun Analyst Martin Jungfleisch von Kepler Cheuvreux mit. Auch er sieht heftige Auswirkungen, stehe das Riesenreich doch für etwa die Hälfte der weltweiten Solarinstallationen. Er rechnet daher mit weiterem Druck auf die Polysilizium-Preise - und damit auf Wacker als größten Produzenten. Dem Markt drohe nun wieder ein Produktionsüberschuss.

Beim IT-Dienstleister Bechtle mussten die Anleger einen Kursverlust von 5,66 Prozent auf 73,35 Euro verkraften, was den letzten Platz für die Titel im TecDax bedeutete. Hier belastete eine Verkaufsempfehlung der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Analystin Alina Koehler sieht die durchschnittliche Markterwartung für den operativen Jahresgewinn sowie die aktuelle Bewertung der Aktie als zu hoch an. Zur Wochenmitte hatte die Bechtle-Aktie bei 78,20 Euro noch ein Rekordhoch markiert.

Am deutschen Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,25 Prozent am Vortag auf 0,32 Prozent. Der Rentenindex Rex (REX Gesamt Kursindex) fiel um 0,38 Prozent auf 140,27 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,14 Prozent auf 159,73 Punkte. Der Eurokurs erholte sich weiter auf zuletzt 1,1833 US-Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,1765 (Dienstag: 1,1675) Dollar festgesetzt./gl/fba

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---