"Es gibt immer noch echte Besorgnis über eine Stagflation", sagte Susannah Streeter, Analystin bei der Investment-Plattform Hargreaves Lansdown. Börsianer fürchteten, dass der Preisanstieg nicht so vorübergehend sein könnte, wie die Zentralbanker zunächst dachten. "Das belastet die wirtschaftliche Erholung."

In den USA deuteten die US-Futures ebenfalls auf einen schwächeren Handelsstart hin. Anziehende Rohstoffpreise befeuerten die Inflationssorgen weiter und verschärften zugleich den Kostendruck für Unternehmen. Neben den Inflationsrisiken seien weiterhin die steigenden Renditen, Probleme bei den Lieferketten, die stockende Konjunkturerholung und der Krisenkonzern China Evergrande kursbestimmend, sagte Christian Henke, Analyst vom Brokerhaus IG.

ÖLPREIS SETZT RALLY FORT


Die Energiekrise treibt den Ölpreis immer weiter voran. Der Preis für US-Öl WTI stieg um mehr als drei Prozent auf 81,95 Dollar je Barrel (159 Liter) und damit auf den höchsten Stand seit Ende 2014. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 2,5 Prozent auf 84,46 Dollar. Im Zuge der Konjunkturerholung sind auch die Kohle- und Gaspreise deutlich gestiegen, was Öl als Brennstoff für die Stromerzeugung attraktiver macht und die Rohölmärkte nach oben treibt. Ein Ende der Rally ist Börsianern zufolge nicht in Sicht. "Der Ölpreis dürfte kurzfristig weiter steigen", sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.

Neben den gestiegenen Rohstoffkosten dämpften Engpässe in den Lieferketten die Erwartungen der Anleger. Mit Spannung warteten Börsianer nun auf den bevorstehenden Start der Berichtssaison. Als erstes werden zur Wochenmitte die US-Banken Einblick in ihre Bücher gewähren. Die Aussicht auf höhere Zinsen ließ Anleger bereits im Vorfeld zu Bankaktien greifen. Der europäische Bankenindex erreichte den höchsten Stand seit Februar 2020 und machte damit fast alle pandemiebedingten Verluste wieder wett.

AUSVERKAUF BEI ANLEIHEN


Mittlerweile wird am Geldmarkt eine Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) Ende 2022 fest eingepreist. Die Aussicht auf eine Straffung der Geldpolitik angesichts der steigenden Inflation setzte die Rentenmärkte weiter unter Druck. Anleger in der Euro-Zone warfen reihenweise Anleihen aus ihren Depots; im Gegenzug zogen die Renditen deutlich an. Die der zehnjährigen Bundesanleihe kletterte auf bis zu minus 0,108 Prozent.

Für Unruhe an den Anleihemärkten sorgte zudem die Erwartung, dass die Bank of England (BoE) deutlich vor der EZB die Zinsen anheben werde. Das BoE-Führungsmitglied Michael Saunders sagte einem Zeitungsbericht vom Wochenende zufolge, Haushalte sollten sich angesichts des Inflationsdrucks auf eine "deutlich frühere" Zinserhöhung einstellen. Auch der britische Notenbankchef Andrew Bailey zeigte sich in einem Interview am Wochenende besorgt über eine das Zwei-Prozent-Ziel übersteigende Inflation.

Bei den Einzelwerten schickte die Warnung vor anhaltenden Problemen in der Lieferkette die Aktien des Online-Modehändlers Asos auf Talfahrt. Auch der Rücktritt von Unternehmenschef Nick Beighton trug zum Absturz der Titel an der Börse in London um bis zu 17,3 Prozent bei. Im Zuge der Wiedereröffnung kehren immer mehr Verbraucher in die Läden zurück. Unter Druck gerieten auch die Aktien von Rivale Zalando, die rund vier Prozent nachgaben. Mit einem Kursminus von rund sieben Prozent hielt der Kochbox-Versender Hellofresh die rote Laterne im Dax.

rtr