Viele Anleger seien erleichtert, dass eine rot-grün-rote Regierung keine Option sei, stimmten Börsenexperten überein. "Damit ist das größte Risiko aus Finanzmarktsicht ausgeräumt", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

"Wichtig wird allerdings, wer den Posten des Finanzministers besetzt", betonte Alexandrovich. Die Ausgaben würden wegen der Investitionen in Klimaschutz oder Infrastruktur aber auf jeden Fall steigen. Sollte die FDP das Ressort bekommen, werde der Zuwachs aber wohl geringer ausfallen als unter SPD oder Grünen.

Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge landete die SPD knapp vor CDU/CSU. Rechnerisch können beide mit Grünen und FDP eine Regierung bilden. Grüne und FDP wollen nun Gemeinsamkeiten für die Bildung einer neuen Bundesregierung in einer Dreier-Koalition mit SPD oder Union ausloten. "Eine SPD-geführte 'Ampel-Koalition' könnte eine etwas deutlichere fiskalpolitische Lockerung bedeuten als eine CDU/CSU-geführte 'Jamaika-Koalition'", schrieben die Experten der Vermögensverwaltung der Bank UBS.

VONOVIA GRÖSSTER DAX-GEWINNER


Die größten Kursgewinne fuhr im Dax der Immobilienkonzern Vonovia mit einem Plus von rund vier Prozent ein, obwohl sich in einem Volksentscheid die Mehrheit der Berliner für die Enteignung großer Immobilienkonzerne in der Hauptstadt ausgesprochen hatte. Unabhängig davon sicherte sich Vonovia die Mehrheit am Rivalen Deutsche Wohnen. Dessen Papiere notierten knapp im Plus.

Gefragt waren nach der Bundestagswahl auch die Aktien von Siemens Energy, die rund drei Prozent stiegen. Die Aktien des Windkraft-Anlagenbauers Siemens Gamesa, die spanische Siemens-Energy-Tochter, legten in der Spitze 2,2 Prozent zu. An der Wall Street deuteten unterdessen die US-Futures auf einen verhaltenen Handelsstart hin.

ÖLPREIS AUF DREI-JAHRES-HOCH


Ein knappes Angebot sowie die zügigere Erholung der Nachfrage von den Folgen der Ausbreitung der Virusvariante Delta trieb den Ölpreis weiter an. Die Sorte Brent aus der Nordsee gewann knapp zwei Prozent und ist mit 79,52 Dollar je Barrel so teuer wie zuletzt vor drei Jahren. "Das aktuelle Angebotsdefizit ist höher als wir erwartet hatten", schrieben die Analysten von Goldman Sachs. Bis Jahresende trauen sie Brent einen Preis von 90 Dollar zu. Vor diesem Hintergrund stieg der Index für die europäische Öl- und Gasbranche um knapp zwei Prozent. Die Titel der Öl-Multis Shell, BP und TotalEnergies zogen ebenfalls rund zwei Prozent an.

Unterdessen schwinde die Furcht vor einem Börsenbeben bei einem Kollaps des mit rund 300 Milliarden Dollar verschuldeten chinesischen Immobilienkonzerns Evergrande, sagte Analyst Kyle Rodda vom Brokerhaus IG. Seine Kollegen von der Bank JPMorgan gehen davon aus, dass die Regierung in Peking den Schuldenabbau in der Branche vorantreiben, gleichzeitig aber Ansteckungseffekte begrenzen wird.

rtr