"An den Börsen ist jetzt schon Weihnachten", so Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Die allgemein erwartete Straffung der Geldpolitik durch die großen Notenbanken sei für die Aktienmärkte kein Belastungsfaktor mehr, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Anleger haben im Moment nur Augen für die insgesamt überdurchschnittlich starken Quartalszahlen."
Einen weiterer Stimmungsaufheller lieferte die Einigung zwischen der EU und den USA im Streit um Stahl- und Aluminium-Importe. Ohne diese wären zum 1. Dezember Strafzölle auf US-Produkte wie Whiskey oder Motorräder fällig geworden. Die Titel von Harley-Davidson legten im US-Geschäft mehr als zehn Prozent zu. In Europa gehörten Stahlkocher zu den Favoriten. So rückten die Papiere von Thyssenkrupp und Salzgitter bis zu 3,3 Prozent vor. Die Rivalen ArcelorMittal, Outokumpu und Acerinox gewannen bis zu 2,6 Prozent. Der Kompromiss sei zwar erwartet worden, werde sich aber dennoch positiv auf die europäischen Stahlpreise auswirken, sagte Analyst Alan Spence von der Investmentbank Jefferies.
ENERGIESEKTOR PROFITIERT VON ÖLPREISANSTIEG
Spekulationen auf steigende Zinsen gaben europäischen Finanzwerten Auftrieb. Der Branchenindex kletterte um zwei Prozent auf ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch von 151,35 Punkten. Investoren rechnen mehrheitlich mit einer Zinserhöhung durch die Bank von England (BoE) am Donnerstag. Bei der Europäische Zentralbank (EZB) erwarten sie zwei solcher Schritten 2022. Bei steigenden Zinsen winken Banken höhere Gewinne aus dem klassischen Kreditgeschäft.
Auch Energiewerte waren gefragt. Die Ölpreise bewegten sich dank der Aussicht auf eine anziehende Nachfrage nach oben. Die Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich um rund ein Prozent auf knapp 85 Dollar je Fass. "Die Grundlagen haben sich nicht geändert, und der Ölmarkt wird kurzfristig angespannt bleiben", sagte Analyst Stephen Brennock vom Ölbroker PVM Oil.
Vorzeitig erreichte Sparziele beflügelten BT. Die Aktien der britischen Telekomfirma steuerten mit einem Plus von knapp sieben Prozent auf den größten Tagesgewinn seit einem Jahr zu. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben das selbstgesetzte Ziel von Einsparungen über umgerechnet 1,18 Milliarden Euro 18 Monate vor Fristende erreicht.
BARCLAYS-CHEF MUSS POSTEN RÄUMEN
In Dublin legten Ryanair 0,3 Prozent zu. Die Quartalsergebnisse hätten im Rahmen der Erwartungen gelegen, kommentierte Analyst Gerald Khoo von der Investmentbank Liberum. Außerdem liege der für das Gesamtjahr erwartete Verlust mit 100 bis 200 Millionen Euro etwas höher als bisher.
Abwärts ging es für die Titel von Barclays, die sich in London um rund ein Prozent verbilligten. Der Chef der Großbank tritt nach Untersuchungen der Aufsichtsbehörden über seine Verbindungen zu dem Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zurück. "Offensichtlich will sich Barclays von einem möglichen langwierigen Verfahren distanzieren", sagte Analystin Susannah Streeter vom Brokerhaus Hargreaves Landsdown.
rtr