Der Dax gab am Mittwoch zeitweise bis zu 2,0 Prozent nach, bevor er im Handelsverlauf die Verluste wieder wettmachte und rund ein Prozent auf 12.224 Punkte zulegte. Der EuroStoxx50 verlor in der Spitze 1,8 Prozent auf 3043 Zähler, bevor er ebenfalls ins Plus drehte.

"Auch wenn es für die Märkte vielleicht nicht völlig überraschend kommt, verlängern die Verzögerungen und das Fehlen eines klaren Ergebnisses die Unsicherheit und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis rechtlich angefochten wird", sagte Emmauel Cau, Aktienstratege bei Barclays. Anleger hatten im Vorfeld der Wahlen mehrheitlich auf einen Wahlsieg von Biden gewettet. Investoren hofften vor allem auf weitere wirtschaftliche Anreize für die vom Coronavirus gebeutelte US-Wirtschaft. Nun droht die US-Präsidentenwahl zu einer Hängepartie mit einem juristischen Nachspiel zu werden.

Damit trete wohl das von den Märkten am wenigsten gewünschte Ergebnis ein, sagte Marktanalyst Michael Hewson von CMC Markets. Börsianer fürchteten anhaltende Marktschwankungen, falls sich auch bis zum Ende der Woche noch kein klares Ergebnis abzeichnen werde. Für Verunsicherung sorgte vor allem, dass Trump von Betrug an den Wählern sprach und ankündigte, vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen.

SCHUB FÜR TECHAKTIEN


Hatten die Anleger im Vorfeld der US-Wahlen noch überwiegend auf einen Sieg des demokratischen Herausforderers Biden gesetzt, wetteten Börsianer nun zunehmend auf eine zweite Amtszeit von Trump. Die Stimmung kippte vor allem, als Trump den Sieg in Florida für sich verbuchte. Auch in anderen wichtigen Swing States, die mal republikanisch, mal demokratisch wählen, fiel das Kopf-an-Kopf-Rennen viel enger aus als in Umfragen vorhergesagt.

Nach heftigen Kursschwankungen zogen auch im vorbörslichen US-Handel die Kurse an. "Die Richtungslosigkeit ist nicht überraschend, da wir noch kein klares Ergebnis haben", sagte Nicolas Janvier, der für US-Aktien zuständige Leiter bei Columbia Threadneedle in London. Neben Florida konnte Trump auch die wichtigen US-Bundesstaaten Ohio und Texas für sich einnehmen. Damit machte Trump die Hoffnungen der Demokraten auf eine schnelle Entscheidung zunichte. Dennoch zeigte sich auch Biden zuversichtlich, die Wahl für sich entscheiden zu können.

In den USA legten vor allem Technologieaktien zu. Von einer zweiten Amtszeit des Republikaners würden vor allem die Techwerte profitieren, sagte Andrew Brenner, Analyst bei NatAlliance Securities. Unter einem Präsidenten Biden dürften sie sich deutlich schlechter entwickeln, unter anderem weil die Demokraten die Branche in Anhörungen kritisiert hatten und weil höhere Unternehmenssteuern die Firmen zu belasten drohten.

Der weiterhin ungewisse Wahlausgang trieb Anleger in die als sicher geltenden Staatsanleihen. Die Rendite der US-Papiere mit einer Laufzeit von zehn Jahren sank im Gegenzug auf 0,766 Prozent und lag damit so niedrig wie seit gut fünf Monaten nicht mehr. Auch europäische Papiere waren gefragt. Die Rendite der deutschen Titel sank auf minus 0,671 Prozent, das ist so niedrig wie seit dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle Mitte März nicht mehr. Auch der Dollar ging auf Achterbahnfahrt. Anfängliche Verluste glich er im Handelsverlauf wieder aus, so dass er gegenüber einem Währungskorb rund ein Prozent auf 93,9 Punkte zulegte. Euro und Pfund gaben dagegen nach.

WINDKRAFT- UND SOLARFIRMEN UNTER DRUCK


Die Hängepartie bei den Wahlen setzte in Europa zeitweise Bankwerte kräftig unter Druck. Der entsprechende Index verlor bis zu 3,6 Prozent. Die Analysten der Deutschen Bank äußerten die Befürchtung, dass es womöglich noch Tage oder sogar Wochen dauert, bis ein endgültiges Wahlergebnis vorliegt.

Auch die Aktien europäischer Windkraftfirmen gingen in die Knie. Die Anteilsscheine von Vestas, Nordex und Siemens Gamesa gaben zeitweise kräftig nach. In den USA gaben Aktien von US-Solarunternehmen nach. Auf die Stimmung drückte vor allem, dass Trump eine weitere Amtszeit im Weißen Haus bleiben könnte. Für den Fall eines Wahlsiegs des Demokraten Biden hatten viele Anleger auf einen Ausbau der erneuerbaren Energien gewettet. Biden hatte zwei Billionen Dollar an Investitionen für den Abschied von fossilen Brennstoffen in der Energieerzeugung bis 2035 in Aussicht gestellt.

Gefragt waren dagegen Pharma- und Gesundheitswerte. Anleger setzten darauf, dass unter Trump der weltweit größte Gesundheitsmarkt weniger stark reguliert würde als unter Biden. In Zürich setzten sich die Anteile der Pharmariesen Novartis und Roche an die Spitze der Standardwerte. Gefragt waren auch Bayer sowie in den USA Merck und Pfizer.

rtr