"Die Feindseligkeiten rund um die Ukraine scheinen nachzulassen und Anleger suchen Trost in der Tatsache, dass vorerst keine systemischen Schocks zu erwarten sind", sagte Analystin Susannah Streeter vom Brokerhaus Hargreaves Landsdown. Die hohe Inflation bleibe aber ein Problem. Die große Frage sei, wie lange die Verbraucher noch bereit seien, Geld auszugeben, da deutliche Zinserhöhungen und happige Nachzahlungen bei den Energierechnungen drohten. In den USA war davon im Januar allerdings nichts zu spüren. Der Anstieg der Konsumausgaben fiel mit 3,8 Prozent fast doppelt so hoch aus wie erwartet.

Gleichzeitig richteten Börsianer ihre Aufmerksamkeit auf die Veröffentlichung der Protokolle der jüngsten Fed-Beratungen am Abend (MEZ). Die Notenbank werde darin voraussichtlich weitere Signale für eine rasche Straffung der Geldpolitik senden, sagte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. Investoren taxieren derzeit die Wahrscheinlichkeit einer US-Zinserhöhung im März um einen halben Prozentpunkt auf etwa 60 Prozent.

Vor diesem Hintergrund trennten sich erneut Anleger von Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundestitel zeitweise auf ein Drei-Jahres-Hoch von 0,331 Prozent. Parallel dazu musste der Bund bei der Neuemission derartiger Papiere erstmals seit fast drei Jahren wieder Zinsen zahlen.

ÖLPREIS ZIEHT WIEDER AN


Gleichzeitig nutzten Rohöl-Anleger den jüngsten Preisrutsch zum Einstieg in den Markt. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,5 Prozent auf 94,65 Dollar je Barrel (159 Liter). "Das Risiko einer russischen Invasion hat sich zwar etwas verringert", sagte Bjarne Schieldrop, Chef-Anlagestratege für Rohstoffe der Bank SEB. Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sei aber noch nicht gelöst. Außerdem bleibe das Angebot knapp, so dass der Ölpreis weiter Kurs auf die Marke von 100 Dollar nehme.

Für das Problem des Angebotsengpasses gebe es keine schnelle Lösung, warnte Opec-Präsident Mohammad Barkindo. Einige Exportstaaten könnten ihre Produktion derzeit nicht erhöhen, da sie in den vergangenen Jahren zu wenig in die Förderanlagen investiert hätten.

KLATSCHE FÜR DELIVERY HERO - DEUTSCHE BANK SENKT DEN DAUMEN


Am Aktienmarkt ging die Talfahrt von Delivery Hero weiter, nachdem die Analystin Silvia Cuneo von der Deutschen Bank die Titel des Essenslieferanten auf "Hold" von "Buy" heruntergestuft und das Kursziel auf 80 von 140 Euro gesenkt hatte. Die Wachstumsdynamik lasse nach, während das Unternehmen Verluste mache, kritisierte sie. Daher sei unklar, wie Delivery Hero seine Wandelanleihe refinanzieren werde. Es bestehe das Risiko einer Kapitalerhöhung. Die Papiere der Firma fielen um vier Prozent auf 47,85 Euro.

In Stockholm steuerten die Aktien von Ericsson mit einem Mius von bis zu 14,5 Prozent auf den größten Tagesverlust seit viereinhalb Jahren zu. Dem Telekom-Ausrüster zufolge haben interne Ermittlungen suspekte Zahlungen und Fehlverhalten im Irak zutage gefördert. Ericsson wurde wegen anderer Korruptionsvorwürfe bereits vom US-Justizministerium mit Geldstrafen belegt. Sollte das Ministerium sich die neuen Erkenntnisse genauer ansehen, drohten hohe Geldstrafen, warnte Analyst Mads Rosendal von der Danske Bank.

Unter Verkaufsdruck gerieten auch die Papiere von Schindler, die in Zürich fünf Prozent verloren. Der Aufzug- und Rolltreppen-Hersteller warnte wegen steigenden Rohstoff-Kosten und Material-Engpässen mit einem deutlichen Rückgang der Ertragskraft. Das Unternehmen sei allerdings in seiner Kommunikation konservativ, gaben die Analysten der Credit Suisse zu bedenken. Positiv sei zudem, dass Schindler stärker sparen wolle.

rtr