"Die Weltwirtschaft befindet sich erstmals seit der Finanzkrise auf einem robusten, synchronen Wachstumspfad", sagte Christian Heger, Chef-Anleger der HSBC-Vermögensverwaltung. "Allerdings wachsen die Bäume nicht in den Himmel." Nach der Rally der vergangenen Monate sei das Risiko von Rückschlägen gestiegen. Unsicherheitsfaktoren seien die wirtschaftliche Entwicklung in China, die Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Donald Trump und der Brexit.

ERSTER SCHRITT AUF EINEM LANGEN, STEINIGEN WEG



Letzterer beschäftigt Börsianer derzeit besonders, nachdem am Montag die Gespräche über die Bedingungen für den Ausstieg Großbritanniens aus der EU aufgenommen wurden. "Der Verlauf des ersten Verhandlungstages deutet auf einen weichen Brexit hin", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Das sorgt bei den Nerven vieler Investoren zunächst einmal für Beruhigung. Dennoch werden wir lange auf konkrete Ergebnisse warten müssen." Bei einem "weichen" Brexit behält Großbritannien den Zugang zum EU-Binnenmarkt. Dies würde die Belastungen für die Wirtschaft des Landes begrenzen.

Mark Carney, der Chef der Bank von England (BoE), stimmte die Briten wegen der Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit auf Einkommenseinbußen ein. Gleichzeitig erteilte er baldigen Zinserhöhungen eine Absage und drückte damit den Kurs des Pfund Sterling binnen Minuten um rund einen US-Cent. Am Nachmittag kostete die Währung 1,2664 Dollar. Nach dem knappen Votum gegen eine Zinserhöhung bei der jüngsten BoE-Sitzung hätten Carneys Aussagen Anleger auf dem falschen Fuß erwischt, sagte Analyst Neil Wilson vom Brokerhaus ETX Capital. Seine Äußerungen seien ein Signal, dass die Notenbank über die aktuell hohe Inflation hinwegsehe.

FED HÄLT AM GELDPOLITISCHEN KURS FEST



Auch die US-Währung reagierte auf Aussagen führender Notenbanker. William Dudley sprach sich gegen eine Pause im Zinserhöhungszyklus aus. Dies trieb den Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, auf ein Drei-Wochen-Hoch von 97,648 Punkten. "Dudleys Worten wird vom Markt viel Gewicht beigemessen - er gilt als einer, der die Mehrheitsmeinung des FOMC vertritt", sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. Der Fed-Offenmarktausschuss FOMC bestimmt die US-Geldpolitik.

Erneut bergab ging es dagegen mit dem Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee und das US-Öl WTI büßten jeweils mehr als zwei Prozent ein. Mit 45,85 und 43,22 Dollar je Barrel (159 Liter) waren beide so billig wie zuletzt vor etwa sieben Monaten. Börsianer verwiesen auf das anhaltende Überangebot, obwohl das Exportkartell Opec und einige andere Staaten ihre Förderbremse im Mai verlängert hatten.

BÖRSENGANG VON DELIVERY HERO BEFLÜGELT ROCKET INTERNET



Am deutschen Aktienmarkt gehörten Rocket Internet-Aktien mit einem Kursplus von 4,5 Prozent zu den Favoriten. Anleger hoffen auf einen erfolgreichen Börsengang der Beteiligung Delivery Hero. Gut eine Stunde nach dem Beginn der Zeichnungsfrist gab es Investmentbankern zufolge bereits genügend Gebote für alle angebotenen bis zu 39 Millionen Aktien des Lieferdienstes. Interessenten können die Papiere bis zum 28. Juni zu einem Preis von 22 bis 25,50 Euro zeichnen. Auf der Plattform Tradegate, wo die Titel bereits gehandelt werden können, kosteten sie am Dienstag 29 Euro.