Die rekordhohe Inflation im Euro-Raum schürt an den Börsen die Furcht vor schnell steigenden Zinsen. Dax und EuroStoxx50 sackten am Mittwochvormittag um je ein Prozent auf 12.835 und 3530 Zähler ab. 

"Dürre, der schwache Euro und die Gasumlage in Deutschland halten die Inflationssorgen hoch", sagte Volkswirt Alexander Krüger von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Die Verbraucherpreise im Euro-Raum kletterten im August binnen Jahresfrist um 9,1 Prozent und damit stärker als erwartet. Viele Ökonomen sehen die Europäische Zentralbank (EZB) nun unter Druck, die Zinsen nächste Woche kräftig um 75 Basispunkte zu erhöhen.

Auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel fordert einen starken Zinsschritt der EZB im September. In den folgenden Monaten sei angesichts der Teuerungswelle mit weiteren Zinsschritten zu rechnen, sagte er. Am Bondmarkt kletterte die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen auf ein Zwei-Monats-Hoch von 1,554 Prozent. Der EuroEUR= notierte unterdessen weitgehend unberührt bei 0,9980 Dollar.

PREISE FÜR GAS UND STROM STEIGEN WIEDER

Die Teuerung wird vor allem durch die Energiepreis-Rally hochgetrieben. Die Gaspreise, die infolge der russischen Lieferkürzungen explodiert sind, zogen am Mittwoch erneut an. Mit der erneuten Abschaltung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 rückt die drohende Energiekrise wieder in den Mittelpunkt. Wegen Wartungsarbeiten soll drei Tage lang kein Erdgas mehr von Russland nach Deutschland fließen. Der europäische Erdgas-Future stieg um 2,6 Prozent auf 257 Euro je Megawattstunde. Der Strompreis kletterte ebenfalls wieder nach oben. So kostete eine Megawattstunde zur Lieferung in einem Jahr in Deutschland mit 645 Euro rund sieben Prozent mehr.

Rezessionsängste sorgten an den Rohöl-Märkten für fallende Preise. Ein Fass der Nordsee-Sorte BrentLCOc1 verbilligte sich um mehr als drei Prozent auf 95,75 Dollar. "Die jüngsten Anzeichen für ein stotterndes Wachstum sind ein Rückgang der chinesischen Fabrikaktivitäten im August und die langsamer als erwartete Expansion des Dienstleistungssektors des Landes", sagte Tamas Varga, Analyst bei PVM Oil Associates. "Außerdem wird sowohl die Fed als auch die EZB voraussichtlich die Zinsen im nächsten Monat deutlich erhöhen (...) und all dies veranlasst Aktieninvestoren zum Ausstieg."

Brent Crude Oil - FOB (Nordsee) (ISIN: FTREFF000001)

GAZPROM-RALLY NACH DIVIDENDENVERSPRECHEN

Der fallende Ölpreis drückte die Aktien der Öl-Konzerne Shell und BP in London um bis zu knapp drei Prozent nach unten. Bei der russischen Gazprom katapultierte die Aussicht auf die erste Zwischendividende der Firmengeschichte die Aktien um rund 30 Prozent auf 275 Rubel nach oben. Der russische Gasriese will rund 51 Rubel je Aktie für das erste Halbjahr 2022 zahlen. "Die Entscheidung des Managements die allererste Zwischendividende von Gazprom zu zahlen hat uns und den Markt völlig überrascht", sagten die Analysten von BCS Global Markets. Mit dem Dividendenausfall für das vergangene Jahr hatte Gazprom die Investoren im Mai verstimmt.

Mehr als drei Prozent nach oben ging es bei den Titeln der UniCredit. Die italienische Großbank hat von der EZB grünes Licht für die Wiederaufnahme ihres Aktienrückkaufprogramms erhalten.

Von Reuters