An der Wall Street deuteten die US-Futures ebenfalls auf einen schwachen Handelsstart hin. Nach dem Ausverkauf am Freitag hatten Anleger zum Wochenstart zunächst wieder Mut gefasst und Kursrücksetzer zum Einstieg genutzt.

Für Unruhe sorgte vor allem eine Warnung des Impfstoff-Herstellers Moderna. Nach Ansicht von Moderna-Chef Stephane Bancel sind die aktuellen Vakzine gegen die Omikron-Variante des Coronavirus weniger wirksam. "Das ist keine gute Nachricht", sagte Analyst Joseph Capruso von der Commonwealth Bank. "Und es kommt von jemandem, der es wissen muss."

Angesichts der neuen Virus-Variante und der hohen Corona-Fallzahlen wurden kurzfristig Beratungen der Spitzen von Bund und Ländern über die Pandemie-Bekämpfung angesetzt. In Berlin nehme zwar kaum ein Politiker das Wort Lockdown in den Mund, der aber schon Dienstag Wirklichkeit werden könnte, warnte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Die Furcht vor erneuten Einschränkungen setzte Reise- und Touristikwerte unter Druck. Der europäische Branchenindex gab rund zwei Prozent nach. Mit einem Minus von 20 Prozent im November wird der Index damit den höchsten Einbruch sei dem Höhepunkt der Pandemie im März 2020 verbuchen.

WARTEN AUF NOTENBANK-REAKTION


Mit Spannung warteten Börsianer auf eine Reaktion der Währungshüter. "Die Anleger wägen ab, was dies alles für das Wirtschaftswachstum und die Geldpolitik bedeutet, aber letztendlich gibt es für die europäischen Aktien bis 2022 immer noch eine positive Dynamik, wenn wir nicht wieder in eine totale Abriegelung geraten", sagte Daniela Sabin Hathorn, Analystin bei IG. "Die ein oder andere Notenbank könnte eine Straffung der Geldpolitik überdenken und eventuell nach hinten schieben", sagte Commerzbank-Analystin You-Na Park-Heger. Dies würde vor allem dem Dollar zusetzen, der in den vergangenen Monaten von Zinserhöhungsspekulationen profitiert habe. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gab am Dienstag 0,6 Prozent nach.

Neue Hinweise auf die US-Geldpolitik erhofften sich Anleger von einer Anhörung von US-Notenbankchef Jerome Powell vor dem Kongress am Nachmittag (MEZ), sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. "Powell ist bekannt dafür, die Märkte zu beruhigen", betonte Anlagestratege Ilya Spivak vom Brokerhaus DailyFX. "Er könnte andeuten, dass die Fed das Tempo der Drosselung ihrer Wertpapierkäufe verlangsamen könnte." Allerdings brauche die Notenbank dafür mehr Klarheit über die Auswirkungen von Omikron.

Die Furcht vor einem Ausbremsen der konjunkturellen Erholung durch Omikron ließ Anleger zu als sicher angesehenen Anlagen greifen. Gefragt waren etwa Staatsanleihen. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf minus 0,347 Prozent. Ihre US-Pendants rentierten mit plus 1,426 Prozent so niedrig wie zuletzt vor drei Wochen. Gefragt war auch die "Antikrisen-Währung" Gold, die sich um 0,5 Prozent auf 1793 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) verteuerte.

Am Rohstoffmarkt schürte Modernas Omikron-Warnung indes Spekulationen auf eine schwindende Nachfrage. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um drei Prozent auf 71,12 Dollar je Barrel (159 Liter). Vor diesem Hintergrund werde die Opec+ bei ihrer anstehenden Sitzung voraussichtlich mit der monatlichen Ausweitung ihrer Fördermengen pausieren, prognostiziert Analyst Vivek Dhar von der Commonwealth Bank of Australia. Im Sog des Brentpreis-Verfalls rutschte der Index für die europäische Öl- und Gasbranche um 2,2 Prozent ab.

rtr