Grundsätzlich stünden die Zeichen weiterhin auf überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum, sagte Grace Peters, Chef-Anlagestrategin für Europa, Nahost und Afrika bei der Bank JPMorgan. "Eine Menge Geld ist gerade erst dabei, in das System zu kommen." Daher werde die erwartete Straffung der Geldpolitik durch die großen Notenbanken weder die Wirtschaft aus der Bahn werfen noch einen größeren Abschwung an der Börse auslösen.

POWELL-ANHÖRUNG IM BLICK - INFLATIONSDATEN VORAUS


Mut machte Börsianer unter anderem die vorab veröffentlichte Rede des US-Notenbankchef Jerome Powell für seine Anhörung vor dem Senat, der ihn für eine zweite Amtszeit bestätigen soll. "Dass sich Powell nicht nur auf die Inflationsrisiken, sondern auch auf das Wachstum bezieht, kommt an den Börsen gut an", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Denn diese Doppel-Motivation wird eine noch schnellere Straffung der Geldpolitik verhindern."

Die aktuelle Kurserholung stehe aber unter dem Vorbehalt, dass die am Mittwoch anstehenden US-Inflationsdaten keine bösen Überraschungen lieferten, warnte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Die Investoren hoffen stattdessen darauf, dass es in den Zahlen erste Hinweise auf einen Zenit im Anstieg der Verbraucherpreise gibt." Experten erwarten für Dezember einen Anstieg der Teuerungsrate auf sieben Prozent im Jahresvergleich.

Unterdessen zog der Ölpreis, ein wichtiger Preistreiber in den vergangenen Monaten, erneut an. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,4 Prozent auf 81,99 Dollar je Barrel (159 Liter). Dies hievte den Index für die europäische Öl- und Gasbranche auf ein Zweieinhalb-Monats-Hoch von 293,23 Punkten. "Einige Opec+-Staaten können ihre angehobenen Förderquoten nicht ausschöpfen", sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. Außerdem bereiteten Investoren die anhaltenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine Sorgen.

CERBERUS-RÜCKZUG SETZT DEUTSCHEN GROSSBANKEN ZU


Abwärts ging es dagegen für die Aktien der Deutschen Bank und der Commerzbank, die rund ein beziehungsweise gut fünf Prozent einbüßten. Der Finanzinvestor Cerberus warf einen Großteil seiner Beteiligungen an den beiden Instituten auf den Markt. Da der Kapitalmarkt im Fusionsfieber zu sein scheine, sei dies kein gutes Zeichen, sagte ein Aktienhändler.

So soll die italienische BPER Banca den angeschlagenen Rivalen Carige übernehmen. Der italienische Staat, der die Mehrheit an Carige hält, gewährte BPER das Exklusiv-Recht zu entsprechenden Verhandlungen. Carige-Aktien brachen daraufhin um elf Prozent ein, nachdem sie in den vorangegangenen Tagen in der Hoffnung auf einen Bieter-Wettstreit zwischen BPER und der Italien-Tochter der französischen Bank Credit Agricole 20 Prozent zugelegt hatten. Die Analysten der Investmentbank Jefferies äußerten sich allerdings skeptisch über die wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses. BPER-Titel rückten dennoch um 1,5 Prozent vor.

Auch in der Videospiele-Branche grassierte das Fusionsfieber, da "Grand Theft Auto"-Macher Take-Two den Handyspiel-Spezialisten Zynga ("Farmville") für elf Milliarden Dollar schlucken will. Nach Einschätzung der Analysten des Brokerhauses Midcap Partners sei Ubisoft ein heißer Kandidat für eine Übernahme. Der Anbieter von "Assassin's Creed" und "Far Cry" biete strategisch mindestens genau so viele Vorzüge wie Zynga. Ubisoft-Aktien stiegen in Paris um vier Prozent.

rtr