Das wünscht man sich als DAX-Chef: Es ist Kapitalmarkttag, die neue Unternehmensstrategie kommt bei den Analysten an und der Kurs klettert auf ein Rekordhoch. Keine Frage: Für Bernd Montag, Vorstand des Medizintechnik-Konzerns Siemens Healthineers, läuft es gerade wie am Schnürchen. Dabei hat der hochgewachsene Chef der Erlanger turbulente Zeiten erlebt. Spott ernteten die fränkischen Medizintechniker etwa 2014, als sie ihre etwas verkopfte Namensgebung auf einer Kick-off-Party feierten, und Tänzer in bunten Ganzkörperanzügen Luftgitarre zum Song "We are, we are Healthineers" spielten.

Die Zeiten dieser Art von Experimenten sind seit dem Börsengang im März 2018 vorbei. Die Healthineers, die die Begriffe "Healthcare" und "Pioneers" verbinden wollen, beweisen mit Innovationen, dass sie echte Pioniere im Gesundheitswesen sind. In Forchheim entsteht für 350 Millionen Euro ein neues Zentrum zur Entwicklung von Komponenten für bildgebende Großgeräte wie Computertomografen (CT). Das Prestigeprodukt ist ein quantenzählender CT mit bislang unerreichter Bildschärfe bei zugleich stark verringerter Röntgenstrahlendosis. Damit werden Untersuchungsergebnisse so trennscharf, wie es bislang nur mit dem Skalpell auf den OP-Tisch möglich war. Laut US-Medizinzulassungsbehörde FDA ist die Technologie, die sukzessive in allen CTs der Franken kommen soll, die erste signifikante Innovation in diesem Bereich seit fast einem Jahrzehnt.

Dank findiger Forscher ist der Konzern, der noch zu 75 Prozent Mutter Siemens gehört, weltweite Nummer 1 bei den bildgebenden Diagnosegeräten. Der Bereich Imaging liefert zehn Milliarden der 18 Milliarden Euro Jahresumsatz und bringt es derzeit schon auf eine operative Gewinnmarge von rund 21 Prozent. Die CTs und Magnetresonanztomografen sind damit das Aushängeschild bei Marktstellung und Profitabilität des Unternehmen und zugleich der wichtigste Gewinnlieferant des DAX-Neulings.

Chef Montag traut seiner größten Sparte bis 2025 ein durchschnittliches Wachstum zwischen fünf und acht Prozent zu. Das liegt etwas unterhalb des soeben veröffentlichten mittelfristigen Wachstumsziels für den Gesamtkonzern von sechs bis acht Prozent. Die Gewinnmarge von Imaging soll sich in dieser Zeit leicht nach oben bewegen.

In der Corona-Krise lief der Bereich Diagnostics zu großer Form auf. Die zweitgrößte Sparte nutzte die Gunst der Stunde und erweiterte ihr Angebot fix um Antigentests, die im Geschäftsjahr zum Ende September für einen Umsatzschub von fast 50 Prozent sorgten. Es war ein positives Ausrufezeichen, nachdem die neue Analyseplattform Atellica lange für negative Schlagzeilen bei Diagnostics gesorgt hatte. Inzwischen scheinen die Blut- oder Harnanalysegeräte der Atellica-Reihe sich in Laboren durchzusetzen. Ohne Antigentests wuchs Diagnostics um 15 Prozent im Geschäftsjahr und erreichte eine solide Marge von 13 Prozent. Bis 2025 will Montag sie auf rund 15 Prozent steigern.

Unter anderem um minimalinvasive Eingriffe auch mit Robotern kümmert sich der kleinere Bereich Advanced Therapies, der bei 15 Prozent Marge liegt und bis 2025 etwa 20 Prozent liefern soll.

Übernahme in den USA

Im Sommer 2020 holte Montag den US-Krebstherapie-Spezialisten Varian an Bord, mit 14 Milliarden Euro die bislang größte Akquisition. "Varian ist Marktführer bei Strahlentherapien", begründet der Chef den Einkauf. Mit ihrem Equipment ergänzen die Amerikaner das Portfolio in einem der am stärksten wachsenden Segmente der Medizintechnik. Der Bereich soll bis 2025 jährlich um neun bis zwölf Prozent beim Umsatz zulegen - laut Montags Plan interner Tempo-Rekord. 350 Millionen Euro an Synergien will er heben, die Marge soll über 20 Prozent steigen. Varian werde dem Konzern helfen, profitabler zu wachsen, sagt Montag - die Voraussetzung, dass Aktionäre auch mit nachhaltiger Dividende versorgt werden.

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INVESTOR-INFO

Siemens Healthineers

Widerstandsfähig wachsen

Über 50 Prozent des Umsatzes erzielen die Erlanger als wiederkehrende Einnahmen über Labormaterialien oder Service, das macht das Geschäft widerstandsfähig. Chef Bernd Montag plant mittelfristig ein Umsatzplus von sechs bis acht Prozent pro Jahr. Die Profitabilität soll auch durch den Krebsspezialisten Varian steigen. Der Gewinn pro Aktie soll den Plänen zufolge bis 2025 um zwölf bis 15 Prozent pro Jahr zulegen. Attraktiv.

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Stoppkurs: 52,00 Euro