Unter Anlegern gilt als ausgemacht, dass die EZB am Donnerstag den Zins für Einlagen bei der Notenbank senken wird. Uneins sind sie sich dagegen, wie groß der Schritt ausfallen und ob EZB-Chef Mario Draghi zusätzlich eine Wiederaufnahme der Wertpapierkäufe ankündigen wird. Die Erwartungen seien hoch und damit auch die Gefahr von Enttäuschungen, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.

In diesem Zusammenhang zogen Daten der chinesischen Industrie besondere Aufmerksamkeit auf sich. Die dortigen Erzeugerpreise fielen im August um 0,8 Prozent, so stark wie seit drei Jahren nicht. Anleger fürchten, dass chinesische Firmen so die Teuerung auf den Weltmärkten drückten und es dadurch EZB & Co. zusätzlich erschwerten, ihre Inflationsziele zu erreichen, sagte Markets.com-Experte Wilson.

30-jährige Bundesanleihe wieder mit positiver Rendite


Am Anleihemarkt sorgten Spekulationen auf neue Schulden den Bundes für Verkäufe. Dies hievte die Rendite der 30-jährigen Titel erstmals seit etwa sechs Wochen wieder über die Marke von null Prozent auf plus 0,009 Prozent. Die zehnjährigen Papiere rentierten bei minus 0,573 Prozent. Insidern zufolge denkt die Bundesregierung über einen Schattenhaushalt nach, über den trotz verfassungsrechtlich verankerter Schuldenbremse deutlich mehr investiert werden soll - vor allem in den Klimaschutz. Die Summe, die der Bund zusätzlich aufnehmen könne, sei zwar relativ gering, sagte Anlagestratege Mathias von der Jeugt von der Bank KBC. "Wenn er sich aber voll hinter das Projekt stellt, könnte es eine Trendwende einleiten und als Beispiel für den Rest der Euro-Zone dienen."

Zum Auftakt der Zwangspause für das britische Parlament notierte das Pfund Sterling kaum verändert bei 1,2348 Dollar. Die Abgeordneten ließen Premierminister Boris Johnson ein zweites Mal mit seinem Wunsch nach Neuwahlen abblitzen, nachdem sie ihn zu einem Brexit-Aufschub verpflichtet hatten, sollte bis zum EU-Gipfel Mitte Oktober keine Scheidungsvereinbarung getroffen werden. Anleger sollten auf jegliche Bemühungen der Regierung achten, das neue Gesetz zu umgehen und keinen erneuten Aufschub zu beantragen, warnte Markets.com-Experte Wilson.

Französischer Versorger EDF unter Druck


Unter den europäischen Aktienwerten rückte EDF ins Rampenlicht. Der französische Versorger untersucht nach eigenen Angaben mögliche Unregelmäßigkeiten bei AKW-Komponenten des Zulieferers Framatome. EDF-Aktien fielen daraufhin um bis zu 8,8 Prozent. "Der Markt weiß nicht, was er davon halten soll", sagte ein Börsianer. "Die Leute befürchten das Schlimmste, bis sie nähere Informationen erhalten." Frankreich ist nach den USA der weltweit zweitgrößte Betreiber von Kernkraftwerken.

Für Gesprächsstoff sorgte außerdem die Commerzbank. Laut "Handelsblatt" durchsuchte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Beteiligung an sogenannten "Cum-Ex"-Geschäften Frankfurter Räume des Geldhauses. Die Commerzbank wollte sich zu laufenden Ermittlungen nicht äußern. Ihre Aktien belastete die Nachricht aber nur kurz. Am Mittag notierten sie wie zuvor 2,4 Prozent im Plus bei 5,82 Euro.

rtr