Die um 7.33 Uhr ausgesendete Pressemitteilung Anfang der Woche inspirierte Investoren zum Kauf. Am Montag sprangen Anteilscheine von Delivery Hero um elf Prozent nach oben. Doch schon am Mittwoch erfolgte der Rücksetzer. Innerhalb einer Woche verzeichnet der Wert insgesamt jedoch ein kräftiges Kursplus.

Erklären lässt sich der Kurssprung mit der vorausgegangenen massiven Enttäuschung. Mitte Februar verlor die Aktie nach schwachem Ausblick an einem Tag rund 30 Prozent. Trotz der jüngsten Erholung weist der Titel auf Jahressicht noch ein Minus von etwa 60 Prozent auf.

Das Management hatte zwar im vergangenen Jahr die Umsätze gesteigert, aber auch den operativen Verlust auf 780 Milliarden Euro ausgeweitet. Kritisch ist auch die niedrige Eigenkapitalquote von 20 Prozent. Hinzu kommt, dass das Geschäftsmodell der Berliner niedrige Eintrittsbarrieren aufweist, wie die vielen Gründungen in der Branche beweisen.

Trotz alldem will Niklas Östberg liefern. Der CEO und Co-Gründer des Unternehmens stellt den Turnaround für das kommende Jahr in Aussicht. Erstmals seit Gründung im Jahr 2011 soll das bereinigte operative Ergebnis 2023 auf Konzernebene positiv ausfallen. Im laufenden Jahr rechnet das Management jedoch erneut mit einem operativen Verlust in Höhe von 525 Millionen Euro.

Schlechtes Rating

Ein weiterer Grund für den jüngsten Kursanstieg: Östberg gelang es, ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zumindest zu entkräften. Die Ratingagentur S & P beurteilt Delivery Hero mit "B-", im Non-Investment-Grade-Bereich ist das die schlechteste Bewertung. Gläubiger gehen somit ein hohes Risiko ein.

Seinen Schrott-Status wird Delivery Hero zwar so schnell nicht verlieren. Dem Management gelang es aber, bei Banken Kreditlinien von 1,4 Milliarden Euro mit einer Laufzeit von 5,25 Jahren abzuschließen. Möglicherweise wird das Finanzierungspaket noch um einen Konsortialkredit von 375 Millionen Euro ergänzt.

Wohl keine Kapitalerhöhung

Delivery Hero kann so den mit der Ausgabe von Wandelanleihen einhergehenden finanziellen Verpflichtungen zum Fälligkeitstermin nachkommen. Die Wandelanleihe hatte auch Warnungen vor einer weiteren Kapitalerhöhung nach der Maßnahme im November angefacht. Das scheint nunmehr hinfällig.

Dennoch könnte es bei einer Zwischenerholung bleiben. Die sich wegen des Ukraine-Kriegs abschwächende Konjunktur sowie eine voraussichtlich nachlassende Konsumbereitschaft wegen der hohen Inflation dürften das Geschäft belasten.

Das seit Sommer 2020 im DAX notierte Unternehmen liefert in 50 Ländern Restaurantessen, Lebensmittel und Supermarktartikel an Haushalte. Durch Zukäufe wie das spanische Unternehmen Glovo will sich Delivery Hero weitere Märkte in Europa erschließen.

Positiv immerhin, dass die Firma die Einnahmen auch strukturell steigern will, etwa durch höhere Mindestbestellmengen und höhere Zusatzgebühren bei weit entfernten Lieferadressen. Gelingt dies jedoch nicht, wird das Unternehmen Anlegern in puncto Gewinn wohl noch länger nur Magerkost liefern können.

Perspektive: Der DAX-Konzern sichert sich Kredite und will 2023 die operative Gewinnschwelle knacken. Die Risiken sind hoch.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 52,00 Euro
Stoppkurs: 36,00 Euro