Die Preise für Eigentumswohnungen steigen in vielen deutschen Städten trotz Pandemie einfach weiter. Worauf Kapitalanleger beim Kauf achten sollten. Von Bernhard Bomke

Es wird immer unheimlicher. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in den angesagten Städten und Regionen Deutschlands legten auch im Corona-Krisenjahr 2020 weiter zu, als wäre nichts gewesen. Während viele Selbstständige um ihre Existenz fürchten und die Zahl der Kurzarbeiter auf neue Rekordhöhen kletter- te, stiegen die Preise für Neubauwohnungen nach Zahlen des Berliner Analysehauses Empirica deutschlandweit im Schnitt um 9,2 Prozent.

Das ebenfalls in der Hauptstadt an- sässige Beratungsunternehmen Bulwiengesa kommt in 125 deutschen Städten auf Preissteigerungen bei Neubauten von durchschnittlich 5,8 Prozent. Und auf dem Online-Marktplatz Immowelt stiegen die verlangten Kaufpreise für Wohnungen jeglichen Alters im vergangenen Jahr in 75 der 81 deutschen Großstädte weiter an.

Das ist noch nicht alles: Jürgen Michael Schick, Präsident des Maklerverbands IVD, sagt für 2021 sogar noch stärker steigende Wohnungspreise voraus als 2020. Sein zentrales Argument: In vielen Städten bestehe unverändert viel mehr Nachfrage als Angebot. Sind Wohnimmobilien für Anleger also der Fels in der Brandung, während viele andere Anlageformen immer risikoreicher werden?

Vieles spricht dafür, denn Schick ist mit seiner Markteinschätzung nicht allein. Das Hamburger Analysehaus F + B spricht zwar davon, dass die Zeit zweistelliger Preissteigerungsraten binnen eines Jahres vorbei sei. Doch mit weiterhin merklich anziehenden Preisen in vielen Städten rechnet auch F + B-Chef Bernd Leutner, nur eben auf etwas niedrigerem Niveau als 2020.

Preise steigen noch zehn Jahre

Bemerkenswert ist die Positionierung von Empirica. Zu Beginn der Pandemie hatten die Berliner Preiseinbrüche von bis zu 25 Prozent vorausgesagt. Im Herbstgutachten des sogenannten Rats der Immobilienweisen folgte dann die Kehrtwende. In dem vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) herausgegebenen Gutachten kam Mitautor Harald Simons zu dem Schluss, die prognostizierten Preiseinbrüche fielen aus. Gegenüber BÖRSE ONLINE erklärte der Empirica-Vorstand, zwar halte er die Preise in Berlin, Frankfurt am Main und München für überzogen, aber er stellte fest, "dass es in den Städten einfach so weitergeht wie vor Corona".

Als Erklärung nennt er die unverändert sehr niedrigen Zinsen, die Wohninvestments weiter begünstigten und die Preise hoch hielten, weil Anleger kaum mehr lohnende Alternativen zum Betongold fänden. Simons sieht die Zinsen auch die nächsten zehn Jahre noch im Keller verharren. Das spreche für weiter steigende Wohnungspreise. Gut für Anleger, die auf Wertsteigerungen spekulieren.

Besser mittlere Lagen als teure

Makler Schick hat eine Reihe von Tipps für potenzielle Käufer: "Viele Anleger kaufen in den Städten, in denen sie sich auskennen. Das ist auch gut so", sagt er. Heißt im Umkehrschluss: Sich von einem fremden Standort ein Bild zu machen, um darauf eine Investitionsentscheidung aufzubauen, ist ungleich aufwendiger. Tut man es doch und interessiert sich zum Beispiel für eine Eigentumswohnung in Ostdeutschland, rät Schick unter anderem zu Halle an der Saale oder zu Magdeburg. Leipzig und Dresden seien auch okay, allerdings schon etwas teurer.

Zudem rät der Berliner Experte, sich den Stadtbezirk Reinickendorf in der Bundeshauptstadt genauer anzusehen. Sein Argument: Nach der Schließung des Flughafens Tegel werde Reinickendorf künftig von lästigem Fluglärm verschont bleiben. Das werde Aufwertungen zur Folge haben. Für Anleger sind das erfreuliche Aussichten.

Der 50-Jährige hält auch viel vom südhessischen Offenbach. "Die Stadt wird voraussichtlich mehr Wertzuwächse liefern als Frankfurt, weil es bei den Kaufpreisen noch einen größeren Nachholeffekt gibt", sagt Schick. Und noch ein Hinweis: "Als Kapitalanleger würde ich nicht in die teuren Premiumlagen der Städte gehen, sondern an einfache und mittlere Standorte." Dort sei der Bedarf von Mietern am größten und die Gefahr von Preisübertreibungen am geringsten.

Der Wiesbadener Wohnungsmakler Sascha Rückert argumentiert ähnlich. "Anleger sollten nicht in die absolu- ten Toplagen gehen. Das ist nur gut fürs Ego, aber nicht fürs Portemon- naie." Mit anderen Worten: Dort sei das Verhältnis von Kaufpreis zu Miethöhe schlechter als "in guten, vernünftigen Lagen".